Vermietungsmarkt Logistik

Kein Ende des Wachstums in Sicht

Online-Händler wie Amazon beleben das Geschäft. Foto: Amazon

Das Vermietungsgeschäft im hiesigen Logistikimmobilienmarkt hat noch lange nicht an Schwung verloren. Bereits nach neun Monaten wurde beim Flächenumsatz schon knapp die magische Schwelle von 6 Mio. qm erreicht, ein Wert, der ansonsten erst nach einem Jahr erreicht wird. Das Vorjahresergebnis wurde damit um 19% übertroffen. Und der Trend dürfte sich im vierten Quartal fortsetzen.

Neben der sich weiter erholenden deutschen Wirtschaft gibt es nach Feststellung von Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH (BNPPRE), vor allem zwei Gründe für diese positive Entwicklung. Zum einen treibt der anhaltende Boom im eCommerce die Flächennachfrage weiter an, wobei mit Blick auf die kleinteilige Belieferung der Privathaushalte neue Logistik-Strukturen – wie beispielsweise City-Logistik-Hubs – aufgebaut werden müssen. Das eröffnet neue Chancen aber auch Herausforderungen.

Zum andern strukturieren laut Raabe vor dem Hintergrund der gravierenden Lieferengpässe bei Vorprodukten insbesondere aus dem asiatischen Raum immer mehr Industrieunternehmen ihre Lieferketten um. Viele Unternehmen würden Lager- und Produktionskapazitäten ins Inland verlegen, um so die Abhängigkeiten von den globalen Lieferketten zu vermindern und krisenfester zu werden. Dieser strukturelle Wandel dürfte noch viel in Bewegung bringen.

Mit Blick auf die Corona-bedingten Veränderungen beim Einkaufsverhalten der Konsumenten konstatiert Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics Germany bei Colliers International, dass dadurch derMarkteintritt für neue Internet-Anbieter in den hiesigen Markt geebnet wurde. Dass dadurch die Flächennachfrage weiter gestiegen ist, liegt auf der Hand. „Wir stellen zudem fest, dass viele der Unternehmen auf kleinere Logistikflächen ausweichen“, weiß der Experte. Das habe in den ersten drei Quartalen zu einer Rekordzahl bei den Abschlüssen geführt. Diesen Trend kann auch Colliers International bestätigen. Grund dafür sei der Grundstücks- und Flächenmangel in den TOP 8-Logistikregionen, die der Immobiliendienstleister in seinem Marktbericht schwerpunktmäßig analysiert. Hier lag der Flächenumsatz in den ersten neun Monaten 2021 bei 2,7 Mrd. Euro.

Der höchste Flächenumsatz entfiel mit einem Rekordergebnis von 2,4 Mio. Euro auf Logistikdienstleister, wie BNPPRE berichtet.Damit wurde das gute Jahr 2020 um 43% übertroffen und der Zehnjahresschnitt um 45%. Wie mit Blick auf den boomenden Online-Handel und die gute Entwicklung beim Lebensmittelhandel schon zu erwarten war, ist auch im Bereich Handelsunternehmen die Flächennachfrage gestiegen und lag mit 1,97 Mio. qm um 7,5% über dem Vorjahreswert und um 38% über dem Zehnjahresdurchschnitt.

Ähnlich hoch fiel die Wachstumsrate mit +7% auf 1,3 Mio. qm bei den Industrie- und Produktionsunternehmen aus. „Hier fallen die Neustrukturierung von Lieferketten wie auch die generelle Erholung der deutschen Wirtschaft besonders ins Gewicht“, schreiben die Experten von BNPPRE in ihrem Marktbericht.

Neustrukturierung von Lieferketten zeigt Wirkung

Mit Blick auf die hohe Flächennachfrage – auch nach Neubauflächen – in Verbindung mit dem mangelnden Angebot haben sich die Spitzenmieten in den wichtigsten Logistikregionen im Sommerquartal (Juli bis September) laut BNPPRE entweder auf hohem Niveau stabil gehalten oder sind weiter gestiegen. In konkreten Zahlen präsentiert sich folgendes Bild: Im Ruhrgebiet sind die Spitzenmieten gegenüber dem zweiten Quartal um 6% auf durchschnittlich 5,20 Euro je qm gestiegen, in München um 4% auf 7,50 Euro, in Düsseldorf um 3% auf 6,30 Euro, in Hamburg um 2% auf 6,50 Euro und in Frankfurt um 1% auf 7,10 Euro.

Unverändert blieb dagegen das Niveau der Spitzenmieten in Berlin mit 7,20 Euro, in Stuttgart mit 7,00 Euro und in Köln bei 5,80 Euro. €/m². Die Durchschnittsmieten sind in den acht großen Ballungsräumen – mit Ausnahme von Hamburg und Stuttgart – im dritten Quartal dagegen durchweg gestiegen.

Da sich nach den Worten von Nicolas Roy die Wettbewerbssituation weiter zuspitzt, werden auch die Mieten – Spitzen- wie auch Durchschnittsmieten – weiter steigen: „An Standorten mit hoher Neubauaktivität, wie beispielsweise Leipzig, verläuft der Trend noch relativ langsam, während in Logistikregionen, die stark von Grundstücks- und Flächenmangel betroffen sind, die Mietpreissteigerung weiter beschleunigt wird“, ist der Experte überzeugt. Auch aus Sicht von Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory bei BNPPRE, zeichnet sich derzeit nicht ab, dass Flächenangebot und Flächennachfrage kurzfristig ins Gleichgewicht kommen werden, sodass mit weiter steigenden Mieten zu rechnen ist.

Das Wachstum des Flächenumsatzes verteilt sich auf die wichtigsten Ballungsräume – allerdings unterschiedlich stark, wie BNPPRE berichtet. Dabei reicht die Bandbreite von knapp 8% in Stuttgart bis zu rund 171% in Köln. In absoluten Zahlen verzeichnet Frankfurt mit einem Flächenumsatz von 625 000 qm (+88%) einen neuen Rekord. Hamburg folgt mit 431 000 qm (+27%) und Berlin mit 387 000 qm (+32%). In Leipzig liegt das Ergebnis mit 351 000 qm um fast 52% über dem Vorjahresniveau.

Mit 276 000 qm und 171% erreichte auch Köln eine neue Bestmarke. München folgt mit 258 000 qm und einem Plus von 55%. Düsseldorf erzielte mit einem Flächenumsatz von 158 000 qm ein Plus von gut 68% und Stuttgart mit 109 000 qm von 8%. Auch die zwölf von BNPPRE untersuchten Logistik-Hubs außerhalb der Ballungsräume verzeichneten ein Plus von gut 20%. Den Ausreißer nach unten gibt das Ruhrgebiet, das mit 378 000 qm den Vorjahreswert dennoch um 19% verfehlt.

Beim Blick auf das Schlussquartal sind die Experten optimistisch. So ist Nicolas Roy überzeugt, dass bis zum Jahresende das Vorjahresergebnis übertroffen wird. Denn laut Hafner wird die Kombination aus wirtschaftlicher Erholung, anhaltendem eCommerce-Boom und Neustrukturierung von Lieferketten die Nachfrage nach Logistikflächen hochhalten. Einen Engpass bildet lediglich das begrenzte Angebot.