Global Commercial Property Monitor

Investoren optimistisch, Mieter vorsichtig

Der Anlagedruck ist erheblich. Foto: EZB

rv DÜSSELDORF. Die Aufhebung der meisten Beschränkungen zur Pandemie-Bekämpfung haben Bewegung in die Immobilienmärkte gebracht. Die Stimmungslage in der Branche – gemessen im Commercial Property Sentiment Index (CPSI) – hat sich auch im dritten Quartal 2021 weiter verbessert. In Europa und Deutschland erreichte der Index mit jeweils +1 – nach Werten von -6 beziehungsweise -4 im zweiten Quartal – erstmals wieder den positiven Bereich.

Getragen wird diese Belebung der Immobilienmärkte vor allem von der guten Stimmung unter den Investoren, gemessen im Investment Sentiment Index (ISI), der sich auf europäischer Ebene von 0% auf +5% verbessert hat (siehe Grafik). In Deutschland wies der Index mit +8% bereits im zweiten Quartal einen positiven Wert auf, verbesserte sich nunmehr aber nur leicht auf +9.

Da zum Ende des Jahres viel Geld auf dem Markt ist, wie Susanne Eickermann-Riepe (FRICS), Vorsitzende des RICS European World Regional Boardund Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland, bei Vorstellung des jüngsten RICS Global Commercial Property Monitor für das dritte Quartal, darlegte, ist der Anlagedruck im Immobilienmarkt entsprechend hoch. Hier entfaltet zweifellos auch die fortdauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Wirkung. So bekunden Stimmen aus Deutschland laut RICS, dass die Märkte weiterhin von der Geldpolitik getrieben werden. Die steigende Nachfrage der Investoren unterstützt laut Studie im dritten Quartal bei den europäischen Akteuren auch die Annahme, dass sich der Immobilienmarkt in der Aufschwung-Phase befindet. Nur 21% sind der Meinung, dass der Markt in der Abschwung-Phase ist.

Und der Blick auf Deutschland? Hierzulande sind nur noch 22% der Befragten der Meinung, dass sich der Zyklus in der Aufschwung-Phase befindet, rund 50% sehen dagegen schon den Peak erreicht. In dieses Bild passt auch die Feststellung, dass Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort immer noch als teuer (45%) und sehr teuer (32%) bewertet wird. Der Blick auf die Spitzenrenditen in den verschiedenen Immobilien-Klassen bestätigt diesen Eindruck. Besser als Deutschland werden die Märkte in den Niederlanden, Österreich und Griechenland eingeschätzt.

Doch wie schon im Sommer hält die Stimmung unter den Nutzern (Mietern) der Immobilien mit dem wachsenden Optimismus unter den Investoren nicht ganz Schritt. So ist der Occupier Sentiment Index (OSI), der die Stimmung der Mieter misst, europaweit zwar auch gestiegen, und zwar deutlich von -13 auf einen Wert von -3, doch bleibt er damit im negativen Bereich. Noch deutlicher ist der Unterschied in Deutschland. Hier macht der Index zwar einen Sprung von -17 auf -8, verharrt aber doch sehr deutlich in der Minus-Zone. Laut RICS-Studie haben sich damit die Bedingungen auf dem Nutzermarkt aber zumindest stabilisiert.

Industrie- und Logistik-Sektor weiter stabil

Um die Lage auf den Immobilienmärkten jedoch genau beurteilen zu können, ist der Blick auf die einzelnen Anlage-Klassen erforderlich – zumal sie sich meist in unterschiedlichen Zyklen befinden. Es gebe erste Anzeichen für eine Erholung auf dem Bürosektor, heißt es in der Studie über den europäischen Markt. Als robust wird vor allem die Nachfrage nach industriellen Immobilien bezeichnet. Und auch in Deutschland hält „der Rückenwind im Industrie- und Logistik-Sektor weiterhin an“.

Vor diesem Hintergrund wird für 2022 in Europa ein leichter Anstieg bei den Spitzenbüromieten erwartet, in Deutschland gilt das aber nur für Top-Büroflächen, nicht für Büroimmobilien im Allgemeinen. Dafür sei derzeit praktisch kein Markt vorhanden, heißt es. Positiver sind die Prognosen auf dem europäischen Markt für Top-Industrieflächen, Datenzentren, Mehrfamilienhäuser, Altenpflegeeinrichtungen und Studentenwohnungen.

Dagegen gehen die mehr als 3 000 Experten, die weltweit im Rahmen der Befragung regelmäßig ihre Einschätzungen abgeben, davon aus, dass die Mieten für Hotels und Einzelhandelsflächen sowie für Büros außerhalb der Top-Lagen im Laufe des nächsten Jahres sinken werden. Hier hinterließen die Zwangsschließungen deutliche Spuren. Das gilt gleichermaßen für den deutschen Markt.

Im Segment Einzelhandelsimmobilien gilt es jedoch zu differenzieren. Denn die Vertriebsschienen des Lebensmittelhandels, wozu auch Drogeriemärkte zählen, waren von den Zwangsschließungen ausgenommen und haben von der Pandemie profitiert. Hier dürften die Mieten stabil bleiben. Der Druck auf die Mieten besteht in erster Linie bei den Objekten, die an den Nonfood-Handel wie etwa Modehändler vermietet waren, denen monatelange Schließungen hohe Umsatzverluste beschert haben.

Steigende Kosten und Knappheit hemmen Baumarkt

Einen Blick hat der Verband mit dem Bautätigkeits-Index auch wieder auf den Baumarkt geworfen, der unter steigenden Materialkosten und der Knappheit bei Material und Arbeitskräften leidet. Zwar ist der Bautätigkeits-Index noch deutlich im positiven Bereich, wie es heißt, doch hat er sich im dritten Quartal leicht abgeschwächt. In Deutschland nennen 88% der Befragten die steigenden Materialkosten und 66% die Materialknappheit derzeit als größtes Hemmnis.

Ein weiteres wichtiges Thema der Zeit greift der RICS im Sustainability Report auf und befragte die Experten nach ihrer Meinung, „ob sich der Fokus der Investoren in den letzten zwei Jahren im Bereich Energieeffizienz und Kohlenstoffneutralität geändert hat“. Dabei ergab die Umfrage, dass weltweit inzwischen etwa 35% der Teilnehmer glauben, dass solche Investitionen an Attraktivität gewinnen.

Dabei engagiert sich Europa nach den RICS-Sentiment-Analysen besonders, wenn es um die Einbeziehung von Klimarisiken in den Entscheidungsprozess geht. Die europäischen Investoren würden Druck machen und wollten „grüne Produkte“ haben. Womöglich sehen sie darin angesichts der hohen Preise eine Chance, den Wert der Objekte zu sichern. Die Europäer und vor allem die Deutschen haben demnach erkannt, dass die Regulierungen zum „Green Deal“ der EU-Kommission für die Branche und die Produkte des Finanzmarkts große Umwälzungen mit sich bringen.