Aus Sicht von Experten gibt es Anzeichen dafür, dass sich der deutsche Vermietungsmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien nach den Krisenjahren allmählich wieder erholt und der Trend auch 2025 anhält. Gleichzeitig ist die Dynamik bei den Spitzenmieten zu Jahresbeginn zum Erliegen gekommen. Und der Leerstand könnte Mitte 2025 seinen Höhepunkt erreichen.
„Bereits Ende 2024 haben wir gesehen, dass Gesuche wieder konkreter werden, und auch in den vergangenen Monaten haben wir eine leichte Zunahme der Flächenanfragen registriert“, berichtet Steffen Sauer, Head of Industrial & Logistics Letting beim Immobilienberater Colliers: „Besonders in engen Märkten sehen wir, dass hochwertige Logistikflächen weiterhin schnell vermietet werden.“ Als Beispiel nennt er die Flächen zur Untervermietung, die 2024 in Köln auf den Markt gekommen waren und Flächen, die in Düsseldorf als Folge von Insolvenzen in der Textilindustrie frei geworden waren, die zum größten Teil bereits wieder vermietet sind.
Auch Rainer Koepke, Head of Industrial & Logistics bei CBRE in Deutschland, findet, dass der Industrie- und Logistikimmobilienmarkt zum Jahresauftakt eine stabile Entwicklung zeigt und sich auf dem Niveau des guten ersten Vorjahresquartals bewegt. Allerdings ist aus seiner Sicht gegenwärtig auch die regionale Betrachtung sehr wichtig. Denn der Blick auf die Logistikregionen Leipzig und Berlin zeigt – im Kontrast zu den Regionen Düsseldorf, Frankfurt/Rhein-Main, Hamburg und München – dass hier die Flächenverfügbarkeiten unvermindert hoch sind.
So stieg der Leerstand in Berlin auf 8,9% und in Leipzig auf 8,3%. „Wo es weiterhin eine dynamische Nachfrage gibt und die Möglichkeit für neue Projektentwicklungen begrenzt ist, sind auch die Leerstände weiterhin äußerst gering“, stellt Philip Naumann, Senior Analyst Nationwide Industrial & Logistics Research bei CBRE, mit Blick auf die positive Entwicklung in Süddeutschland und Hamburg fest.
Demnach ist innerhalb der vergangenen zwölf Monate der Big-Box-Leerstand um 1,8 Prozentpunkte auf 4,5% gestiegen, da für spekulative Entwicklungen nicht in allen Regionen Mieter gefunden werden konnten. Das große Angebot an Industrie- und Logistikimmobilien in Leipzig/Halle hat laut Sarina Schekahn, Head of Industrial & Logistics Agency bei JLL Germany, auch die Preise um 3% von 6,20 auf 6,00 Euro sinken lassen.
„Während des Logistikbooms wurden dort zahlreiche spekulative wie auch Build-to-suit-Projektentwicklungen angestoßen, die nun fertiggestellt wurden und auf eine geringere Nachfrage treffen sowie in direkter Konkurrenz zu den günstigeren Bestandsflächen und Untervermietungsangeboten stehen“, erklärt die Expertin. Nach Bremen im zweiten Quartal 2024 sei Halle/Leipzig der zweite Markt, in dem sich das Mietniveau ins Negative gedreht hätte.
Zahlreiche Aktivitäten im Ruhrgebiet
Insgesamt ermittelte der Immobilienberater CBRE im ersten Quartal 2025 im Vermietungsmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien einen Flächenumsatz von 1,26 Mio. qm, wobei außerhalb der Top-5-Märkte nur Abschlüsse ab 5 000 qm erfasst werden. Gegenüber dem ersten Quartal 2024 bedeutete dies einen Rückgang von 6%. Colliers ermittelte einen Flächenumsatz von etwa 1,3 Mio. qm und ein Plus von 3%.
Dabei entfiel auf die Top-8-Industrie- und Logistikimmobilienmärkte in den ersten drei Monaten 2025 laut Colliers ein Flächenumsatz von rund 562 000 qm (+10%) oder 45% des gesamten deutschen Vermietungsvolumens. Aktivster Markt war Laut Koepke zu Jahresbeginn das Ruhrgebiet mit 145 000 qm und einem Plus von 115% gegenüber dem ersten Quartal 2024: „Im Ruhrgebiet trifft eine stabile Nachfrage auf ein Flächenangebot, das nicht so eingeschränkt ist wie in einigen der Top-Märkte“, weiß der Experte.
Nicht einig sind sich die Experten bei ihrer Einschätzung, auf welche Branchen das größte Flächenvolumen entfallen ist. CBRE sieht hier den Bereich Transport- und Logistikunternehmen mit einem Anteil am Flächenumsatz von 38% vorne, gefolgt von Produktionsunternehmen mit 27% und ganz knapp vor Handelsunternehmen (inklusive Online-Händler) mit 26%.
Bei Colliers stehen Handelsunternehmen mit 30% dagegen an der Spitze, gefolgt von Logistikdienstleistern mit 27% und dem produzierenden Gewerbe mit 23%. Der Anteil von Neubauten am Flächenumsatz ging laut CBRE um zwölf Prozentpunkte auf 50% zurück, bleibt damit aber immer noch hoch. Der Anteil der Eigennutzer ging gegenüber dem Vorjahresquartal um fünf Prozentpunkte zurück. Die größten Aktivitäten wurden in der Größenordnung von 10 000 qm bis 20 000 qm mit einem Plus von 45% auf 247 000 qm gemessen. Laut Koepke ist das auch die Größenordnung, auf die sich derzeit viele Projektentwickler fokussieren. Die vier größten Abschlüsse überschritten laut CBRE immerhin knapp die 50 000-Quadratmeter-Marke, während Abschlüsse über mehr als 100 000 qm nicht dabei waren.
In diesem Umfeld registrierte der Immobilienberater JLL, dass die Dynamik der Spitzenmieten auf dem deutschen Markt zu Jahresbeginn zum Erliegen gekommen ist: „Im ersten Quartal 2025 stagnierten auf 18 von 19 betrachteten Märkten die Mieten für Flächen von mehr als 5 000 qm im Vergleich zum Vorquartal“, heißt es im Marktbericht.
Dass sich der Vermietermarkt hierzulande inzwischen zu einem Mietermarkt gewandelt hat, ruft auch Steffen Sauer in Erinnerung. Daran werde sich auch in der nächsten Zeit nichts ändern. Doch da die Anzahl der Immobilien, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen, begrenzt ist und die Nominalmieten unvermindert hoch sind, sorgen nach seiner Beobachtung Incentives dafür, dass die Effektivmieten niedriger ausfallen. So sei bei langfristigen Mietverträgen ein mietfreier Monat pro Vertragsjahr an den meisten Standorten keine Seltenheit mehr.
Der Vermietermarkt ist zum Mietermarkt geworden
Beim Blick aufs Gesamtjahr konstatiert Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, dass der Jahresverlauf am Industrie- und Logistikimmobilienmarkt von der konjunkturellen Entwicklung abhängig bleibt und auch nicht losgelöst von geopolitischen Trends betrachtet werden kann. Laut Rainer Koepke müssen sich Verschiebungen im internationalen Handel aber nicht zwingend negativ auswirken. Denn asiatische Handelsunternehmen bzw. deren Logistikunternehmen würden großes Interesse an Lagerflächen in deutschen Häfen und im Ruhrgebiet zeigen.
Auch Steffen Sauer erwartet, dass im Zuge der neuen Zollpolitik der USA neue Handelsbeziehungen entstehen und dass dies zu einer Veränderung der globalen Lieferketten führen werde. Und wie Sarina Scheckahn beobachtet, weiten asiatisch geprägte Mobile-Shopping-Anbieter ihre Aktivitäten stark aus. Auf Grund der Lieferketten richten sie ihren Fokus vor allem auf Nordrhein-Westfalen, sodass 2024 bundesweit etwa 32% der Flächenumsätze von internationalen Mietern in der Größenordnung von über 10 000 qm auf chinesische Unternehmen entfielen – 90% davon in NRW.