Galeria Karstadt Kaufhof

Insolvenzverfahren soll im September enden

In Dortmund wird der Kaufhof geschlossen. Foto: Karstadt Kaufhof

Am Ende hatten die Gläubiger des neuformierten Warenhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof viel zu verlieren und nur wenig zu gewinnen. Über einen Forderungsverzicht in Höhe von 2,2 Mrd. Euro wird berichtet und über eine Quote für die Gläubiger von mageren 4,55%, also etwas mehr als der Totalverlust, der im Falle der Liquidation gedroht hätte. Dennoch blieb ihnen im Grunde keine Alternative als mehrheitlich dem Insolvenzplan zuzustimmen.

Den Mitarbeitern, die im Zuge der Schließung von etwa 47 der 172 Karstadt- und Kaufhof-Häusern ihre Jobs verlieren, hilft das wenig. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die auch am Tag der Gläubigerversammlung am 2. September vor der Essener Messe-Halle igegen die geplanten Filialschließungen und Stellenstreichungen demonstrierte, dürften über 5 000 der zuletzt etwas mehr als 22 000 Stellen von Galeria Karstadt Kaufhof damit wegfallen. Insolvenzverwalter Frank Kebekus (Foto) von Kebekus & Zimmermann Rechtsanwälte spricht nach Zeitungsberichten von etwas mehr als 4 000 Stellen.

Zu den vom Forderungsverzicht betroffenen Gläubigern gehören die Bundesagentur für Arbeit, die im Frühjahr den Karstadt-Kaufhof-Mitarbeitern Kurzarbeitergeld gezahlt hatte, der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) und der Warenkreditversicherer Zurich sowie der Zahlungsregulierer Euro Delkredere, die die Forderungen der Lieferanten des Warenhaus-Betreibers bündeln. Hinzu kommen die zahlreichen Eigentümer der Karstadt- und Kaufhof-Immobilien, die nicht der österreichischen Signa Gruppe, der Eigentümerin von Galeria Karstadt Kaufhof, gehören.

Der Signa-Eigentümer René Benko hatte sich im Jahr 2013 an der Karstadt Warenhaus GmbH beteiligt und die Mehrheit 2015 vom früheren Eigentümer Nicolas Berggrün übernommen, der das Unternehmen nach dem Ende der ersten Insolvenz von Karstadt 2009/2010 erworben hatte. Im Jahr 2018 beteiligte sich Benko auch an der Galeria Kaufhof GmbH, die vom kanadischen Warenhausbetreiber Hudson’s Bay Company geführt wurde.

Nach dem Abschied der Nordamerikaner aus dem deutschen Markt übernahm Benko den Kaufhof komplett, um das Unternehmen unter dem Namen Galeria Karstadt Kaufhof mit dem Wettbewerber Karstadt zu fusionieren. Nach der Fusion teilte der damalige CEO Stephan Fanderl mit, dass auch an Doppelstandorten keine Filialen geschlossen werden sollten.

Diese Strategie änderte sich schlagartig mit dem Shutdown im Frühjahr und der Entscheidung der Geschäftsführung ein Schutzschirmverfahren zu beantragen, auch, um die Gehälter der Mitarbeiter zu sichern. Im Rahmen der Sanierungsstrategie wurden Filialschließungen erstmals zum Thema. Der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der das Unternehmen an der Seite der Geschäftsführung leitet, legte zunächst eine Liste mit 80 Filialschließungen vor. Durch Mietreduktionen konnte diese Zahl bekanntlich auf 62 und dann auf 47 reduziert werden

Shutdown belastete die Neupositionierung

Die niedrige Quote im Rahmen des Rettungspakets für die Gläubiger und der hohe Forderungsverzicht zeigen aber auch, wie sehr der Shutdown im März und April dem neu formierten Warenhaus-Unternehmen gerade in der Phase der Neuorientierung zugesetzt hat. Die Geschäftsführung bezifferte den Umsatzausfall mit 80 Mio. Euro pro Woche und aufgelaufen eine halbe Milliarde bis Ende April. Die nur schleppende Lockerung des Shutdowns gerade für die großen Handelsunternehmen mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche, die sich für Karstadt Kaufhof bis zum 11. Mai hinzog, hat die Umsatzausfälle nur unnötig vergrößert - und damit Arbeitsplätze gefährdet.

Nach aktuellen Schätzungen der Karstadt-Kaufhof-Geschäftsführung dürfte sich der Umsatzrückgang bis zum Jahresende auf 1 Mrd. Euro summieren. Neben dem insgesamt im Zuge der Covid-19-Pandemie beobachteten Frequenzrückgang in Deutschlands Einkaufsstraßen trägt zu diesem Umsatzausfall allerdings auch die geplante Schließung der Karstadt- und Kaufhof-Filialen Ende Oktober bei.

Die viel diskutierte Frage, ob der Karstadt-Kaufhof-Eigentümer Benko die aktuelle Corona-Krise nur vorgeschoben hat, um im Rahmen des Insolvenzverfahrens Filialen – vor allem an Doppelstandorten - leichter schließen zu können, ist schwer zu beantworten. Die Diskussion ist zudem müßig. Denn klar ist, dass eine Zwangsschließung für etwa sieben Wochen und während des wichtigen, umsatzstarken Ostergeschäfts ein Unternehmen, das sich in einer schwierigen Umstrukturierungsphase befindet, zwangsläufig in Schieflage bringt. Das hätten die Politiker bedenken müssen, als sie gerade die Großbetriebe des Einzelhandels von den Lockerungsmaßnahmen ab Mitte April zunächst ausschlossen.

In diesem Krisen-Szenario ist Galeria Karstadt Kaufhof derzeit nur das aktuellste und spektakulärste Beispiel dafür, welche Folgen der langgezogene Shutdown für die innerstätischen Einkaufsstraßen hat. Vielen weiteren Unternehmen aus dem Bekleidungseinzelhandel geht es ähnlich. Denn außer Karstadt Kaufhof befinden sich noch zahlreiche Mode-Unternehmen in Schutzschirm- oder Insolvenzverfahren. Deshalb wird sich das ganze Ausmaß der Schwierigkeiten in der Mode-Branche in den Herbstmonaten und im nächsten Jahr zeigen. Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag das Umsatzminus im Handel mit Bekleidung, Schuhen, Accessoires und Lederwaren Ende Juli bei knapp -28%. Bei den Waren- und Kaufhäusern lag das Umsatzminus bei 14,5%.

Gewerkschaft kämpft weiter um Arbeitsplätze

Galeria Karstadt Kaufhof soll nach der Zustimmung der Gläubiger zum Rettungsplan das Insolvenzverfahren noch im September abschließen, wie CEO Miguel Müllenbach (Foto: Karstadt Kaufhof) in einem Mitarbeiterbrief mitteilte. Damit kann das Unternehmen zumindest mit den Filialen, die nicht geschlossen werden, aller Voraussicht nach schon im Oktober wieder ohne die Einschränkungen, die das Insolvenzrecht mit sich bringt, arbeiten. Das wäre mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft auch wichtig.

Derweil ist das Kapitel mit der geplanten Streichung von Arbeitsplätzen für die Betriebsräte von Karstadt Kaufhof und Mitglieder der Verdi-Tarifkommission noch nicht abgeschlossen. „Das ist ein Plan, und Pläne können angepasst und verändert werden", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Es gelte dranzubleiben und weiter für die von Kürzungen bedrohten Filialen und die betroffenen Arbeitsplätze zu kämpfen. Aus ihrer Sicht müssen der Insolvenzverwalter, das Management und der Eigentümer, die österreichische Signa Gruppe, in die Verantwortung genommen werden. Und über die Zukunft der Filialen, die geschlossen werden, sollte aus ihrer Sicht mit den Kommunen gesprochen werden.

Dabei gilt allerdings zu bedenken, dass die viel diskutierte Umnutzung von leerstehenden Warenhäusern in Mischobjekte mit Büros, Wohnungen und Gastronomie mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist. Nach dem starken Einbruch der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr und der Ungewissheit, wie sich der Vermietungsmarkt für Retail Assets und auch bei Büros im nächsten Jahr entwickelt, ist fraglich, wie schnell sich hier Lösungen umsetzen lassen.

Klar ist, dass der – zum Teil künstlich die die Länge gezogene – Shutdown in Deutschlands Innenstädten deutliche Spuren hinterlassen wird. Und ob die Schäden repariert werden können, dürfte aus heutiger Sicht offen sein. Folgende Karstadt- und Kaufhof-Filialen stehen immer noch auf der Schließungsliste: Karstadt in Frankfurter Zeil, Kaufhof in der Mönckebergstraße in Hamburg, zwei Häuser in Göppingen, Kaufhof in Mannheim, Stuttgart-Bad Cannstatt, Ingolstadt, Karstadt in München Am Nordbad, am OEZ und der Kaufhof am Stachus, Karstadt in der Gropius-Passage und Kaufhof in Hohenschönhausen in Berlin, Kaufhof in Bremen, Karstadt in Bremerhaven und in Hamburg-Bergedorf sowie Wandsbek, Kaufhof im Frankfurter Hessen-Center, Kaufhof in Fulda, Karstadt im Main-Taunus Center, Kaufhof in Neubrandenburg, Braunschweig und Osnabrück und Karstadt in der Georgstraße in Hannover und in Bonn, Kaufhof in Brühl, Dortmund, Düsseldorf am Werhahn und in Essen, Karstadt in Gummersbach und Gütersloh und Iserlohn, Kaufhof in Hamm, Köln-Weiden, Neuss und Witten, Karstadt in Mönchengladbach-Rheydt. In Landau wird ein Kaufhof und in Mainz sowie Trier ein Karstadt geschlossen und in Worms beide Häuser. In Neunkirchen im Saarland wird ein Kaufhof geschlossen und Karstadt-Filialen in Dessau, Flensburg, Lübeck, Neumünster und Norderstedt.

Zwölf Filialen wurden von der Streichliste genommen, darunter u.a. die Karstadt-Warenhäuser in Dortmund, Nürnberg Lorenzkirche, Goslar und Potsdam und für die Kaufhof-Filialen in Chemnitz und Leverkusen gibt es nun wieder eine Zukunft. Die Schließung der Filialen in Berlin-Lichtenberg, in Bielefeld, im Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg, in Leonberg, in Nürnberg-Langwasser und in Singen ist offenbar ebenfalls vom Tisch.