NIQ Retail Spend Barometer

Inflation begünstigt die Discounter

Günstige Bedingungen für Discounter. Foto: Aldi Süd

HIR DÜSSELDORF. Auf den ersten Blick haben die Deutschen im vergangenen Jahr – gegenüber 2022 – 5,5% mehr für Produkte des täglichen Bedarfs (FMCG) und technische Gebrauchsgüter (Tech & Durables) wie technische Konsumgüter, Haushaltsgeräte und Heimwerkerbedarf ausgegeben. Insgesamt waren das 394,5 Mrd. Euro. Auf den zweiten Blick waren vor allem Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Drogerieprodukten verantwortlich für den Zuwachs, während die Bundesbürger bei technischen Gebrauchsgütern eher gespart haben.

Das ist eines der Ergebnisse des neuen NIQ Retail Spend Barometers, für das Nielsen IQ und GfK die Umsätze von über 350 000 Handelspartnern weltweit gemessen haben. Ziel des vorliegenden Barometers ist es, auf Basis echter Verkaufszahlen einen möglichst holistischen Einblick in deutschlandweite Marktpotenziale und Entwicklungen bei Gütern des täglichen Bedarfs und bei technischen Gebrauchsgütern zu vermitteln. Wie beide Unternehmen mitteilen, ist dieser Big-Data-Überblick bislang einzigartig. Er erfasst die realen Abverkaufszahlen und misst die Entwicklung der Einkaufstrends.

Wie sehr die hohe Inflation und höhere Beschaffungskosten das Kaufverhalten der Bundesbürger beeinflussen, zeigt die Tatsache, dass sie für Güter des täglichen Bedarfs 2023 insgesamt 8,9% mehr Geld ausgegeben haben als im Jahr zuvor – vor allem, weil sie dafür höhere Preise zahlen mussten. Dabei fiel die Steigerung der Ausgaben über alle Kategorien hinweg laut Retail Spend Barometer im ersten Halbjahr des Vorjahres höher aus als im zweiten Halbjahr, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Preise zuletzt mit geringeren Raten gestiegen sind. Im vierten Quartal wurde sogar ein kleines Absatzplus von 1,5% erreicht.

Dass in Zeiten hoher Teuerungsraten vor allem Discounter und Drogeriemärkte profitierten, wie die Marktforscher zeigen, liegt angesichts des Kaufkraftschwunds auf der Hand. Die klassischen Supermärkte, die vom langen Aufschwung der Vor-Corona-Zeit profitierten, erlebten laut Barometer dagegen kein Umsatzplus.

Folge der deutlich gestiegenen Verkaufspreise ist auch, dass die Einzelhändler vermehrt auf Sonderangebote setzen. So ist der Anteil an Promotions laut NIQ und GfK vor allem im Bereich Lebensmittel gestiegen, wodurch die Händler einen „Pull-Effekt“ erzielen und die Frequenz erhöhen können. Im Sog der Teuerung werden auch mehr Eigenmarken, die günstiger sind als Herstellermarken, nachgefragt. So konnten Handelsmarken in fast allen Kategorien ihre Marktanteile erhöhen, sowohl bei der Menge als auch beim Umsatz. In den Kategorien Personal Care, Home Care und Tierfutter konnten demnach sowohl stationäre Drogeriemärkte als auch Online-Händler ihre Umsätze steigern, weil häufiger und mehr eingekauft wurde.

Die Kehrseite der inflationsbedingt gestiegenen Ausgaben für Güter des täglichen Bedarfs kennzeichnet die Lage im Markt mit Tech & Durables-Produkte wie Haushaltsgeräten, technischen Konsumgütern oder Heimwerkerbedarf. Denn hier gingen die Ausgaben 2023 im Vergleich zum Jahr zuvor um 1,7% zurück. Das heißt, ein großer Teil der Menschen musste genau überlegen, wofür er sein verfügbares Geld ausgibt. Insbesondere der Bereich Heimwerkerbedarf erlebte laut NIQ Retail Spend Barometer einen Umsatzrückgang von 4,4% – allerdings hatten die Bundesbürger während der Corona-Shutdowns hier mehr investiert. Bei Haushaltsgeräten lag das Minus bei 2,4% und bei technischen Konsumgütern bei -1,6%.

Inflation hinterlässt Spuren im Nonfood-Handel

Dabei setzen viele Konsumenten verstärkt darauf, defekte Produkte zu ersetzen, anstatt neue Produkte in den eigenen Haushalt einzuführen oder funktionierende Geräte upzugraden. Hier wirkt sich die schon seit geraumer Zeit zu beobachtende sinkende Konsumlaune bei gleichzeitig steigender Sparneigung aus. Hinzu kommt aber auch eine gewisse Sättigung in den Technikbereichen, die während der Pandemie, als viele zu Hause waren, einen Boom erlebten.

Lediglich der Sektor Haushaltskleingeräte verzeichnete im Vorjahr ein Plus von 1,5%. Dabei entwickelten sich innovative, multifunktionale Produkte wie Akku-Handstaubsauger, Fritteusen sowie Geräte für Haarpflege und -styling überdurchschnittlich und erreichten laut Panorama ein „Preispremium“.

Nach dem für Einzelhändler und Hersteller aus dem Bereich technische Gebrauchsgüter schwierigen Jahr 2023 entscheiden laut NIQ und GfK Preis- und Markenmanagement über den Erfolg im Jahr 2024. Und da auch Supermärkte die Folgen des veränderten Einkaufsverhaltens in Zeiten von Inflation, Unsicherheit und dem Kampf der Kanäle und Wettbewerber um die Budgets der Konsumenten spüren, müssen laut Oliver SchmitzHead of Retail DACH bei NIQ/GfK, Händler 2024 ihre Preise noch stärker und dynamischer managen – um wichtige Margen zu sichern“. Dazu zählt aus seiner Sicht auch ein kundenzentriertes Category Management. Und als Wachstumsstrategie könne die Expansion in neue Sortimente, Vertriebskanäle, Regionen oder Länder helfen. „Unsere Daten zeigen, welche Wachstumskategorien sich 2023 gegen den Markt durchgesetzt haben und wo die Potenziale für 2024 liegen“, stellt Schmitz fest.

Weil sich die Marktdynamiken und das Verhalten der Konsumenten in einem wettbewerbsintensiven Umfeld immer schneller wandeln, reichen nach Einschätzung von Michael McLaughlinPresident, Global Retail bei NIQ, „fragmentierte Daten“ und eine „Portion Bauchgefühl“ nicht mehr aus. Deshalb wollen die beiden Marktforschungsunternehmen mit „The Full View™“ ein umfassendes, datenbasiertes Verständnis über die Entwicklungen am Markt und klare, umsetzbare Empfehlungen für eine Wachstumsstrategie bieten.