rv DÜSSELDORF. Die Universitätsstadt Oldenburg ist mit ihren 176 614 Einwohnern (2024) die nördlichste Großstadt im Bundesland Niedersachsen. Größere Städte wie Bremen und Wilhelmshaven sind 45 bzw. 50 km entfernt. Das erklärt auch die hohe Zentralitätskennziffer, die mit 139,1 die Kennziffer der Millionenstadt Hamburg übertrifft. Und das zeigt, dass die kreisfreie Stadt Oldenburg für ein relativ großes Umland als wichtiger Versorgungsstandort fungiert. Probleme leiten sich aber aus der baulichen Vergangenheit der Stadt ab.
Denn als ehemalige Residenz- und Hauptstadt der Grafschaft, des Herzogtums, des Großherzogtums, des Freistaates und des Landes Oldenburg kann die Stadt auf eine lange Tradition zurückblicken, wie bei Wikipedia nachzulesen ist. Deshalb wird die Oldenburger Innenstadt auch von einer historischen Bebauung geprägt, was aus Sicht des Einzelhandels aber eine Schwachstelle ist. Denn es gibt laut Robert C. Spies, führender Anbieter von Immobilienberatung in allen Assetklassen mit Sitz in Bremen, viele kleinteilige und unflexible Boutique-artige Flächen, die den heutigen Ansprüchen des Einzelhandels an moderne und größere Verkaufsflächen nicht gerecht werden. Das ist – aus Sicht des Einzelhandels – das übliche Problem in gewachsenen deutschen Innenstädten mit langer Tradition.
Gleichzeitig hat Oldenburg eine kaufkräftige Bevölkerung, deren verfügbares Einkommen mit 30 283 Euro pro Kopf über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer liegt laut Bulwiengesa bei 101,3. Die Zahl der Einwohner ist laut Robert C. Spies zwischen 2019 und 2024 um 4,5% gewachsen und soll bis 2040 um 4,4% auf 184 390 steigen. Die Zahl der Haushalte ist von 2019 bis 2024 um 5,9% auf 101 175 gewachsen und soll bis 2040 auf 108 508 (+7,3%) steigen. Damit bietet die Stadt mit Blick auf Einwohnerentwicklung, Kaufkraft und Zentralitätskennziffer recht günstige Voraussetzungen für den Einzelhandel.
Historisch gesehen bilden die Achternstraße und deren Fortsetzung, die Langestraße (Foto), die Einkaufsmeile und damit die Frequenzbringer der Innenstadt. Laut Jan Hillenbrand, Büroleiter von Robert C. Spies in Oldenburg, „zieht besonders die Haarenstraße allerdings immer mehr Kaufkraft an, da das wachsende Gastronomieangebot die Straße zusätzlich belebt“. Nach seinen Worten ist Oldenburg ein beliebter Einzelhandelsstandort. Zu den bekanntesten Filialisten gehören u.a. die Mode-Kette H&M, der Sportartikelanbieter JD-Sports sowie Butlers und Depot im Bereich Deko-Artikel. „Das Angebot wird durch lokale Geschäfte ergänzt“, so Hillenbrand weiter: Neue Konzepte wie die niederländische Kette Dille & Kamille mit Hauptsitz in Utrecht würden zudem die überregionale Strahlkraft der Stadt zeigen.
In diesem Umfeld bietet das innerstädtische Einkaufszentrum Schlosshöfe am Marktplatz mit 75 Läden und Gastronomieangeboten eine Ergänzung zum kleinteiligen innerstädtischen Angebot. Beispielsweise schaffen die dadurch entstandenen Parkmöglichkeiten laut Hillenbrand gute Synergieeffekte mit der Innenstadt. Und das in der jüngeren Vergangenheit entstandene Einkaufszentrum bietet die modernen großen Verkaufsflächen, wie sie etwa von Fachmarkt-Ketten wie Saturn oder Media Markt gesucht werden, die sich ansonsten nicht in der Innenstadt ansiedeln könnten. Das Hauptshoppingerlebnis konzentriert sich allerdings weiterhin auf die Achtern- und die Langestraße.
Krisen wie die Zwangsschließungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, die insbesondere dem innerstädtischen Nonfood-Handel sehr zu schaffen machen, sind aber auch an der Innenstadt von Oldenburg nicht spurlos vorbei gegangen. So registriert Robert C. Spies – auch auf Grund der ökonomischen und geopolitischen Ereignisse – ,dass sich das Marktniveau nach unten korrigiert hat. Die Mieten in Oldenburg liegen – je nach Lage – in der Bandbreite von 18 bis 35 Euro. Die Kaufpreisfaktoren beziffert der Immobilienberater mit dem 14- bis maximal dem 17-Fachen der Jahresnetto-Miete.
In der Tendenz erwarten die Experten von Robert C. Spies hier in nächster Zeit eine Seitwärtsbewegung. Und auch in Oldenburg wollen sich die innerstädtischen Einzelhändler nicht mehr so lange binden und bevorzugen Mietverträge mit maximal 5 Jahren Laufzeit plus Verlängerungsoptionen. Mit Blick auf den drastischen Anstieg der Lebenshaltungskosten in Deutschland und die geopolitischen Unsicherheiten, die sich in der insgesamt eher moderaten Verbraucherstimmung niederschlagen, ist der Einzelhandel denn auch in Oldenburg eher vorsichtig unterwegs.



