Immobilien-Investitionsklimaindex

Hoffnung auf die Wende 2025

rv DÜSSELDORFDie Gemengelage in den Immobilienmärkten präsentiert sich im ersten Quartal 2024 vielschichtig. Neben den anspruchsvollen Herausforderungen, die der schnellste und höchste Zinsanstieg seit 60 Jahren nach dem Hype einer zwölfjährigen Nullzinsphase mit sich bringt, kommen die Themen Dekarbonisierung, Digitalisierung und demographischer Wandel zum Zykluswechsel hinzu. Gegenüber der Befragung zum Immobilien-Investitionsklimaindex von Union Investment im ersten Halbjahr 2023 ist 2024 an den europäischen Immobilienmärkten inzwischen eine leichte Erholung der Stimmung festzustellen.

Befragt hat das Marktforschungsinstitut Ipsos im Auftrag von Union Investment für den europäische Immobilien-Investitionsklimaindex von November 2023 bis Februar 2024 insgesamt 137 Immobilienunternehmen und institutionelle Immobilieninvestoren. Davon kamen 52 aus Deutschland, 58 aus Frankreich und 27 aus Großbritannien. Dabei zeigte der Blick auf den Jahresvergleich, dass der Index inzwischen in allen drei Ländern ins positive gedreht hat. Vor einem Jahr konnte nur Deutschland zulegen – und zwar um 2,4 Punkte. Nun verzeichnet der Index für Großbritannien mit 4,2 auf 63,8 Punkte den höchsten Anstieg auf den höchsten absoluten Wert. Frankreich folgt mit 3,4 auf 62,7 Punkte, während Deutschland nur noch um 0,8 auf 62,1 Punkte zulegen konnte.

Vor dem Hintergrund der abrupten Zykluswende seit dem zweiten Halbjahr 2022 und den Bewertungskorrekturen als Folge der deutlichen Anhebung des Leitzinses auf 4,5% durch die Europäische Zentralbank (EZB) steht für das Gros der Befragten die Performance ihrer Assets mit 79% der Nennungen denn auch ganz oben auf der Liste, gefolgt vom Thema Nachhaltigkeit (73% der Nennungen) auf Platz zwei. Denn viele Branchen-Experten erwarten bei Immobilien mit schlechter oder nicht zeitgemäßer Energie-Bilanz spürbare Wertkorrekturen. Selbstläufer gibt es in Zeiten normaler Marktzinsen keine mehr. Deshalb steht die Resilienz des Portfolios mit 68% der Nennungen gleichfalls ganz oben auf der Agenda.

Um die zu stärken, setzt die Mehrheit der europäischen Immobilien-Investoren (61,1%) in den nächsten beiden Jahren vor allem auf die Modernisierung der Bestände. Ein beachtlicher Teil (37,2%) denkt aber auch daran, in den nächsten 24 Monaten Immobilien in unattraktiven Lagen und/oder Gebäude mit Modernisierungsbedarf zu verkaufen, um die Widerstandsfähigkeit ihrer Portfolios zu erhöhen. Für einige Marktakteure könnte der Verkaufsdruck in naher Zukunft aber auch steigen, wenn die Refinanzierung zu ungünstigeren Marktkonditionen ansteht.

Ins aktuelle Bild passt auch, dass etwa ein Drittel der Befragten (31,3%) beim Ankauf in diesem und im nächsten Jahr auf kleinere Objektgrößen setzen will. Und auch bei den Asset-Klassen schauen die europäischen Investoren derzeit genauer hin und legen ihr Geld weniger in Bürogebäude an, nachdem diese Anlage-Klasse nach der Pandemie und der wachsenden Bedeutung von Homeoffice einen Strukturwandel durchläuft.

Laut Union Investment fahren viele Investoren ihren Büroanteil in den Portfolios etwas zurück und benennt sich dabei auch gleich selbst als Beispiel. So hat das Unternehmen in den vergangenen Monaten die Büroimmobilien Vision Crest Commercial in Singapur, Shibuya Prime Plaza in Tokio, Fifty-One in Zürich und Smultronet 6 in Stockholm veräußert. Erfreulich aus Sicht von Martin SchelleinLeiter Investment Management Europa bei Union Investment ist, dass sich auch gegenwärtig beim Verkauf von Bürogebäuden noch gute Preise realisieren lassen, auch wenn das Transaktionsvolumen stark zurückgegangen ist.

Deutlich günstiger fällt dagegen die Beurteilung von Logistikimmobilien aus, die während Corona und von den Lieferengpässen sogar noch profitieren konnten. So nannten auf die Frage, welche Nutzungsart in den nächsten zwölf Monaten die besten Rahmenbedingungen aufweisen wird, mit 37% die meisten Befragten aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, den Logistikimmobilienmarkt. Für Hotelimmobilien entschieden sich 16% der Befragten und jeweils 12% für Büro-, Wohnungs- und Einzelhandelsmärkte, wobei letztere nicht alle über einen Kamm geschoren werden können. Denn Immobilien für den Lebensmittelhandel haben sich in den vergangenen Jahren als sehr krisenresistent erwiesen und stehen bei Immobilieninvestoren europaweit hoch im Kurs.

Beim Blick in die Glaskugel zeigte sich die Mehrheit (57%) der Investoren überzeugt, dass die europäischen Investmentmärkte 2025 wieder anziehen werden – frei nach dem Motto „Survive till 2025“. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass sie 2024 mit der Fortsetzung der Konsolidierungsphase rechnen. 28% der Befragten können sich laut Umfrage sogar vorstellen, dass die Märkte noch länger brauchen als 2025, um wieder in Schwung zu kommen. Sehr optimistische schauen nur 12% in die Zukunft. Sie erwarten, dass es schon 2024 wieder bergauf geht.