Investmentmarkt: Steigender Refinanzierungsdruck

Hoffnung auf das Schlussquartal

Kaufobjekt Gropius Passagen in Berlin. Foto: Unibail-Rodamco-Westfield

Der Blick auf den Investmentmarkt für Retail Assets zeigt auch im dritten Quartal 2025 ein gegensätzliches Bild. Ein Transaktionsvolumen von 1,3 Mrd. Euro (Colliers), zeugt von einer eher moderaten Entwicklung. Gleichzeitig registrieren die Immobilienberater eine Marktbelebung, wofür auch die jüngsten Großtransaktionen sprechen, genauso wie die gut gefüllte Verkaufspipeline und das wachsende Interesse internationaler Investoren. Nun richtet sich der Blick auf das Jahresschlussquartal.

So ist denn auch Jan Schönherr, Head of Retail Investment bei CBRE, zuversichtlich, dass das schwächere Volumen im zurückliegenden Quartal „weniger auf ein mangelndes Interesse an Einzelhandelsimmobilien zurückzuführen (ist), sondern vielmehr auf sich verschiebende Großtransaktionen. Diese sind für das Jahresschlussquartal zu erwarten“, wie der Experte eglaubt.

Und auch Nicole Römer, Head of Retail Germany bei Colliers, beobachtet ein wachsendes Interesse an innerstädtischen Objekten in prominenten Lagen: „Diese Entwicklung könnte auch für die Folgemonate richtungsweisend sein, da steigender Refinanzierungsdruck auf der Verkäuferseite und die Wahrnehmung von günstigen Marktopportunitäten auf der Käuferseite zunehmend in Abschlüssen münden“, berichtet die Expertin. Dass gerade im Portfoliosektor immer wieder neue Transaktionsprozesse initiiert werden, die sich zwar zum Teil über lange Zeiträume in der Vermarktungsphase befinden, hält auch aus Sicht von Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH (BNPPRE) und Head of Retail Services, die Investmentaktivitäten auf dem Markt für Retail Assets stetig hoch.

Für eine stetige Belebung des deutschen Investmentmarkts für Handelsimmobilien seit der Zinswende sprechen auch die jüngsten Großtransaktionen im dritten Quartal. Dazu gehört der Verkauf der rund 95 000 qm großen Gropius Passagen in Berlin durch den US-Investor Nuveen sowie den Shopping-Center-Spezialisten Unibail-Rodamco-Westfield für einen dreistelligen Millionenbetrag an die Asset Management Plattform Hayfin.

Nach dem Verkauf der Pasing Arcaden in München Ende 2024 durch Unibail-Rodamco-Westfield an die Ikea-Shopping-Center-Sparte Ingka Centres und dem Verkauf des weniger gut performenden Luisencenters in Darmstadt ist dies der dritte Verkauf im seit längerem schwächelnden Center-Segment. Dem Segment Einkaufszentren rechnet Colliers zudem den Verkauf des B5 Designer Outlet Centers in Wustermark bei Berlin durch den US-Investor Nuveen für 230 Mio. Euro an die französische Groupe Frey im ersten Quartal 2025 zu. Das weckt Hoffnung. So erwartet Römer, dass sich das Transaktionsvolumen von Einzelhandelsimmobilien durch die allmähliche Belebung des Shopping-Center-Segments und auch durch den Kauf von großvolumigen innerstädtischen Einzelhandelsobjekten erhöhen wird. Dazu dürfte auch der Verkauf der 7 500 qm großen 1A-Immobilie des Sporthauses Schuster in der Innenstadt von München im dritten Quartal durch die Familie Schuster an ein Family Office beitragen. Im Rahmen dieser Sale-and-lease-back-Transaktion konnte die Familie Schuster die Zukunft ihres traditionsreichen Sporthauses sichern.

Im ersten Halbjahr hatten mit der Übernahme der Möbelkette Porta durch den Wettbewerber XXXLutz, der Übernahme von 22 Nahversorgern durch die Habona Invest und den Erwerb von insgesamt 45 Nahversorgerimmobilien für 420 Mio. Euro durch den kanadischen Asset Manager Slate vor allem Portfolio-Transaktionen den Markt dominiert.

Insgesamt summiert sich das Transaktionsvolumen mit Retail Assets in den ersten neun Monaten 2025 auf eine Summe, die die Immobilienberater in der Bandbreite von 3,8 Mrd. Euro (Colliers), von 3,9 Mrd. Euro (CBRE), von 4,1 Mrd. Euro (BNPPRE), von 4,22 Mrd. Euro (JLL) und von 4,3 Mrd. Euro (Savills) sehen. Die Unterschiede resultieren teilweise aus der unterschiedlichen Einordnung von Mischobjekten in die eine oder die andere Anlageklasse. JLL führt zudem eine eigene Klasse „Mischobjekte“. Entsprechend variiert auch der Marktanteil von Handelsimmobilien am gesamten Transaktionsmarkt mit Immobilien. Savills sieht Retail Assets mit 4,3 Mrd. Euro hinter dem Spitzensegment Wohnimmobilien mit 5,5 Mrd. Euro auf Platz zwei. Andere Immobilienberater sehen Handelsimmobilen weiter hinten.

Innerhalb des Segments Handelsimmobilien bilden Fachmärkte und Fachmarktzentren laut CBRE mit einem Anteil von 69% erneut die mit Abstand stärkste Anlage-Klasse. BNP Paribas Real Estate und Colliers liegen mit 63% respektive 59% niedriger. Christoph Scharf geht auch beim Blick in die Zukunft davon aus, dass der Nachfragefokus innerhalb der Objektarten vor allem auf Fachmarkt-Objekten mit Lebensmittelschwerpunkt sowie Portfolios in diesem Segment gerichtet bleiben wird. Daneben hätten sich im Fachmarktsegment „in der zweiten Reihe aber nach und nach auch sehr erfolgreich Non-Food-Objekte bzw. Portfolios positioniert, schreibt der Berater mit Blick auf die attraktiven Renditeprämien in dieser Produktkategorie. Dadurch würden sie immer mehr in den Mittelpunkt der Investoren rücken.

Auch kleinteilige Transaktionen spielen eine Rolle

Nicht zu unterschätzen ist in diesem Segment laut Nicole Römer aber auch der kleinteilige Handel mit Nahversorgern, der bis auf Weiteres eine zentrale Stütze des Transaktionsgeschehens bleibe: „Handelsunternehmen verkaufen bereits seit dem Jahreswechsel immer wieder Teile ihrer Filialbestände, um sich Kapital für zukunftsgerichtete Expansionen zu verschaffen“, berichtet sie mit Blick auf die vielen Paketverkäufe beispielsweise von Aldi Nord. Dabei sind für Investoren vor allem Objekte mit Wertsteigerungspotenzial interessant. Bei Core-Objekten halten sie sich eher zurück.

Zu erwähnen sind demnach aber auch die Einzelhändler selbst, von denen einige als meistbietende Käufer auftreten, um sich gute Standorte zu sichern, wie Römer ergänzt. Wie Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, feststellt, ist nach der Sommerpause bei lebensmittelgeankerten Märkten generell einiges an Produkt auf den Markt gekommen.

Einig sind sich die Immobilienberater, dass die Spitzenrenditen in den ersten neun Monaten stabil geblieben sind. BNPPRE registrierte bei Fachmarktzentren eine Netto-Spitzenrendite von 4,65% und bei einzelnen Lebensmittelmärkten von 4,9%. Anne Gimpel, Team Leader Valuation Advisory Services bei CBRE beziffert die Spitzenrenditen für einzelne Lebensmittelmärkte mit unverändert 4,6% und für Fachmarktzentren mit 4,9%. Colliers ermittelte eine Spitzenrendite von brutto 5,70% für Fachmarktzentren und von brutto 5,40% für Fachmärkte.

Mit großem Abstand folgten in den ersten neun Monaten die beiden anderen Asset-Klassen, wobei für das Shopping-Center-Segment – wie bereits erwähnt – nach dem Verkauf der Gropius-Passagen eine weitere Belebung erwartet wird. So erhöhte sich laut Colliers sein Anteil am Transaktionsvolumen binnen drei Monaten von 13 auf 20%. BNPPRE liegt mit seinem Anteil von 16% zwar etwas niedriger, doch registriert der Immobilienberater, dass Einkaufszentren wieder spürbar in den Investorenfokus rücken – zumal hier Käufer und Verkäufer bei ihren Preisvorstellungen inzwischen enger beieinanderliegen würden. Angesichts des inzwischen erreichten Renditeniveaus bieten sich aus Sicht des Immobilienberaters wieder attraktive Einstiegsniveaus. Die Spitzenrenditen für Shopping-Center liegen laut CBRE stabil bei 5,9% für Objekte in A-Lagen und von 7,5% an B-Standorten.

Das Segment Geschäftshäuser (inkl. großflächiger Kauf- und Warenhäuser) spielte in den ersten neun Monaten keine große Rolle, doch ist das nur eine Momentaufnahme, wie der Blick auf das Jahr 2024 zeigt. Damals dominierte der Verkauf von Objekten wie Luxuskaufhauses KaDeWe in Berlin, der Fünf Höfe und der Maximilianstraße 12-14 in München das Marktgeschehen – neben dem Fachmarkt-Segment. Das spiegelt sich auch darin wider, dass die Spitzenrenditen von 1A-Handelsimmobilien im Durchschnitt der Top-7-Städte laut CBRE zuletzt um 0,2 Prozentpunkte auf 4,44% nachgegeben haben.

Belebung bei Shopping-Centern erwartet

Der Blick auf die hierzulande besonders aktiven Marktakteure zeigt laut Jan Schönherr, dass vor allem internationale Investoren „einen guten Zeitpunkt für den Einstieg in den deutschen Markt beziehungsweise zum weiteren Portfolioausbau sehen“. Ihr Anteil am Transaktionsgeschehen ist demnach von 42 auf 48% gestiegen. Eher zurückhaltend zeigen sich vor allem deutsche institutionelle Investoren wie offene Immobilien- und Spezialfonds, Versicherungen und Pensionskassen, wie auch Colliers beobachtet. Dagegen nutzen Family Offices – internationale wie nationale – die aktuelle Marktphase für ihre Allokation in den hiesigen Handelsimmobilienmarkt. Auch Asset- und Fondsmanager, sowie Corporates und Eigennutzer sind aktiv.

In seinem Ausblick zeichnet Jan Schönherr ein gemischtes Bild: Einerseits erwartet er ein dynamisches Schlussquartal mit Shopping-Center- und Portfoliotransaktionen. Andererseits gebe es für eine „regelrechte Jahresendrallye“ vor allem bei den nationalen institutionellen Investoren zu wenig Investitionsdruck. Insgesamt hält er ein Transaktionsvolumen von um die 6 Mrd. Euro – wie 2024 oder vielleicht leicht darunter – aber für erreichbar.

Ähnlich gemischt ist die Einschätzung von Nicole Römer, die in den nächsten Monaten mit einer allmählichen Belebung des Geschäfts mit Shopping-Centern und großvolumigen Innenstadtimmobilien rechnet: „Die Pipeline der in Verhandlungen befindlichen Objekte und Projekte, die zum Teil aus der Insolvenzmasse namhafter Bestandshalter und Projektentwickler stammen, ist gut gefüllt“, so die Expertin, die das Erreichen der 5-Milliarden-Euro-Marke für realistisch hält.

Angesichts der immer noch zähen Kaufpreisverhandlungen bleibt aus ihrer Sicht die Prognose von Marktgängigkeit und Abschlusszeitpunkt allerdings schwierig. Denn jenseits des Core-Segments begrenzen hohe Preisabschläge das Transaktionsgeschäft, genauso wie die Verfügbarkeit und die Kosten von Fremdfinanzierungen. In diesem Umfeld erwartet Christoph Scharf, dass sich die Spitzenrenditen zum Jahresende seitwärts bewegen.