Das Jahr 2024 neigt sich bereits dem Ende zu. Die deutsche Konjunktur hat sich noch nicht wieder erholt. Obwohl die Zinsen ein Stück weit zurückgekommen sind, bleiben die Transaktionsmärkte insgesamt schwach. Abgesehen von insolvenzbedingten Abverkäufen stellt der deutsche Immobilienmarkt aktuell keinen Zielmarkt von übergeordnetem Interesse dar.
Wenngleich der Strukturwandel bei Handelsimmobilien insgesamt schon weit fortgeschritten ist, sind Investoren noch skeptisch. Dies betrifft insbesondere großvolumige Liegenschaften wie Shopping-Center oder Geschäftshäuser. Verkaufsbereite Eigentümer treffen auf eine wählerische Nachfrage, die neben einem guten Preis vor allem hohe Qualität sucht. Es hat sich ein Käufermarkt gebildet, auf dem Risiken nur noch bei entsprechend hohen Renditeaufschlägen genommen werden. Sind Banken mit an Bord, dann sind die Ansprüche noch einmal höher.
Kann sich vor diesem Hintergrund der erhoffte Boden noch in diesem Jahr bilden? Wird die Expo Real zum Wendepunkt, an dem Käufer und Verkäufer wieder zueinander finden? Es kommt drauf an… Kaum eine Assetklasse ist so vielfältig wie die Handelsimmobilie. Entsprechend verschieden fallen die Befunde aus: Da sind die soliden „Cashcows“, deren Verkäuflichkeit allein vom Zeitpunkt des eigenen Ankaufs abhängt. Eine gut vermietete Immobilie, die 2014 für das 14-fache erworben wurde, findet heute für das 15-fache rasch einen Interessenten, da sollte nicht mit weiter nachgebenden Preisen gerechnet werden. Der problematische „Underperformer“ aber, der 2021 zum 26-fachen eingekauft wurde, wird so lange im „Regal“ bleiben, bis der Rabatt groß genug ist, um die Risiken für den Käufer mehr als zu kompensieren.
Von Belang ist auch die Größe des Investments. Der „Sweetspot“ interessierter Investoren ist zuletzt deutlich gefallen. Portfolien und Einzelobjekte, die für über 50 Mio. Euro angeboten werden, dürften aufgrund der geringen Nachfrage auch weiterhin unter Preisdruck stehen. Im Gegensatz dazu steigt bei Deals unter 20 Mio. Euro die Zahl der Transaktionen bereits wieder, ein sehr sicherer Hinweis, dass das Preisniveau in diesem Segment zumindest nicht weiter nachgeben wird.
So gehen die Preise zwischen „groß“ und „klein“ bzw. „gut“ und „schlecht“ weiter auseinander – und das wird auch bis auf Weiteres so bleiben. Denn durch die vergangenen Abwertungen ist die Liquidität in den Portfolien der Bestandshalter so weit gesunken, dass für investive Maßnahmen keine Mittel zur Verfügung stehen. Immobilien mit strukturellen Herausforderungen drohen weitere Wertverluste. Hatten Fonds-Manager lange noch stillgehalten, dürfte es schon bald zwangsweise zum Abverkauf im größeren Stil kommen.
Strukturelle Veränderungen beeinflussen Preisbildung
Jenseits des zins- und konjunkturbedingten Zyklus haben die strukturellen Veränderungen auf den Nutzermärkten großen Einfluss auf die künftige Preisbildung von Handelsimmobilien. So, wie Home Office und Remote Work einige Millionen Quadratmeter Bürobestand substituieren, hat der Online-Handel dauerhaft Einzelhändlern in den Fußgängerzonen und in Shopping-Centern Umsatz und Ertrag streitig gemacht.
Seit der Zinswende sind Wertsteigerungspotenziale allein über die erfolgreiche Reflektion der Nutzung und ihrer Fähigkeit, die Miete regelmäßig und in voller Höhe zu zahlen, zu erzielen. Das Vertrauen der Investoren gilt dabei vor allem solchen Nutzungsklassen, die einen hohen realwirtschaftlichen Nutzen haben, d.h. einem geringen Substitutionsrisiko durch konkurrierende Immobilien oder digitale Angebote unterliegen.
Deshalb hat sich der Investorenfokus auch nutzungsseitig stark verengt. Von Interesse sind nur solche Immobilienarten, die eine langfristig zuverlässige und auf Basis des aktuellen Marktpreisniveaus wettbewerbsfähige Mietrendite erzielen. Hierzu zählen Logistik- und Nahversorgungsobjekte. Beide Nutzungsarten verzeichnen auch bei schwachen Konjunkturimpulsen eine fortgesetzte Flächennachfrage. Angesichts eingebrochener Neubauaktivitäten, aber auch durch planungs- und baurechtliche Restriktionen, kommt es zudem zu einer strukturellen Verknappung des Immobilienangebots.
Darüber hinaus haben der demografische Wandel wie auch die ESG-Regulatorik übergeordnete Bedeutung erlangt und beeinflussen Investitionsentscheidungen direkt. Der barrierearme, wohnortnahe Lebensmittelmarkt punktet im Zusammenhang mit der Verschiebung der Aktivitäten von immer mehr Ruheständlern in Richtung ihrer Wohnadresse.
Gleichzeitig verbessert die Ausstattung von Nahversorgungsimmobilien mit PV-Anlagen oder Elektroladeinfrastruktur auf sehr effizientem Weg die CO2-Bilanz. Eine Mehrheit der Investoren erwartet eine wachsende Preisdifferenzierung zwischen „grünen“ und „braunen“ Immobilien und glaubt, dass Taxonomie-konforme Immobilien bessere Finanzierungskonditionen erhalten werden. Insofern betrachten bereits mehr als zwei Drittel der Marktteilnehmer Manage-to-green-Ansätze auch wirtschaftlich als lohnend. „Survive till 25“ heißt es deshalb für die einen, während sich für die anderen 2025 noch die Überlebensfrage stellt.