Schuhmarkt Deutschland: Die Gallery Shoes fand noch statt

Gutes Jahr 2019 – Viel Ungewissheit für 2020

Weniger als 1000 Menschen in einer Hale. Goto: Igedo

rv DÜSSELDORF. Abgesagte Messen, Fußballspiele ohne Zuschauer und ein Verbot für Veranstaltungen mit mehr als 1 000 Teilnehmern waren Themen, mit denen sich die Öffentlichkeit mit Blick auf die Ausbreitung des Coronavirus in der zweiten Märzwoche noch befasste. Getragen vor allem vom Interesse namhafter Aussteller sowie der Genehmigung durch das Landkreisamt Neuss und das Gesundheitsamt Düsseldorf fand die Messe Gallery Shoes vom 8. bis 10. März noch statt, bevor inzwischen die Regeln mit der bundesweiten Kontaktsperre verschärft wurden. Dabei kann der Schuheinzelhandel auf ein zufriedenstellendes Jahr 2019 blicken. Der Start 2020 war durch die Epidemie schwierig und das Jahr könnte problematisch werden.

Für Ulrike Kähler, Managing Director der Messegesellschaft Igedo Company und Projekt-Verantwortliche, war es nicht nur wichtig, für die Ausrichtung der Veranstaltung Gallery Shoes selbst zu kämpfen, sondern auch dafür, in der Modebranche für Kontinuität und Beständigkeit zu sorgen – gegen die scharfe Kritik, die es auch zur Ausrichtung der Messe gab. Das sahen die 360 der ansonsten 400 Aussteller mit ihren etwa 500 Marken, die auf das Areal Böhler nach Düsseldorf gekommen waren, offenbar auch so. Zwar war die Zahl der Fachbesucher niedriger als in normalen Jahren, doch herrschte in den Gängen rege Geschäftigkeit.

Die Frequenz in den acht Hallen habe jeweils deutlich unter 1 000 Menschen gelegen, berichtet Kähler. Damit sei die Gallery Shoes keine Großveranstaltung wie andere Messen in Düsseldorf oder Fußballspiele gewesen, womit auch die Ausrichtung der Veranstaltung zu rechtfertigen gewesen sei. Damals galt dieses Kriterium noch.

Mit den 70 Ausstellern aus Italien stand die Messegesellschaft in persönlichem Kontakt und man habe teils gemeinsam entschieden, dass die Messe nicht besucht werden könne, heißt es. Darüber hinaus bestätigt die Präsidentin des BDSE Handelsverband Schuhe, Brigitte Wischnewski, dass der Handel in Düsseldorf nicht nur Präsenz gezeigt, sondern auch keine Panik geherrscht habe. Inzwischen wurden die Bedingungen im öffentlichen Raum mit der Kontaktsperre bekanntlich verschärft.

Und auch für das Schuhjahr 2019 konnte die BDSE-Präsidentin eine gute Bilanz ziehen, nachdem die Umsätze über alle Vertriebswege und Vertriebsformen hinweg um durchschnittlich 3% auf 11,8 Mrd. Euro gestiegen sind. Damit konnte die Branche den Rückgang von durchschnittlich 3% aus dem Jahr des Hitzesommers 2018 auf etwa 11,5 Mrd. Euro wieder wettgemacht werden.

Der Online-Handel legte um 5% zu

Ins Auge springt beim Blick auf 2019, dass die Kundenfrequenz gegenüber 2018 aus Sicht von 50% der im Februar 2020 vom BDSE befragten Einzelhändler „leicht gesunken“ und aus Sicht von 10% sogar „stark“ gesunken ist, während nur 13% eine leichte bis starke Verbesserung der Frequenz verzeichneten. Dennoch erzielte der stationäre Schuhhandel ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 2,5%. Der Grund: Laut BDSE sind die Kunden-Bons in den meisten Schuhhäusern gestiegen.

Bei 43% der Befragten fiel dieser Anstieg beim Durchschnittseinkauf „leicht“ aus, bei 3% dagegen recht deutlich. „Dies dürfte das Resultat von Trading-up-Bemühungen und Ausdruck einer intensiven Kundenberatung sein“, schätzt der Schuhverband. Wie die Umfrage weiter ergab, konnten die meisten Schuhhäuser (53%) ihre Umsätze gegenüber 2018 steigern, 20% erreichten zumindest den Vorjahreswert, aber 27% mussten auch Einbußen hinnehmen.

Der Online-Handel mit Schuhen konnte laut Wischnewski im Vorjahr – genauso wie im Bekleidungshandel – seine Erlöse um 5% erhöhen und damit seinen Marktanteil inzwischen auf 22% ausbauen. Davon haben auch die stationären Einzelhändler mit Multi-Channel-Strategie profitiert. „Immerhin die Hälfte der Schuhfachhändler verkauft entweder über einen eigenen Web-Shop oder über Online-Marktplätze“, berichtet die BDSE-Präsidentin: „Branchenerhebungen deuten darauf hin, dass diese Multi-Channel-Anbieter gegenwärtig eine positivere Umsatzentwicklung verzeichnen als rein stationäre Schuhhändler.“ Sie können sich ein Stück aus dem zweifellos weiter wachsenden Online-Kuchen herausschneiden und so auch die Umsatzdellen wieder ausgleichen, die durch eine abnehmende Frequenz entstehen.

Positive Entwicklung bei Multi-Channel-Anbietern

Etwa 10% der vom Schuhverband im Februar befragen Schuheinzelhändler plant, in der nächsten Zeit die Nutzung von Web-Shops oder Internet-Plattformen anzugehen. Es gibt aber auch noch die 40%, die sich nicht mit der Absicht tragen, bald ins Online-Geschäft einzusteigen. Mit Blick auf die aktuelle Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland und die angeordnete Schließung von Geschäften, die nicht der Nahversorgung dienen, könnte der Verkauf via Internet allerdings noch deutlich mehr an Attraktivität gewinnen.

Laut BDSE-Präsidentin Wischnewski ist der Schuheinzelhandel mit einem leichten Umsatzrückgang ins Jahr 2020 gestartet, was sie zunächst aber auf die hohen Vorgaben aus dem Jahr 2019 zurückführt. Im Januar 2019 hatte das Umsatzwachstum bei 5% und im Februar sogar bei 18% gelegen, nicht zuletzt, weil die Temperaturen damals kühler waren als 2020. Die milde Witterung in den vergangenen beiden Monaten erschwerte den Verkauf von gefütterten Winterschuhen.

„Ob und inwieweit sich in der aktuellen Umsatzentwicklung bereits eine gewisse Konsumzurückhaltung auf Grund des Coronavirus niederschlägt, lässt sich schwer beurteilen“, sagt die BDSE-Präsidentin: „Bis Anfang März zumindest waren – von besonders betroffenen Regionen wie dem Kreis Heinsberg einmal abgesehen – kaum größere Auswirkungen auf den Umsatz des Schuheinzelhandels spürbar.“ Die Gefährdung durch das Coronavirus in Deutschland hat aber auch erst mit den Karnevals-Tagen Ende Februar und der danach stetig wachsenden Zahl von Infizierten Fahrt aufgenommen. Und inzwischen müssen die Läden geschlossen bleiben.

Die Verunsicherung in der Schuhbranche bleibt in zweierlei Hinsicht, wenn sie auf das Jahr 2020 blickt. Zum einen wird die Lust der Verbraucher auf Schuhe nach Erfahrung des Verbands von der positiven Konsumstimmung abhängen. „Die breite und teilweise Panik auslösende Berichterstattung in den Medien zum Coronavirus dürfte der Kauflaune jedenfalls eher geschadet als sie beflügelt haben“, merkt Brigitte Wischnewski (Foto: BDSE) dazu an.

Zum andern bleibt auf Dauer gesehen die Frage der Warenversorgung. Denn ein großer Teil der hierzulande angebotenen Schuhe stammt aus chinesischer Produktion oder besteht aus Vorprodukten sowie Zutaten aus China. Das könnte zu Engpässen führen, je nachdem, wann sich die Lage in China wieder entspannt und wie lange der Shut-down in Deutschland dauert.

Die Warenversorgung aus China ist ein Problem

Die Coronavirus-Pandemie und ihre starke Ausbreitung zunächst in China und nun in Italien sind auch Stichworte, die die deutsche Schuhindustrie derzeit beschäftigen. „Nach dem das Virus erstmals in dem für die weltweite Schuhproduktion bedeutendsten Land China aufgetaucht ist, hat es inzwischen auch Europa erreicht und hier, in dem ebenfalls für die Schuhbranche wichtigen europäischen Land Italien, erhebliche Auswirkungen gezeigt“, konstatiert Carl-August Seibel (Foto: HDS/L), Vorsitzender des Bundesverbands der Schuhindustrie, anlässlich der Gallery Shoes. Schon auf den beiden Mailänder Fachmessen Micam und Lineapelle sei auf Grund des Virus ein erheblicher Besucherschwund festzustellen gewesen.

Beim Blick auf das Gesamtjahr 2020 zeigen sich die deutschen Schuhhersteller laut Seibel optimistisch. Die Ungewissheit über die Folgen der Pandemie und die zukünftige Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der EU und Großbritannien nach dem Brexit belastet zwar, trübt aber noch nicht die Zuversicht. Die stützt die Branche auf den deutschen Markt und die bislang noch gute Kauflaune der Bundesbürger, die von der noch guten Beschäftigungslage getragen wird. Hinzu kommt, dass die Märkte in USA, Asien, Afrika und dem Nahen Osten in guter Verfassung seien. An die Bundesregierung richtete Seibel den Appell, Impulse für die Belebung des Wachstums zu setzen. Bleibt die Frage, wie lange die Geschäfte geschlossen bleiben.

2019 drehte die Umsatzentwicklung der Branche nach einer mehrjährigen Wachstumsphase laut Seibel erstmals wieder ins Minus – und zwar um -2,7% auf 2,89 Mrd. Euro. Dabei gingen die Erlöse im Inland um -1,8% und im Ausland um -6,8% zurück, so dass der Auslandsanteil an den Umsätzen unter 20% sank.