Die Thalia Bücher GmbH in Hagen wächst weiter. Anfang November hat das Unternehmen im Rahmen eines Betriebsübergangs den insolventen Online-Händler buecher.de samt aller Mitarbeiter und aller Vermögensgegenstände übernommen. Da die Thalia-Gruppe das mit Abstand größte stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland ist, musste das Bundeskartellamt den Fall zuvor prüfen. Am 4. November gab die Behörde grünes Licht für die Übernahme.
Konkret übernimmt die Thalia Bücher GmbH – nachdem auch der Gläubigerausschuss zugestimmt hat – den bestehenden Geschäftsbetrieb von buecher.de, einschließlich der Kundinnen- und Kundenbeziehungen sowie der buecher.de-Marken und Domains. Wie das Unternehmen versichert, werden die Kunden „datenschutzkonform in die Übertragung eingebunden“. Und die Mitarbeiter der buecher.de GmbH & Co. KG behalten alle ihren Arbeitsplatz zu unveränderten Konditionen. Die Verträge wurden vom InsolvenzverwalterChristian Plail von der Wirtschaftskanzlei SGP Schneider Geiwitz und Thalia nach Unternehmensangaben „bindend und rechtswirksam geschlossen“. Der nicht näher bezifferte Kaufpreis fließt nach Information des Insolvenzverwalters in die Insolvenzmasse, aus der am Ende des Verfahrens die Gläubiger ihre Quote erhalten. Wie Plail weiter berichtet, haben mehrere Interessenten intensiv um den Zuschlag gerungen.
Umso mehr freut sich der Vorsitzende der Thalia-Geschäftsführung, Ingo Kretzschmar, über den Zuschlag, da buecher.de eine sehr gute Ergänzung für die Thalia-Gruppe darstellt. Das gilt vor allem mit Blick auf die loyalen Kunden des Online-Händlers. Deshalb soll auch die Marke erhalten bleiben. Gleichzeitig ist diese Übernahme aus seiner Sicht auch ein ausgesprochen positiver Impuls „für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit des Buchhandelsstandorts Deutschland“.
Insgesamt beschäftigt buecher.de, Konzernschwester der gleichfalls insolventen Weltbild, am Standort Augsburg 34 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von etwa 60 Mio. Euro. Vorheriger Eigentümer war die WB D2C Group. „Durch die starke Abhängigkeit von der Konzern-Schwester Weltbild musste auch buecher.de im Juli 2024 einen Insolvenzantrag stellen“, erläutert Thalia die Gründe für die Insolvenz.
Nach Einschätzung des Bundeskartellamts verfügt „Thalia (…) über eine bedeutende Marktposition im stationären Buchhandel und ist der größte Omnichannel-Anbieter“, wie Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes darlegt, nachdem sich die Behörde in diesem Fall schwerpunktmäßig den Beschaffungsmarkt für Bücher genauer angesehen hat, in dem Thalia eine wichtige Rolle für die Verlage spielt. Dass der Zusammenschluss bereits in der ersten Phase freigegeben werden konnte, begründet Mundt damit, dass der Zuwachs bei Thalia durch die Übernahme von buecher.de auf der Beschaffungsseite „sehr gering ist und weitere starke Nachfrager bzw. Nachfrager-Gruppen vorhanden sind“. Gleichzeitig existiert nach seinen Worten „auf der Absatzseite mit Amazon ein deutlich größerer Wettbewerber beim Online-Handel, sodass der Erwerb der kleinen buecher.de keine wettbewerblichen Probleme erwarten ließ“.
Thalia hat einen anderen Zugang zum Endkunden als Amazon
Des Weiteren stellte die Behörde fest, dass den Kundinnen und Kunden auch dann noch genügend Alternativen zur Verfügung stehen, wenn man den gesamten Markt für den stationären und den Onlineabsatz von Büchern betrachtet. Zu den Ausweichmöglichkeiten gehören die unabhängigen Buchhändler, andere Buchhandelsketten wie Hugendubel und der Online-Handel. Allerdings räumt das Bundeskartellamt mit Blick auf den Beschaffungsmarkt ein, dass Thalia bereits über erhebliche Nachfragemacht gegenüber den Verlagen und dem Großhandel verfügt.
Im Vergleich mit dem Wettbewerber Amazon, dem anderen nachfragestarken Spieler auf dem Büchermarkt, hält die Behörde Thalia seine bundesweite Kette aus Buchhandlungen meist in Innenstadtlagen zugute. „Thalia hat damit einen anderen Zugang zu Endkundinnen und -kunden als Amazon, der beispielsweise für die Bewerbung neuer Bücher bei ihrer Markeinführung von besonderer Bedeutung sein kann und erheblichen Einfluss auf die Verhandlungsposition von Thalia gegenüber Verlagen und Barsortimentern haben kann“, schreibt das Bundeskartellamt in seiner Begründung. Mit Blick auch auf den durch die Übernahme von buecher.de geringen Zugewinn an Beschaffungsvolumen konnte der geplante Zusammenschluss im Vorprüfverfahren laut Bundeskartellamt deshalb freigegeben werden.
Neben der Stärkung seines Online-Geschäfts setzt Thalia auch auf die Aufwertung seines stationären Filialnetzes, wie der Blick auf den am 31. Oktober eröffneten neuen Flagship Store in der Kölner Altstadt zeigt. Anfang des Jahres hatte die Thalia Mayersche Buchhandlung im laufenden Betrieb mit dem Umbau der 3 000 qm großen Verkaufsfläche auf drei Ebenen in der Neumarkt Galerie begonnen. „Ab sofort präsentiert sich eine der größten Buchhandlungen Deutschlands mit einem komplett neuen Erscheinungsbild, vielen einzigartigen Ladenbauelementen und noch mehr Aufenthaltsqualität“, berichtet das Unternehmen zur Eröffnung
Nach den Worten von Elke Steinhanses, Bereichsleiterin für die Thalia-Standorte im Raum Köln, ist „die Thalia Mayersche Buchhandlung am Kölner Neumarkt nicht nur eine Institution in der Einkaufsstadt, sondern auch ein Leuchtturm für unser Unternehmen“. Mit dem Umbau will Thalia zudem ein deutliches Zeichen für die Zukunft dieses Standorts setzen, der bereits seit 1998 als beliebter Treffpunkt für Bücherbegeisterte in der Domstadt und darüber hinaus gilt.
Eine Hommage an die Domstadt Köln
Ziel bei der Gestaltung des neuen Buchladens war es, „als Hommage an Köln“ typische lokale Ladenbauelemente zu integrieren. So gibt es Impressionen aus dem Kölner Stadtbild, wie den Eingangsbereich, der in Form eines Marktplatzes gestaltet wurde und an den historischen Neumarkt erinnern soll. Mit fünf gelben Gondeln im Treppenauge wurde ein Abbild der Kölner Seilbahn über den Rhein integriert, wobei zwei der Gondeln betreten werden können. Auch die bekannte Hohenzollernbrücke mit den vielen kleinen Vorhängeschlössern durfte nicht fehlen. Verantwortlich für die außergewöhnlichen Ladenbau-Ideen zeichnet die eigene Bauabteilung zusammen mit dem Planungsbüro Nom Nom Design. Mit Blick auf das Thema Aufenthaltsqualität wurden auf der zweiten Etage eine Chill-Out-Area mit Hängesesseln und Blick auf den Neumarkt etabliert – gleich neben dem modernisierten Café Buch & Bohne. Die Kinderwelt mit einem Spiel- und Kletterturm, der sich über zwei Etagen erstreckt und eine Rutsche, die vom zweiten ins erste Obergeschoss reicht, sollen die kleinen Besucher beschäftigen.
Für Veranstaltungen, die in der Buchhandlung einen wichtigen Platz einnehmen, wurde im Zuge des Umbaus eine größere Fläche geschaffen. Denn dank verschiebbarer Möbel kann ein Teil der Verkaufsfläche im zweiten Obergeschoss in einen Veranstaltungsraum mit etwa 250 Sitzplätzen verwandelt werden. Und als Neuheit gibt es einen Social Media Cube, also einen Glaswürfel, der mit modernster Video- und Tontechnik ausgestatteter ist. Hier sollen Content Creatoren und Influencer die Möglichkeit haben, in der Buchhandlung Social Media Content zu erstellen und live in ihre Kanäle zu übertragen. Ach ja, und Bücher in sehr großer Auswahl gibt es hier natürlich auch noch.