Expo Real Nachlese 2021

Große Freude über ein Stück Normalität

Rückkehr in die Münchener Messe-Hallen. Foto: Messe München

rv DÜSSELDORF. Am Ende war die Erleichterung der Messegesellschaft groß, dass der Neustart der Expo Real vom 11. bis 13. Oktober nach der Unterbrechung im Corona-Jahr 2020 unter Hygienebedingungen gelungen ist. 1 198 Aussteller aus 29 Ländern und über 19 200 Teilnehmer aus 52 Ländern waren zwar nur halb so viele Besucher wie in normalen Jahren, doch nach dem sechsmonatigen Shutdown bis in den Mai hinein war die Unsicherheit bei Messegesellschaften und Veranstaltern groß, ob Großveranstaltungen im Herbst wieder möglich sein würden.

Die Freude am Wiedersehen, am Informieren und Netzwerke pflegen bei der Expo Real 2021 in München sei spürbar groß gewesen, betont denn auch die Messe München in ihrem Schlussbericht. Aus Sicht von Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München, ist es vor allem wichtig, dass sich die internationale Messe durch diesen Neustart wieder als „Europas wichtigste Immobilienmesse“ bewiesen habe.

„Die Expo Real 2021 wird vielleicht als die wichtigste Messe der letzten Dekade in Erinnerung bleiben, weil sie allen Akteuren deutlich vor Augen geführt hat, dass die großen Zukunftsaufgaben – Klimawandel, Transformation, Digitalisierung – nur durch gemeinsame Kraftanstrengungen, quer durch alle Bereiche, bewältigt werden können“, sagt Fabian Hellbusch, Leiter Marketing und Kommunikation von Union Investment Real Estate. Aus seiner Sicht war es gut, dass die Branche in München „drei Tage lang Vertrauen auftanken konnte“.

Die hohen Erwartungen seien voll erfüllt worden, bekräftigt auch Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter der Aengevelt Immobilien. Auch wenn die Teilnehmerzahlen nicht so hoch waren wie im Jahr 2019 als laut Messegesellschaft 2 189 Aussteller aus 44 Ländern und 46 747 Teilnehmer aus 76 Länder kamen, so lobte Aengevelt, dass dafür diesmal die Dichte an Entscheidern und Führungskräften deutlich höher war und „mehr Zeit für intensive Fachgespräche“ blieb.

Und auch Constanze Römer, Projektleiterin des Standes Berlin-Brandenburg, war nach „den Monaten der coronabedingten Planungsunsicherheit froh“, den Mitausstellern und Partnern wieder eine Plattform für ihre Geschäfte bieten zu können und die lange vermisste Gesprächsatmosphäre zu genießen.

Die wichtigsten Länder, aus denen die Besucher und Aussteller nach München gekommen sind, waren allen voran Deutschland, gefolgt von Österreich, den Niederlanden, Großbritannien und Nordirland, Schweiz, Polen, Frankreich, die Tschechische Republik, Luxemburg, Spanien, Italien, Portugal, Rumänien und Serbien.

Kontroverse über die Entwicklung der Inflation

Zu den Top-Themen, die in den Messehallen und in den vielen Konferenzen diskutiert wurden, gehörten die Herausforderungen durch Corona, den Klimawandel, die Digitalisierung und die Frage, wie sich die Inflation und die Zinsen in der nächsten Zeit entwickeln werden. Und ob es eine Geldblase gibt. So machte Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, in ihrer Keynote zur Konferenz „Menschen, Märkte, Mutationen: Was die Pandemie verändert“, deutlich, dass die Expo 2021 gezeigt habe, „dass der deutsche Immobilienmarkt weiterhin hoch attraktiv ist und sogar der Corona-Krise weitgehend trotzen konnte“.

Dieser Trend wird aus ihrer Sicht so lange anhalten, wie die Zinsen so niedrig bleiben wie bisher. Denn aktuell gibt es kaum Alternativen zur Immobilienanlage. Den ersten Zinsschritt durch die Europäische Zentralbank (EZB) unter Präsidentin Christine Lagarde erwartet Traud für Ende 2023. Grund für diese zögerliche Haltung der Währungshüter in der Eurozone – trotz der hohen Inflationsrate – ist die Tatsache, dass Lagarde die Inflation für ein temporäres Phänomen hält, das durch Basiseffekte wie die Absenkung der Mehrwertsteuer in Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 und die Erholung der Wirtschaft nach dem Einbruch im Vorjahr, bedingt werde.

„Ob diese Einschätzung der EZB stimmt, werden wir aber erst Mitte nächsten Jahres sehen“, gibt Traud zu bedenken. Aus ihrer Sicht ist die aktuelle Inflation kein temporäres Problem. Zu den Gründen für den Preisauftrieb gehören die Lieferengpässe etwa bei Halbleitern, die schon zur Reduzierung der Autoproduktion geführt haben und dadurch zu einer erhöhten Nachfrage nach Gebrauchtwagen mit entsprechenden Preissteigerungen.

Ein weiteres Problem, das sich mittelfristig bei den Löhnen niederschlagen könnte, ist der Fachkräftemangel. Vor diesem Hintergrund erwartet die Helaba-Chefvolkswirtin mittelfristig einen Aufwärtstrend bei der Inflation. Die Stimmung am Markt hat sich aus ihrer Sicht drastisch gedreht. Wenn diese Einschätzung zutrifft, dürfte die EZB mit ihrer Geldpolitik im nächsten Sommer auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Immobilienblase oder keine Immobilienblase?

Mit der Frage, ob eine Geld- oder Immobilienblase im Anmarsch sei, befasste sich der Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, Holger Schmieding, in seinem Vortrag. Aus seiner Sicht sind steigende Immobilienpreise in einer wachsenden Wirtschaft nicht ungewöhnlich. Eine Immobilienblase sieht der Chefökonom weder für Deutschland noch generell für die westliche Welt. Laut Schmieding haben Sonderfaktoren die Preise im Jahr 2020 gedrückt und Sonderfaktoren treiben die Preise in diesem Jahr nach oben. Vergleiche man die aktuellen Preise mit dem Niveau von 2019 dann liege die Inflationsrate gerade einmal bei 1,9%. Der Chefvolkswirt ist überzeugt, dass sich die Preissteigerung künftig bei 2% einpendeln wird.

Das beurteilte Professor Ulrich Nack von der EBZ Business School in der anschließenden Diskussionsrunde anders: Mit den Worten, dass er nicht unbedingt ein Pessimist, aber ein Realist sei, machte er deutlich, dass er diese Einschätzung nicht teilt. Aus seiner Sicht stellt Corona einen riesigen Wendepunkt dar. Die Staatsverschuldung werde erheblich steigen. Ein Drittel der Schulden, die in den vergangenen 50 Jahren angehäuft wurden, seien im Rahmen der Pandemiebekämpfung entstanden. Das werde die Märkte beeinflussen. Professor Nack geht davon aus, dass die Inflationsrate langfristig steigen und die Einkommen entwerten wird. Das werde viel Frust bei der Bevölkerung erzeugen.

Ein weiteres zentrales Diskussionsthema in den Foren war im Herbst 2021, dass der Immobilienbranche beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zukommt. So machte Professor Matthias Garschagen vom Lehrstuhl für Anthropogeographie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, klar, dass eine umfassende Wende zum Klimaschutz ohne den Immobiliensektor gar nicht möglich sei. Gleichzeitig spiele der Sektor eine zentrale Rolle bei einer erfolgreichen Klimawandel-Anpassung beispielsweise beim Umgang mit der zunehmenden Hitze oder Starkregen in den Städten, gab er zu bedenken.