Investmentmarkt Logistik

Gestiegene Finanzierungskosten bleiben vorerst der bestimmende Faktor

Sale-and-Leaseback im Areal Böhler. Foto: Igedo/Gallery Shoes

Die Zeitenwende an den Finanzmärkten hat auch vor dem Markt für Industrie- und Logistikimmobilien keinen Halt gemacht. Nach einem Rekordergebnis von etwa 10 Mrd. Euro 2022, folgte im ersten Quartal 2023 ein drastischer Rückgang von über 70% gegenüber dem Vorjahresquartal. Beim Blick auf das Gesamtjahr rechnen die Immobilienberater eher im zweiten Halbjahr mit mehr Klarheit bei der Zinsentwicklung und wieder mehr Dynamik im Markt.

Einig sind sich die Immobilienberater, dass der Einbruch im Markt für Industrie- und Logistikimmobilien zu Jahresbeginn ganz erheblich ausgefallen ist. Weniger einig waren sie sich bei der Höhe des im ersten Quartal erzielten Transaktionsvolumens. CBRE liegt mit einem Volumen von 1,03 Mrd. Euro am oberen Ende der Bandbreite, gefolgt von JLL mit 970 Mio. Euro, BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) mit 951 Mio. Euro, Colliers mit 848 Mio. Euro, Cushman & Wakefield (C&W) mit 795 Mio. Euro und Savills mit gut 700 Mio. Euro.

Die eher optimistischen Einschätzungen der Experten für den Markt im Jahr 2023 haben sich zum Jahresstart damit fürs Erste nicht realisiert. Nach dem erfolgreichen Vorjahr hatten sie erwartet, dass Logistik- und Industrieimmobilien in der Gunst – vor allem der institutionellen Anleger – weit oben stehen werden, auch wenn ein Rekordergebnis angesichts der wirtschaftlichen Unwägbarkeiten und der neuen Zinslandschaft mit ihren Auswirkungen auf das Preisniveau nicht zu erwarten war. Auch die Einschätzung, dass der Markt im vergangenen Jahr unter der Bedingung, dass die Zinsen nicht weiter steigen, schon die Talsohle erreicht haben könnte, ist vor diesem Hintergrund nicht haltbar.

Denn dem rapiden Wandel auf den globalen Finanzmärkten in Kombination mit den aktuellen Unsicherheiten über die weitere Entwicklung auf den Nutzermärkten, der laut BNP Paribas Real Estate die Dynamik auf dem gewerblichen Investmentmarkt Anfang 2023 mit einem Minus beim Transaktionsvolumen von über 70% stark gedämpft hat, konnte sich auch die Asset-Klasse Logistik nicht entziehen – obwohl sie sich selbst in der jüngeren Vergangenheit immer noch als vergleichsweise krisenresistent erwiesen hatte.

Laut Colliers haben die veränderten Finanzierungskonditionen und die jüngsten Finanzmarktturbulenzen dazu geführt, dass die Zahl der Transaktionen und damit auch das Volumen die langjährigen Durchschnitte diesmal deutlich verfehlt haben. Bertrand Ehm, Director Industrial Investment bei Savills, macht vor allem das Ausbleiben von Transaktionen im Core-Segment für das geringe Transaktionsvolumen verantwortlich: „Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern liegen hier mitunter noch immer deutlich voneinander entfernt und der von Verkäufern erwartete Preis rechnet sich für die Käufer mit dem aktuellen Zinsniveau und deren Renditeanforderungen oft nicht“, lautet seine Erklärung.

Wenige Transaktionen im Core-Segment

Diese geringe Zahl von Transaktionen im Core-Segment führt laut Ehm aber auch dazu, dass die Aussagekraft von Spitzenrenditen derzeit nur wenig belastbar ist. Der Immobilienberater benennt deshalb für die Nettoanfangsrenditen eine Spanne, die mit 3,7 bis 4,1% auf dem Niveau des Vorquartals liegt. Laut CBRE ist der Anteil der gehandelten Objekte aus dem Core-Segment im ersten Quartal um 20 Prozentpunkte auf 41% gesunken, während Value-Add-Investments um acht Prozentpunkte auf 22% und opportunistische Anlagen um 11 Prozentpunkte auf 19% zulegten. Und auch der Anteil der klassischen Logistikimmobilien am Transaktionsvolumen sank im Vorjahresvergleich um 85% auf einen Anteil von 50%.

Die beiden größten Transaktionen und die einzigen im dreistelligen Millionenbereich waren laut Savills Gewerbeparks, deren Anteil sich von 10% auf mehr als ein Drittel des Transaktionsvolumens erhöhte. Nach den Worten von Panajotis Aspiotis, Managing Director und Chief Commercial Officer bei Savills Germany, sind sowohl bei Nutzern als auch bei Anlegern vor allem Gewerbeparks mit qualitativ guten und flexiblen Büro-, Hallen- und Light-Industrial-Flächen gefragt.

Als Beispiel für den stärkeren Trend zu Sale-and-Leaseback-Transaktionen nennt Savills den Verkauf des Areal Böhler in Düsseldorf, das zum Teil vom Verkäufer Voestalpine zurückgemietet wird. Jede fünfte Transaktion war im ersten Quartal eine Sale-ans-Leaseback-Konstruktion. Früher lag der Anteil bei lediglich 10%. Der Immobilienberater geht davon aus, dass sich Unternehmen so die im Zuge der konjunkturellen Abkühlung „dringend benötigte Liquiditätsspielräume“ verschaffen. Als Käufer traten durchweg Fondsmanager aus Deutschland auf.

Wie Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, beobachtet, nutzen vor allem „Eigennutzer, bei denen der Immobilienbesitz für das eigene Geschäftsmodell nicht elementar ist, ihr Eigentum nun als alternative Finanzierungsquelle“. Dadurch erhöhte sich der Anteil der Unternehmensimmobilien am Investitionsvolumen gemessen am Vorjahresquartal laut CBRE um 32 Prozentpunkte auf 43% und Produktionsareale erreichten den größten Anteil am Transaktionsvolumen.

Starker Trend zu Sale-and Leaseback

Beim Blick auf die nächsten Monate geht der Immobilienberater BNPPRE davon aus, dass „die gestiegenen Finanzierungskosten weiterhin das bestimmende Thema auf dem Logistik-Investmentmarkt“ bleiben werden, nachdem die Notenbanken die Leitzinsen im ersten Quartal erneut angehoben hatten. Vor allem die hohe Kerninflationsrate lässt erwarten, dass die Zentralbanken in ihrem Kampf gegen die Teuerungen so schnell nicht nachlassen können. Vor diesem Hintergrund registrierte BNPPRE bei den Netto-Spitzenrenditen seit Jahresbeginn einen Anstieg um weitere 10 Basispunkte auf durchschnittlich 3,95% in den A-Städten und 4,15% in Leipzig.

Einen Anstieg um 10 Basispunkte registrierte auch Colliers bei den Bruttospitzenrenditen im Vergleich zum Vorquartal auf 4,40% für Core-Logistikimmobilien mit einer Fläche von über 3 000 qm, weist aber auch darauf hin, dass die geringe Gesamtanzahl an Transaktionen „die Ermittlung marktkonformer Renditen erschwert“.

Beim Blick auf die weitere Marktentwicklung im Jahresverlauf geht Christoper Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, davon aus, dass in den nächsten Monaten weitere Zinsschritte durch die Notenbanken nicht auszuschließen sind, sodass das Transaktionsgeschehen auch im zweiten Quartal gehemmt bleibe. Mit einem nachhaltigen Abschluss der Preisfindungsphase und wachsender Marktdynamik rechnet er erst, wenn die Marktakteure sicher sind, dass der Zinsgipfel erreicht ist.

Laut Bertrand Ehm müssen sich die Buchwerte der Immobilien möglichst schnell an das aktuelle Kapitalmarktumfeld anpassen, damit sich die Verkäufer in ihren Preisvorstellungen dem „Sweet Spot“ der Käufer nähern könnten – „so wie es in Großbritannien bereits der Fall ist, wo die Spitzenrenditen schon auf ein Niveau von deutlich über 5% gestiegen sind“.

Zu den positiven Aspekten zählt Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics bei Colliers, dass der Industrie- und Logistikimmobilienmarkt auf der Vermietungsseite eine hohe Mietwachstumsrate von 13% im Durchschnitt der TOP-8-Standorte aufweist. Deshalb hätten sich Logistikimmobilien als idealer Inflationsschutz erwiesen, „da das Mietwachstum seit vielen Jahren über der Inflation liegt“. Zudem dürfte aus seiner Sicht eine nachlassende Flächennachfrage kompensiert werden durch eine reduzierte Pipeline und geringen Leerstand.

Auch Kai Oulds, Head of Logistics Investment bei CBRE in Deutschland, geht davon aus, dass der Investmentmarkt im Jahresverlauf wieder an Dynamik gewinnen wird, da die Nutzernachfrage nach qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Logistikimmobilien groß ist und Politik sowie Wirtschaft, bestrebt sind, Produktion und Lagerhaltung wieder stärker zurück nach Deutschland zu holen. Das steigert den Bedarf. Ein Rekordergebnis wie 2022 erwartet er allerdings nicht.