Luxusmarkt

Geringere Taktzahl bei der Expansion

China ist derzeit der angesagte Markt für Luxusmarken. Bild: Fotolia

rv DÜSSELDORF. Der Markt für Luxusmarken ist bei Krisen zwar widerstandsfähiger als das „konsumige“ Segment, doch die massiven Reisebeschränkungen während der Pandemie haben auch hier Spuren hinterlassen. Ablesen lässt sich das etwa daran, dass die Branche die Taktzahl bei der Eröffnung neuer Filialen zwischen 2019 und 2021 zurückgenommen hat, wie Savills unter Berufung auf seinen aktuellen Global Luxury Retail Report berichtet.

So sank der Anteil der in Europa eröffneten Luxusstores im weltweiten Vergleich von 35% auf 14%. Das ist der größte Rückgang aller von Savills untersuchten Regionen. Das zeigt die große Bedeutung internationaler Touristen für den Luxusgütermarkt, vor allem aber das Fehlen der chinesischen Konsumenten, das beispielsweise in Europa stark ins Gewicht fällt. Dass diese Klientel unter den widrigen Umständen der Pandemie ihr Geld für Luxusgüter nun vermehrt im Heimatmarkt ausgibt, zeigt im Umkehrschluss der Blick auf die Neueröffnungen der Luxusmarken in China.

Hier erhöhte sich der Anteil der neu eröffneten Luxus-Läden im weltweiten Vergleich auf 55% – nicht zuletzt auch deshalb, weil im Land die Ausgaben für Luxusmarken laut Nick Bradstreet, Head of Asia Pacific Retail, stark gestiegen sind. Nach Feststellung des Beratungsunternehmens Bain & Company entfielen 21% aller weltweiten Ausgaben für persönliche Luxusgüter auf China. Bradstreet sieht dahinter auch eine Reihe von politisch gesteuerten Maßnahmen wie beispielsweise die Ausweitung des Duty-free-Geschäfts. Chancen sieht er deshalb etwa für Hainan, weil zu erwarten ist, dass die Insel 2025 in einen Free-Trade-Hafen umgewandelt wird. Eröffnet wurden auch Luxus-Läden in prominenten Ski-Gebieten wie beispielsweise von Fendi in Changbaishan und Burberry in Songhua Lake. Auch 2022 erwarten die Experten von Savills ein lebhaftes Geschäft in China.

Ein weiterer struktureller Aspekt für die Verlangsamung der Filialeröffnungen in Europa ist laut Savills die Tatsache, dass das Netz an Luxus-Läden schon relativ eng geknüpft ist, so dass wenig Raum für weitere Läden in den angesagten Luxus-Lagen bleibt – anders als in China, wo auch B-Städte – sogenannte „Secondary Cities“ – immer bedeutsamer werden. Deshalb verzeichnete der chinesische Markt unter den großen Märkten auch als einziger eine deutliche Erhöhung seines Anteils an den Neueröffnungen. Daneben verzeichnete nur noch Australien ein Plus, allerdings im bescheidenen Rahmen von 3%.

Alle übrigen namhaften Regionen verzeichneten entweder Gleichstand wie Lateinamerika und der Mittlere Osten oder einen Rückgang wie in Nordamerika von 25% auf 14% oder die Region Asien ohne China von 10%. Beim Blick auf das Jahr 2022 gehen die Experten von Savills davon aus, dass sich die Zahl der Neueröffnungen in den großen Märkten weiter abschwächen wird, während die Expansion in Ländern mit einem großen Binnenmarkt wie in China und in den USA vorangetrieben wird.

Luxusmarken kehren Shopping Malls den Rücken

In den USA (Foto: DSI) hatten steigende Ausgaben in diesem Segment und der direkte Verkauf an die Verbraucher den Markt bereits 2021 beflügelt. Das habe die Eröffnung neuer Läden erleichtert, schreibt Savills. Anders als in früheren Jahren suchen die Luxusmarken ihre neuen Standorte wegen des seit 2014 bestehenden Mall-Exodus jedoch bevorzugt außerhalb der großen Shopping-Center – auch wenn sich deren Niedergang abschwächt – und gehen nun in Highstreets, Open-Air-Shopping-Center oder in kleineren Vorstadt-Center. Die Luxusanbieter gehören laut Savills zu den Branchen, die den großen Malls den Rücken kehren. Dagegen sind angesagte Ski-Orte wie Aspen für die Branche sehr interessant.

Dass es gerade 2022 mit der Ausbreitung von Corona in China und dem Ukraine-Krieg weiterhin auch für die Luxusbranche einige Herausforderungen gibt, daraus will Marie Hickey, Director Commercial Research bei Savills keinen Hehl machen: „In der ersten Jahreshälfte 2022 könnte es weniger Expansionsbestrebungen geben, wobei potenzielle Lockdowns in China wahrscheinlich ebenso eine Rolle spielen werden wie die steigende Inflation und ihre Auswirkungen auf das globale Wirtschaftswachstum.“ Auch könnte die aktuelle geopolitische Unsicherheit in einigen Fällen das Vertrauen in neue Geschäfte schmälern. Dennoch ist Hickey überzeugt, „dass der mittelfristige Ausblick positiv bleiben wird“.

So sieht die Studie etwa noch Wachstumsperspektiven im Nahen Osten, wo der Anteil an den Gesamteröffnungen zuletzt nur bei 3% lag. „Viele Luxusmarken wurden hier bisher als Mono-Label-Stores von Franchise-Nehmern vertreten, gesetzliche Regularien erschwerten zudem die Expansion“, berichtet der Immobilien-Berater: Mit zunehmender politischer Öffnung sei bei den Luxusunternehmen jedoch das Interesse an der Region gewachsen, vor allem an Städten mit hoher Kaufkraft wie Dubai oder Riad.

Neue Chancen im Nahen Osten

Neben der bevorzugten Expansion in großen Märkten wie China und USA beeinflussen laut Savills drei weitere Trends die Expansion der Luxusmarken bei der Wahl neuer Standorte. Zum einen spielen die ESG-Kriterien eine größere Rolle, so dass die Vermieter vermehrt auf die ökologische Performance ihrer Gebäude achten müssen. Zum andern gewinnt auch hier die Verbindung des realen Stores mit dem Online-Shop, also die Verknüpfung von Online und Offline, an Bedeutung, weil Omnichannel den Verkauf fördert.

Dabei dient das reale Geschäft dazu, die Produkte zu präsentieren und das Erlebnis des Luxus-Einkaufs zu vermitteln. Einige Anbieter nutzten die Stores während der Pandemie aber auch als Plattform für Live Stream Shopping Events oder sie rüsteten sie für ihren Social Media Auftritt. Aber auch mit dem Thema „Metaverse“, der Verbindung von virtueller und realer Welt, befasst sich die Branche verstärkt.

Der dritte Trend betrifft die Vermarktung, denn die Unternehmen setzen vermehrt auf den direkten Verkauf ihrer Produkte an den Endkunden. Gleichzeitig wird der Vertrieb über den Großhandel zurückgefahren. So ging der Anteil des Großhandels am Umsatz laut Bain & Company von 72% im Jahr 2010 auf 51% im Jahr 2021 zurück. Im Umkehrschluss werden die Luxusanbieter auch in Zukunft den Verkauf über eigene Mono-Label-Stores und eigene Online-Shops vorantreiben.

Der Blick auf die großen Spieler im Luxusgütermarkt zeigt, dass mit etablierten Namen wie LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton, Kering und Compagnie Financière Richemont drei Konzerne den Weltmarkt für Luxusgüter mit einem Anteil von 41% an den Filialeröffnungen dominierten. Durch die Übernahme weiterer Marken haben sie ihren Marktanteil auf 33% steigern können. Laut Savills deuten die verstärkten Fusions- und Übernahmeaktivitäten dieser Konzerne in den vergangenen 12 bis 18 Monaten darauf hin, dass sie ihr Filialnetz ausweiten und ihre Dominanz auf dem Markt weiter ausbauen werden.