Factory Outlet Center im Vergleich

FOC lukrativer als Läden und Online-Shops

Die Bicester Village wurde als einzig mit der Bestnote 1,0 bewertet. Foto: Value Retail Management

Für das Gros der europäischen Markenhersteller aus dem Mode-Segment ist Deutschland mit Abstand der gefragteste Zielmarkt, wenn es um die Eröffnung neuer Stores in einem Designer oder Factory Outlet Center geht. Gegenüber 2018 ist das Interesse, in den nächsten drei Jahren hierzulande einen Outlet Store zu eröffnen, sogar nochmals leicht auf 59,1% der Befragten gestiegen. Erst mit deutlichem Abstand folgen Frankreich und die Niederlande, die für jeweils 27,3% der Befragten als begehrte Expansionsziele gleichauf liegen.

Dieses große Interesse am deutschen Markt dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass die Verkaufsflächendichte mit einem Netz aus 15 Outlet Center und 2,9 qm je 1 000 Einwohner im europäischen Vergleich noch gering ist. Zum Vergleich: Im gut ausgestatteten Großbritannien mit seinen 37 Outlet Malls liegt sie bei 8,3 qm je 1 000 Einwohner und in der Schweiz bei 9,1 qm. Ob und wie schnell das Netz hierzulande weiter ausgebaut wird und die internationalen Markenhersteller zum Zuge kommen, dürfte auch maßgeblich von der Genehmigungspraxis abhängen, die in Deutschland sehr restriktiv ist.

Neben Deutschland und Frankreich mit seinen 23 Outlet Malls sind zuletzt auch die Niederlande stärker in den Fokus der Markenhersteller gerückt, wie das Wiesbadener Beratungsunternehmen Ecostra in seinem jüngsten Outlet Centre Performance Report Europe berichtet. Die seit 2008 jährlich erscheinende Studie von Ecostra in Kooperation mit dem französischen Forschungsunternehmen Magdus basiert auf der Befragung von insgesamt 76 internationalen Markenherstellern mit 120 Marken, die zusammen 1 330 Outlet Stores in europäischen Factory resp. Designer Outlet Center (FOC/DOC) betreiben.

In diesem Jahr wollen die befragten Hersteller ihr Filialnetz weiter ausbauen und im Durchschnitt 3,3 neue Outlet Stores eröffnen, wobei laut Report die expansivste Marke gleich 20 neue Standorte plant. Wie groß das Interesse an dieser Form des Fabrikverkaufs ist, zeigt der Vergleich mit dem Jahr 2018. Damals lag die Zahl der Stores in europäischen Outlet Malls mit 1 201 Stores noch um einiges niedriger.

Für die Markenanbieter ist dieser Absatzkanal – abgesehen davon, dass er notwendig ist, um kontrolliert überschüssige Markenware zu verkaufen – sehr lukrativ, wie der Ecostra-Report wieder zeigte: „Aus Sicht der Markenhersteller performen die Outlet Stores weiterhin nicht nur deutlich besser als die eigenen Standorte in den innerstädtischen Geschäftsstraßen sowie die eigenen Online-Stores“, heißt es hier: „Der Abstand hat sich im vergangenen Jahr sogar nochmals etwas vergrößert.“

Das wirtschaftlich erfolgreichste Outlet Center

Doch auch wenn Outlet Stores für die Hersteller der profitabelste Vertriebskanal sind, so darf nicht vergessen werden, dass das gesamte Absatzvolumen dieses Segments gegenüber dem Einzel- und dem Großhandelsumsatz relativ gering ist. In Deutschland liegt der Marktanteil der Outlet-Center am gesamten hiesigen Modemarkt laut Ecostra erst bei etwa 2,3% und könnte auf 5% steigen, wenn die FOC-Fläche hierzulande durch Neuansiedlungen oder Erweiterungen in etwa an den europäischen Durchschnitt angeglichen würden. Es bleibt ein Nischenmarkt – auch wenn er lukrativ ist für Markenhersteller, Investoren und Betreiber.

Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Outlet Malls. Ein Selbstläufer sind auch die Fabrikverkaufszentren nicht wie der Outlet Centre Performance Report Europe in seiner Übersicht über die wirtschaftlich erfolgreichsten europäischen Outlet Malls zeigt. Zum wirtschaftlich erfolgreichsten Outlet Center Europas wurde in diesem Jahr die 1995 eröffnete Bicester Village in der gleichnamigen Kleinstadt Bicester mit knapp 33 000 Einwohnern in der britischen Grafschaft Oxfordshire, gewählt. Laut Ecostra gehört die Outlet Mall vom Betreiber Value RetailManagement „neben dem Tower in London, Oxford und Stonehenge zu den meistbesuchten Touristenattraktionen des Vereinigten Königreichs“, die sich zum Pflichtprogramm vor allem für asiatische Touristen entwickelt habe. Bereits im ersten Ecostra-Report 2008 hatte sie den Spitzenplatz belegt und dann nochmals 2010 und 2013. Damit löst die Bicester Village den deutschen Vorjahressieger Outletcity Metzingen ab, der sich aus dem Fabrikverkaufszentrum von Hugo Boss weiterentwickelt hatte. In diesem Jahr steht die Outletcity als beste deutsche mit der Note 1,95 auf Platz 7.

Trotz der Serienerfolge war der Sieg der Bicester Village 2019 ganz besonders, wie der Ecostra-Geschäftsführer Joachim Will hervorhebt: „Bei der aktuellen Mieterbefragung erzielt Bicester Village sogar als erstes Center überhaupt die mögliche Höchstbewertung.“ Alle befragten Mieter hätten der Outlet Mall auf die Frage nach den wirtschaftlichen Erträgen ihrer Stores ein „sehr gut“ gegeben. Das habe es noch bei keiner Untersuchung gegeben. Bei der Bewertung gibt das die glatte Note 1,0. An dieser großen Zufriedenheit mit den Umsätzen kann offensichtlich auch die Tatsache nichts ändern, dass die Mieten in der Outlet Mall hoch sind. Allerdings spricht die Flächenproduktivität, die der Investmentfonds Hammerson, der direkt und indirekt mit 50% an der Village beteiligt ist, in einem seiner letzten Geschäftsberichte mit durchschnittliche 40 000 Euro je qm bezifferte, für sich.

Das Thema „Brexit“ spielt kaum eine Rolle

Mit Blick auf solche Erfolge ist es auch nicht überraschend, dass das Thema „Brexit“ bei der Expansion der Markenhersteller kaum als Problem gesehen wird. Den 20% der Befragten, die ihn als Problem betrachten, stehen die 40% gegenüber, die darin kein Problem erkennen. 16% der Befragten wollten sich zu dem Thema nicht äußern.

Auf dem zweiten Platz der wirtschaftliche erfolgreichsten europäischen Outlet Malls findet sich in diesem Jahr das DOC im niederländischen Roermond vom Betreiber McArthur Glen, das mit seiner Nähe zur deutschen Grenze zweifellos stark von hiesigen Besuchern profitiert. Auch Roermond findet sich immer wieder auf dem Spitzenplatz. Auf dem dritten Platz stand 2019 La Roca Village, nördlich von Barcelona, das gleichfalls von Retail Value betrieben wird. Mit der „Ingolstadt Village“ bei München auf Platz 11 und „Las Rozas Village“ bei Madrid auf Platz 18 war Value Retail mit weiteren Objekten unter den Top 20 verterten. Aus deutscher Sicht ist noch das Fashion Outlet in Zweibrücken mit der Note 2,12 auf Platz 15 zu erwähnen.

Als Überraschung des Jahres hat der Report das französische Honfleur Normandy Outlet an der Mündung der Seine im Süden der Stadt Le Havre, identifiziert, das mit nur 12 000 qm GLA – gegen den allgemeinen Trend bei Neulingen - vom Start im November 2017 weg erfolgreich war und von den Mietern auf Platz 8 gewählt wurde. Ein Wachstum von 11% bei den Besuchern und von 23% beim Umsatz sprechen für sich und ermutigen den Entwickler Advantail, die Outlet Mall deutlich zu erweitern.

Ein Urteil haben die Mieter auch über die Betreiber abgegeben und den europäischen Marktführer McArthur Glen, der in Westeuropa 23 Outlet Malls betreibt und weitere fünf in der Pipeline hat, als leistungsstärksten Betreiber in Europa gekürt. Auf Platz zwei folgt laut Report mit der Holy AG der Betreiber der Outletcity Metzingen und auf drei der Betreiber Value Retail Management.