Das Interview

Es gibt Mieter, die weiterhin expandieren

Foto: HBB

Im Gespräch mit dem Handelsimmobilien Report äußert sich André Stromeyer, Geschäftsführer der HBB Centermanagement GmbH & Co. KG, über die Zusammenarbeit mit der jüngst übernommenen Facility Systems sowie über die neuen Herausforderungen für die Shopping-Center-Szene und das Vermietungsgeschäft nach Corona.

Handelsimmobilien Report:Die HBB Centermanagement hat im Mai die Firma Facility Systems übernommen. Wie verliefen die ersten Monate?

André Stromeyer: In den ersten Monaten ging es erst einmal darum, dass sich beide Firmen und die handelnden Personen besser kennenlernen und wir mögliche Synergien und neue Leistungen für derzeitige und potenzielle Auftraggeber erarbeiten. Beide Firmen passen von der Philosophie her sehr gut zusammen. Auch Facility Systems war ja ursprünglich ein inhabergeführtes Unternehmen. Wir haben die Art und Weise der Zusammenarbeit untereinander abgestimmt und definiert.

HIR:Gibt es bereits erste gemeinsame Projekte?

Stromeyer: Wir hatten bereits die ersten Gespräche mit Auftraggebern von Facility Systems, in welchen wir über das neue gesamtheitliche Leistungsangebot gesprochen haben. Dabei haben sich dann auch gleich die ersten Aufträge für die HBB Centermanagement im Bereich Vermietung ergeben. Und Gespräche für weitere Aufträge im Bereich Vermietung und für die Beauftragung von Umstrukturierungsleistungen von diversen Objekten laufen auch bereits.

HIR: Wie sieht es mit dem Wachstum bei der HBB Centermanagement generell aus?

Stromeyer: Wir haben in den vergangenen 10 Jahren eine tolle Erfolgsgeschichte geschrieben. Die HBB Centermanagement ist ja 2012 mit der Eröffnung des City Center Langenhagen gestartet. Seitdem sind zahlreihe Einkaufszentren von unterschiedlichen Eigentümern – vom Family Office bis zu großen Fonds – in unser Portfolio gekommen. Neben Einzelhandelsimmobilien managen wir auch noch Büroimmobilien, Pflegeheime, Hotels und Wohnungen. Insgesamt haben wir (gemeinsam mit Facility Systems) mittlerweile über 2 Mio. qm Mietfläche „under Management“ und sind weiter auf einem guten Wachstumskurs.

So haben wir im Juli das Management für das Nord West Zentrum in Frankfurt übernommen. Ein sehr spannendes Objekt mit unterschiedlichen Assetklassen und vielen Möglichkeiten. Zudem führen wir mit verschiedenen Immobilienbesitzern Gespräche. Im Zentrum steht die Frage, wie die strukturellen Herausforderungen in den jeweiligen Objekten gelöst werden können.

Unsere Expertise aus dem Bereich Projektentwicklung und Umstrukturierung von Centern und Geschäftshäusern ist derzeit sehr gefragt. Es geht bei vielen Objekten um eine grundlegende Umstrukturierung und Neupositionierung, nicht darum einfach nur ein paar Flächen zu vermieten und das Marketing etwas anders aufzustellen. Es geht um tiefgreifende Veränderungen und darum, wie Objekte zukunftsfähig und nachhaltig am Markt aufgestellt werden können.

HIR:Die schlimmsten Corona-Jahre dürften wohl hinter Einzelhandel und Handelsimmobilienbranche liegen. Können Sie in den Shopping-Centern schon eine Erholung erkennen?

Stromeyer: Wir hatten nach knapp zwei Jahren Ausnahmezustand im Februar ja alle gehofft, dass bald das Frühjahr kommt, sich die „Corona-Situation“ wieder beruhigt und es dann wieder mehr ins normale Fahrwasser geht. Dann kam der 24. Februar mit all seinen schrecklichen Folgen für die Ukraine. Dieses Ereignis und seine Folgen, auch für Deutschland, hat natürlich Auswirkungen auf die Konsumentenstimmung.

Zum Glück haben wir aber im Frühjahr und Sommer eine Erholung der Frequenzen gesehen und auch die Umsätze haben sich bei den meisten Mietern sehr positiv entwickelt. Wie sich die nächsten Monate entwickeln werden, müssen wir abwarten.

HIR:Würden Sie dennoch einen vorsichtigen Blick in die nähere Zukunft werfen?

Stromeyer: Wir alle können ja sehen, dass die Preise in vielen Bereichen gestiegen sind. Das bedeutet auch, dass das für Konsum zur Verfügung stehende Budget gezielter eingesetzt wird. So etwas wie das klassische Bummeln ist weniger geworden. Die Kunden und Kundinnen kaufen dafür eher gezielt ein. Zudem werden viele ja erst im nächsten Jahr auf der Nebenkostenabrechnung sehen, wie viel sie die extrem hohen Energiepreise kosten.

Ich hoffe trotzdem auf ein gutes Herbst- und vor allem Weihnachtsgeschäft. Das wäre auch für viele Händler wichtig, die schon auf Grund der Corona-Zeit kein besonders großes finanzielles Polster mehr haben.

HIR:Wie verläuft in diesem schwierigen Umfeld das Vermietungsgeschäft? Wer hat noch Interesse an Expansion?

Stromeyer: Die Gesamtlage ist uneinheitlich. Viele Firmen haben noch mit den Corona-Nachwirkungen zu kämpfen und teilweise mussten die Unternehmen in diesem Jahr staatliche Unterstützungen zurückzahlen oder haben Kredite aufgenommen, die bedient werden müssen. Manche Händler würden gerne Läden eröffnen, bekommen auf Grund der gestörten Lieferketten aber keine Ware. Auch das Thema Personalmangel wird bei manchen zur Expansionsbremse. Und auch bei den Mietern steigen die Kosten für Energie und Personal, und auch der Ladenbau verteuert sich.

Es gibt aber Mieter und Konzepte, die weiterhin expansiv sind. So läuft das Thema Sport und Sneaker weiterhin gut und selbst Konzepte aus dem Bereich Textilien mieten wieder vermehrt Flächen. Auch Hartwarendiscounter expandieren. Outlet-Konzepte sind bei den Kunden sehr gefragt und wollen neue Stores eröffnen. Zudem ist die Nahversorgung weiter auf Standortsuche. Hinzu kommen neue Konzepte aus dem Ausland und Gastronomie-Konzepte suchen Standorte. Auch das Thema „Möbel“ findet sich mittlerweile stärker in den Einkaufszentren wieder.

HIR:Was machen Sie in dieser Situation?

Stromeyer: Um neue und individuelle Mieter zu gewinnen, haben wir ein internes Team gebildet, das sich mit neuen Konzepten aus dem Ausland beschäftigt und das diese für den deutschen Markt und natürlich für unsere Center begeistern soll. Weiterhin ist unser Vermietungsteam in den regionalen Märkten laufend auf Mieterakquise unterwegs und wir fördern und entwickeln auch Existenzgründer. Auch laufen Gespräche mit Onlinehändlern für stationäre Flächen. Ein weiteres Thema, mit dem wir uns intensiv beschäftigen, ist der Bereich Entertainment. Auch hier kümmert sich ein Team um Konzepte wie VR, E-Sports, Social Media-Museen und viele weitere innovative Konzepte. Hier gibt es noch viele Anbieter, die derzeit Mietverträge unterschreiben.

HIR:Welche besonderen Herausforderungen gibt es im Centermanagement?

Stromeyer: Insbesondre das Thema Energieeinsparung wird uns in den die nächsten Wochen und Monaten beschäftigen. Mit dem Thema Öffnungszeiten auf Grund von Personalmangel bei Mietern müssen wir uns verstärkt befassen. Das Coaching und die Unterstützung von Einzelbetreibern werden intensiver. Gute und passende Mitarbeitende für unsere Zentrale und unsere Center zu finden, ist nicht mehr so einfach. Daher investieren wir viel in die Aus- und Weiterbildung von Personal.

Auch müssen wir bei den anstehenden Umbauten schauen, dass wir die Maßnahmen trotz der steigenden Baukosten wirtschaftlich gerechnet bekommen. Und natürlich müssen die Center für die Zukunft aufgestellt werden, mit dem richtigen Branchen- und Mietermix, der auf das jeweilige Objekt zugeschnitten ist, aus Handel, Gastronomie, Entertainment und Service/Dienstleistungen.

HIR:Welcher „Typus“ unter den Shopping-Centern schlägt sich derzeit am besten? Gibt es ein Beispiel?

Stromeyer: Center mit einer starken Nahversorgungsfunktion haben auch während der Hochphase von Corona besser performt, als Center in Großstädten. Stadteil-Center und Center mit einer starken regionalen Verankerung haben sich gleich nach dem letzten Lockdown wieder gut entwickelt. Ein Beispiel dafür ist unser Forum Hanau, das wieder sehr schnell das Vor-Corona-Niveau erreichte. Für die Center in den Großstädten ist es wichtig, dass die Touristen zurückgekommen sind und die Angestellten aus den umliegenden Büros aus dem Homeoffice zurück sind. Denn diese kaufen vor Dienstbeginn noch einen Kaffee, gehen im Center Mittagessen und kaufen nach der Arbeit noch was ein.

Es ist sicherlich so, dass Center, die kurz vor Corona eröffnet haben, in der Markteinführung länger brauchen. Teilweise konnte die Markteinführung erst nach Aufhebung der Corona-Maßnahmen so richtig beginnen. Neue Standorte konnten für einige Monate nicht ihr „volles Potential zeigen“. Shops waren geschlossen oder durften nur eine bestimmte Zahl von Kunden reinlassen und wenn z.B. die Sitzflächen abgesperrt sind (auch in der Gastronomie), entsteht in den Centern keine Verweilqualität, sodass die Besucher nur schnell einkaufen und wieder verschwinden. Mit dem Third Place-Ansatz hatte das wenig zu tun.