Irebs-Studie German Debt Project 2020

Erneuter Dämpfer nach einer kurzen Erholung

Foto: EZB

rv DÜSSELDORF. Während die Kreditinstitute insgesamt vorsichtiger agieren, setzten einige Akteure offenbar darauf, dass die Wettbewerbsintensität in der aktuellen Sondersituation geringer ist und erzielten höhere Margen. Um einige Asset-Klassen machen die Banken aber einen Bogen.

„Insgesamt bedeutet die Pandemie sicherlich einen kräftigen Dämpfer, wahrscheinlich sogar eine Zäsur für die Immobilienfinanzierungsbranche“, urteilt Professor Tobias Just, Geschäftsführer der Irebs Immobilienakademie und einer der beiden Autoren der Irebs-Studie German Debt Project 2020: „Doch bisher zeichnet sich für die Banken kein Krisenszenario ab.“

Nachdem das Neugeschäft der gewerbeimmobilienfinanzierenden Banken im Vorjahr – nach den beiden rückläufigen Jahren 2017 und 2018 – wieder mit zweistelliger Rate (+10,6%) gewachsen ist, rechnen die befragten Banken für 2020 wieder mit einem deutlichen Rückgang. Dabei ist die Bandbreite der Wachstumsaussichten bei den 24 befragten Banken mit einem Zielkreditvolumen von 212 Mrd. Euro sehr groß, da sie auch sehr unterschiedlich auf die Pandemie-bedingte Sondersituation reagiert haben: Die Schätzungen über die Entwicklung des eigenen Neugeschäfts reichen von -50% bis zu +20%.

Die Autoren der Irebs-Studie schließen daraus, dass einige Marktakteure sich in dieser Sondersituation die Tatsache zunutze machen wollen, dass die Wettbewerbsintensität derzeit geringer ist. Denn die Kreditinstitute agieren tendenziell vorsichtiger. Das gilt insbesondere für den Zugang zu Finanzierungen von Hotels, deren Geschäft stark unter den aktuellen Beschränkungen und dem rückläufigen Reisegeschäft leidet und von Retail Assets für den Non-Food-Einzelhandel, der vor allem unter den Folgen der Zwangsschließung leidet. Bei Handelsimmobilien mit Schwerpunkt Lebensmittel sieht das anders aus.

Zunehmend rechnen Banken laut Studie aber auch mit Nachfrageeinbußen bei Büroimmobilien und werden bei der Finanzierung vorsichtiger. Denn die Praxis, die Mitarbeiter ganz oder phasenweise ins Homeoffice zu schicken einerseits und die Unklarheit über die Entwicklung des Arbeitsmarkts andererseits, die aktuell durch das Kurzarbeitergeld überzeichnet wird, macht es schwer, den künftigen Bedarf an Büroflächen einzuschätzen. Die Erwartungen der Bankenvertreter reichten von der Einschätzung, dass die Büroflächennachfrage um bis zu 30% sinken könnte bis zu der Erwartung, dass sie um +20% steigen werde.

Als unproblematisch bzw. als „Stabilitätsanker in der Krise“ stufen die Banken die Logistikfinanzierung ein, die derzeit auch vom eCommerce angetrieben wird sowie Wohnungsfinanzierungen. In diesen Bereichen wurde das Neugeschäft eher ausgeweitet. Die Irebs-Studie German Debt Project wurde vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Real Capital Analytics initiiert und vom Verband deutscher Pfandbriefbanken (VdP) unterstützt.

Während die Margen bei der Finanzierung von einfachen Standard-Wohnungen unter Druck standen, konnten die Bruttomargen im gewerblichen Bereich durch die Finanzierung von Projektentwicklungen in den vergangenen Jahren gehalten werden. Beim Blick auf das laufende Jahr identifizieren die Forscher 2020 jedoch zwei sehr unterschiedliche Jahreshälften: in der ersten Hälfte haben sich die Margen demnach sprunghaft ausgeweitet, während sie in der zweiten Jahreshälfte wieder in die Richtung des Vorjahresniveaus zu sinken begannen.

Das ist mit Blick auf den Shutdown im März und April nicht überraschend. Denn in der Lockdown-Phase kam es laut Studie zu einem starken Rückgang bei den Transaktionen und für einige, besonders hart betroffene Marktsegmente wie Hotels und Teile des Nonfood-Handels „wurden Finanzierungen nicht mehr oder nur zu sehr viel schlechteren Konditionen angeboten“. So kam es während der Zwangsschließungen teilweise zu heftigen Margensprüngen um „mehrere Dutzend Basispunkte“ (Studie) und in einigen Teilmärkten trockneten die Finanzierungen vollständig aus.

Mit den Lockerungen hat sich das Transaktionsgeschäft wieder deutlich belebt, wobei  Wohnungen und Logistikimmobilien im Fokus bleiben. Die Margen laufen durch den steigenden Wettbewerbsdruck „wieder nach innen, bleiben jedoch bis zuletzt etwa 20 Basispunkte oberhalb des Niveaus, das 2019 erreicht wurde“, heißt es.

2019 hatte das Bruttomargenniveau für Wohnfinanzierungen zum siebten Mal in Folge um 9 Basispunkte abgenommen. Günstiger war die Entwicklung im Segment gewerbliche Immobilien mit einem Rückgang von 3 Basispunkten. Hier weitet sich die Bandbreite der realisierten Margen, laut Studie vor allem deshalb, weil einige Banken „aggressiv in risikobehaftete Nischen und Projektentwicklungen“ gegangen sind. Andere Kreditinstitute konzentrierten sich auf eher risikoärmere Lagen.

Beim Blick auf 2020 und 2021 gehen die Banken davon aus, dass die Unsicherheiten  bleiben, auch wenn sich das Transaktionsgeschäft etwas belebt hat. Die Sorge aber bleibt, dass es im Laufe der „anstehenden Neubewertung von Portfolios zu heftigen Preiskorrekturen kommen kann“, heißt es in der Studie.

Die Folge sind u.a. die Reduktion der „LTVs“ im Neugeschäft, des Kreditbetrags in Relation zum Verkehrswert der Immobilien – über das Jahr gerechnet um etwa 3 Prozentpunkte – und die Fokussierung auf ein risikoärmeres Geschäft. Auch Syndizierungen wurden in diesem Jahr verhaltener angegangen. Gleichzeitig rechnen die Banken laut Studie mit einer Verschlechterung der Ratings und einem Anstieg der Non-Performing Loans (NPL) ab 2021  ̶  allerdings von sehr niedrigen Niveaus aus.

Prognosen zum jetzigen Zeitpunkt, da niemand weiß, wie sich die Pandemie in Deutschland und Europa entwickeln, sind sehr schwierig. Die Unsicherheit etwa über die langfristigen Folgen für die Immobilienwirtschaft bleibt bestehen.