Die Einzelhandelslandschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Klassische Einkaufszentren und Ladenflächen stehen unter Druck, durch den Online-Handel, geänderte Konsumgewohnheiten und eine sich verändernde Stadtstruktur. Deshalb gewinnen Themen wie Umstrukturierung, Revitalisierung und Repositionierung an Relevanz. Diese bieten zwar neue Chancen, doch sie stellen den Handel, Investoren und Investorinnen sowie die Verantwortlichen in Städten und Kommunen vor enorme Herausforderungen.
Die Treiber für die erforderlichen Umstrukturierungen sind vielfältig. So kaufen immer mehr Konsumierende bequem vom Sofa oder von unterwegs aus ein. Das führt dazu, dass viele Einzelhandelsobjekte, vor allem in peripheren Lagen oder kleineren Städten, ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können. Gleichzeitig verändern sich die Erwartungen der Konsumenten und Konsumentinnen an den stationären Handel: Nicht mehr der reine Produktkauf steht im Vordergrund, sondern das Einkaufserlebnis – nicht mehr die Ansammlung von Geschäften sind von Interesse, sondern Erlebnisformate mit Einzelhandel und Gastronomie, Unterhaltung und Freizeitangeboten unter einem Dach.
Mit Blick auf den demografischen Wandel und die zunehmende Urbanisierung führen der Bevölkerungsrückgang in ländlichen Gebieten und die Konzentration der Bevölkerung auf die Städte zudem dazu, dass viele Einzelhandelsflächen in ländlichen oder suburbanen Gegenden an Bedeutung verlieren. Dagegen steigen in den Städten gemäß den veränderten Erwartungen der Kunden die Ansprüche an die Handelsimmobilien, neue Konzepte und neue Flächennutzungen zu bieten.
Ein Trend, der bei der Umstrukturierung von Einzelhandelsobjekten zunehmend an Relevanz gewinnt, ist die Integration von verschiedenen Nutzungsarten in einem Objekt. Einkaufszentren oder Warenhäuser werden dabei in „gemischte Objekte“ umgewandelt und bieten neben Einzelhandel auch Büros, Wohnungen, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie Gastronomie und vieles mehr. Dieses „Mixed-Use-Konzept“ hilft, die Frequenz und Attraktivität der Objekte zu erhöhen und sie besser in das städtische Leben aus Wohnen, Arbeiten und Einkaufen zu integrieren. Für Investoren bietet es den Vorteil der Risikostreuung im Mietermix – vorausgesetzt, der jeweilige Mix passt zum Standort.
Zu den Nutzungen, die sich als Single-Tenant oder für Mischobjekte eignen, gehören etwa:
· die Integration von Co-Working-Spaces, denn vor allem in städtischen Gebieten steigt die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsflächen. Viele ehemalige Einzelhandelsflächen, vor allem in zentralen Lagen, sind geeignet, um zu modernen Arbeitsräumen umgebaut zu werden.
· Auch für Logistikzentren und „Dark Stores“, die als Folge des zunehmenden Online-Handels auf Wachstumskurs sind, sind viele Flächen, die nicht mehr als klassische Läden genutzt werden können, gut geeignet, um etwa die letzte Meile zu bedienen. „Dark Stores“, also Lagerhäuser für den Online-Handel, die nicht direkt Kunden bedienen, sind ebenfalls als Mieter von Einzelhandelsflächen geeignet.
· Ein weiteres Thema ist die Beimischung von sozialen und kulturellen Nutzungen. In diesem Kontext entstehen in ehemaligen Kaufhäusern Museen, Galerien, Theater oder auch Gemeinschaftszentren. Diese Umstrukturierungen haben den Vorteil, dass sie das Stadtbild bereichern und eine neue, oft kulturell und sozial engagierte Zielgruppe anziehen.
Als weitere gefragte Beimischungen sind zudem Hotels, medizinische Einrichtungen, Entertainment, städtische Nutzungen oder Wohnungen zu nennen.
Heute sind viele Beimischungen gefragt
Im Rahmen unserer Arbeit haben wir bei der HBB schon seit Jahren Erfahrungen mit Umstrukturierungen, Revitalisierungen und Repositionierungen von Handelsimmobilien gesammelt. So wie beim Neubau W1 (Foto: HBB) in Hamburg-Wandsbeks, für das ein ehemaliges C&A-Kaufhaus abgerissen wurde, um das neue Geschäftshaus mit drei Ebenen für Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistung zu bauen.
Beim Krohnstieg Center Hamburg dagegen ging es um die Umstrukturierung in mehreren Phasen im laufenden Betrieb. Durch eine umfassende Modernisierung wurden die funktionalen und optischen Defizite des Stadtteilcenters beseitigt. Die Handelsflächen im Unter- und Erdgeschoss wurden neu strukturiert und der Branchenmix neu aufgestellt und die Innenbereiche neugestaltet, um mehr Aufenthaltsmöglichkeiten zu schaffen. Auslöser für die Modernisierung war der auslaufende Mietvertrag mit einem SB-Warenhaus, das zwei Ebenen belegte. Dadurch bot sich die Chance für eine komplette Neuausrichtung der Handelsebenen.
Bei der Rathaus Galerie Essen wurde – auch im laufenden Betrieb – in einem von zwei Mall-Armen der Einzelhandel durch eine neue Food-Mall ersetzt und das Center mehr nach außen geöffnet, um überhaupt Aufenthaltsqualität zu schaffen. Der Branchen- und Mietermix wird weiter an den Bedarf der Kundschaft angepasst, der Service und- Dienstleistungsbereich ausgebaut und Leisure- sowie Entertainmentkonzepte werden im neuen Branchenmix integriert. Hinzu kam die Aufteilung der Flächen des SB-Warenhaus-Betreibers Real in drei Großflächen und eine Erweiterung der Mall. Derzeit wird die gesamte Innengestaltung überarbeitet.
Das bisher eher klassische Einkaufsquartier Forum Schwanthalerhöhe (Foto: HBB) in München wird auch im laufenden Betrieb gemäß den Standortanforderungen zur Mixed-Use-Immobilie mit starkem Entertainment- und Leisure- sowie Gastronomie-Anteil repositioniert. Im Obergeschoss entsteht eine völlig neue Entertainmentwelt mit Fitnesscenter, Escape-Room, Karaoke, Virtual Reality, Gamecenter und weiteren spannenden Konzepten. Eine Herausforderung im Vorfeld waren etwa die Genehmigungen für die Umnutzung, die Zugänglichkeit außerhalb der klassischen Öffnungszeiten und damit verbundene Themen wie Sicherheit, Sauberkeit und bauliche Anforderungen der Konzepte.
Dagegen wird das EMS-Quartier Meppen (ehemals MEP) im Rahmen der Umstrukturierung durch den Eigentümer Generation 3 GmbH, an der sich die HBB im Bereich Vermietung und Center-Management beteiligt, geschlossen. Aus dem klassischen Einkaufszentrum soll ein innovativer Treffpunkt für Menschen und Unternehmen werden. So wird das ehemals mit Einzelhandel belegte erste Obergeschoss in Flächen für Büros und Praxisräume, Hotel, Fitnessstudio, Kultur- und Bildungsangebote umgebaut. Im Erdgeschoss werden zum Wasser hin geöffnete Gastronomieflächen für hohe Aufenthaltsqualität sorgen.
Dagegen handelt es sich beim jüngst eröffneten Husemann Karree in Bochum um eine urbane „Mixed-Use-Neuentwicklung“. Ursprünglich als reines Shopping-Center mit hohem Einzelhandelsanteil geplant, hat die HBB das Konzept in ein Mixed-Use-Quartier mit Büros, Hotel, Fitness, Gastronomie und auch Einzelhandel umgewandelt und damit auch für die Belebung des umliegenden öffentlichen Raums gesorgt.
Mit dem Einkaufsquartier Westertor in Lübbecke hat die HBB das ehemalige Kaufhaus Deerberg zwischen Fußgängerzone und Busbahnhof ersetzt. Durch die Entwicklung wurde die Innenstadt gestärkt und bestehende Angebotslücken konnten geschlossen werden. Weitere kleinere Umstrukturierungen, bei denen es u.a. darum geht, Großflächen neu aufzuteilen oder neu zu schaffen, neue vorgenannte Konzepte anzusiedeln und die Center zukunftsfähig aufzustellen, gehören mittlerweile zum Tagesgeschäft bei vielen unserer Center, die wir managen.
Umnutzungen können hohe Kosten verursachen
Die Umstrukturierung von Einzelhandelsobjekten ist jedoch nicht ohne Herausforderungen. So kann die Umnutzung von Einzelhandelsflächen, insbesondere bei älteren Gebäuden, mit erheblichen Kosten verbunden sein. Oft sind umfassende Sanierungen notwendig, um die Gebäude an neue Nutzungsanforderungen anzupassen. Zudem müssen rechtliche Aspekte für die Umwidmung der Fläche oder die Anpassung an aktuelle Bauvorschriften beachtet werden.
Und nicht jede Einzelhandelsfläche lässt sich gleichermaßen umnutzen. Vielmehr kommt es auf den Standort an. Während zentrale Lagen oft attraktive Möglichkeiten für Mixed-Use-Entwicklungen oder eine andere Nutzungsart bieten, stehen periphere Einzelhandelsflächen vor größeren Schwierigkeiten. Die Nachfrage nach alternativen Nutzungen ist in diesen Gebieten oft geringer, was Investitionen riskanter macht.
Hinzu kommt eine gewisse „Veränderungsresistenz“, denn viele Eigentümer von Einzelhandelsimmobilien zögern immer noch, ihre Flächen umzustrukturieren, da sie auf eine Erholung des stationären Einzelhandels hoffen. Diese Verzögerungstaktik kann jedoch zu einem weiteren Wertverlust führen und letztlich die Chancen auf eine erfolgreiche Umstrukturierung verringern.
Doch trotz der Herausforderungen birgt die Umstrukturierung von Einzelhandelsobjekten immense Chancen. Sie kann nicht nur zur Revitalisierung von Stadtzentren und peripheren Gebieten beitragen, sondern auch neue, innovative Nutzungskonzepte ermöglichen. Durch die kreative Umnutzung können leerstehende Gebäude wieder mit Leben gefüllt werden, was sowohl wirtschaftlich als auch sozial positiv zu bewerten ist. Ein weiterer Vorteil der Umstrukturierung liegt in der nachhaltigen Nutzung von bereits bestehenden Flächen. Statt neue Gebäude zu errichten, wird bestehende Infrastruktur sinnvoll weiterverwendet. Das spart Ressourcen und trägt zur Reduzierung des Flächenverbrauchs bei.
Erfolgreiche Umstrukturierungen erfordern oft eine enge Zusammenarbeit zwischen privaten Investoren, städtischen Behörden und der Zivilgesellschaft. Diese Kooperation kann sicherstellen, dass die neuen Nutzungen sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch sozial und kulturell wertvoll sind.
Fazit: Die Umstrukturierung von Einzelhandelsobjekten ist ein entscheidender Schritt, um auf die sich verändernden Rahmenbedingungen im Einzelhandel zu reagieren. Während der stationäre Einzelhandel in seiner traditionellen Form unter Druck steht, bieten neue Nutzungskonzepte die Chance, Einzelhandelsflächen zukunftsfähig zu machen. Entscheidend für den Erfolg ist dabei die Anpassungsfähigkeit der Akteure und der Wille, innovative und nachhaltige Lösungen zu finden.
Durch kreative Umnutzung können leerstehende Einzelhandelsflächen wieder attraktiv und wirtschaftlich rentabel werden – zum Vorteil von Investoren und Investorinnen, Besuchern und Besucherinnen und der gesamten Stadtstruktur.