Mittelstand und Innenstädte

Einzelhändler mit Profil sind im Vorteil

Mittelständler sind die Würze der Einkaufsstraßen. Foto: BBE

Ohne den vitalen Mittelstand würden Innenstädte uniforme Handelslandschaften mit immer denselben Filialisten sein. Der Mittelstand sorgt für die Farbtupfer, für lokale Individualität – und damit für ein attraktives Umfeld für alle Marktteilnehmer.

Doch gerade der Mittelstand ist vom Strukturwandel in der Branche betroffen. Allein zwischen 2010 und 2019 sind rund 40 000 Unternehmen, die weniger als 1 Mio. Euro Umsatz im Jahr machen, vom Markt verschwunden. Viele dieser Unternehmen machen das Besondere einer Innenstadt aus, alteingesessene Händler mit hoher lokaler Affinität und Akzeptanz.

Es ist zu befürchten, dass sich dieser Trend fortsetzt, auch wenn es immer wieder neue, kreative Unternehmen gibt. Doch diese werden die Lücke nicht füllen, denn die Leerstandsquote vor allem in Klein- und Mittelstädten wird immer größer und nicht alles kann aufgefangen werden von anderen Nutzungsarten.

Viele Händler sind vom Markt verschwunden, weil sie entweder Nachfolgeprobleme hatten – oder nicht mehr profiliert waren. Die Wettbewerbsintensität in der Branche hat sich immer mehr verschärft, die Kunden haben mehr Auswahl bekommen – beim Sortiment durch das Internet, stationär auch durch neue internationale Formate.

Händler, die hier nicht an ihren Stärken gearbeitet haben, verlieren an Akzeptanz. Denn die Kunden dulden heute keine mittelmäßigen Läden mehr. Stationärer Handel muss durch Exzellenz und Originalität glänzen. Kein Erlebnis auf der Fläche, keine Kunden – so lautet die Gleichung.

Sich als Händler zu positionieren, ist ein komplexer Prozess, der alle Facetten des Unternehmens betrifft – von Ladenbau bis Personal *). In Schritt 1 sind Standort- und Imageanalyse, Kundenbefragung, Store- und Digital-Check, betriebswirtschaftliche Leistungsanalyse und Expertendraufsicht notwendig.

Mit diesen Ergebnissen geht man in Schritt 2 an die gewünschte Positionierung: durch die Erarbeitung und Formulierung der eigenen Kernkompetenzen und des Kundennutzens sowie eine Differenzierung zum Wettbewerb. Dazu gehören unter anderem die Analyse von Konkurrenz und Zielgruppen.

In Schritt 3 wird eine Strategie ermittelt: Dazu gehört die Definition der zu verbessernden Faktoren, um die angestrebte Positionierung zu erreichen und die Ausarbeitung eines Soll-Profils. Themen sind Wirtschaftlichkeit, Standort, Erscheinungsbild, Mitarbeiter, Sortiment, Preis, Marktkommunikation, Service / Dienstleistungen.

In Schritt 4 ermittelt man eine Priorisierung, um das Ziel zu erreichen: Dabei geht es um die Festlegung der Handlungsfelder nach Wichtigkeit und Verbesserungsbedarf und die Erstellung eines Maßnahmen- und Projektplans. Zu den Handlungsfeldern gehören Marktkommunikation, Preis, Wirtschaftlichkeit, Erscheinungsbild, Mitarbeiter sowie Service/Dienstleistungen.

Bei der Profilierung helfen auch die Kunden und die Nichtkunden. Jeder Unternehmer kennt sein Unternehmen – vermeintlich. Doch gerade im Mittelstand beschränkt sich dies häufig auf die eigene Wahrnehmung und führt zu Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“: Objektive Kriterien fehlen. Eine intensive Befragung der Kunden bringt dagegen wertvolle Erkenntnisse, denn die Konsumenten nehmen ein Geschäft oft intensiver wahr, als man denkt und die Einkaufspräferenzen von Nichtkunden schärfen den Blick auf das eigene Profil. Es gilt hier folgende Punkte zu klären:

1. Zufriedenheit der Kunden mit dem Geschäft und einzelnen Abteilungen.

2.) Wichtigkeit und Erfüllungsquote verschiedener Leistungsfaktoren.

3. Stärken-/ Schwächen-Profil. Vergleich mit den wichtigsten Wettbewerbern. Verbesserungspotenziale aus Sicht der Kunden ermitteln.

4. Ermittlung der Netto-Empfehlerquote, als international bewährtes Messinstrument für die Kundenzufriedenheit. Das ist der Anteil der Kunden, die das Unternehmen explizit empfehlen. An Branchenbenchmarks kann man seine Leistungsfähigkeit orientieren.

Profilierung verlangt dem Händler viel ab, aber sie ist notwendig, damit der mittelständische Handel und vitale Innenstädte eine Zukunft haben und perspektivisch wieder wachsen. Der Verbund aus BBE Handelsberatung und der IPH Gruppe hat eine hohe Affinität zum mittelständischen Einzelhandel.

*) Ausführliche Empfehlungen für das Thema Profilierung geben wir mit dem aktuellen Booklet der RID-Stiftung.