Jahresausblick 2025

Eine gesunde Mischung aus Chancen und Herausforderungen

Ob 2025 ein Feuerwerk entfacht wird, muss sich noch zeigen. Bild: Fotolia

Nach einem schwachen Immobilienjahr 2023 war die Branche zunächst mit Zuversicht ins Jahr 2024 gestartet – angetrieben von der Belebung der Vermietungsmärkte in den ersten Monaten. Die Verschlechterung der realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen blieb aber nicht ohne negative Folgen für Umzugs- und Expansionspläne. In diesem Umfeld zeigt sich der Vermietungsmarkt für Retail Assets relativ stabil. Beim Blick auf 2025 stellt sich die Frage, ob der Leitsatz „Survive till 25“ gilt oder vielmehr „Thrive in 25“. Die Lage ist sehr komplex.

Das zeigt schon der Blick auf die Entwicklung des deutschen Einzelhandelsmarkts, der nach den vorläufigen Zahlen des Statischen Bundesamtes (Destatis) im vergangenen Jahr real um 1,3% und nominal um 2,7% gewachsen ist. Taktgeber war vor allem der Einzelhandel mit Lebensmitteln, der in den ersten elf Monaten real um 1,0% und nominal um 3,2% zulegen konnte, während der Nonfood-Handel um 1,0% (real) und nominal um 2,0% wuchs. Der Zahlenvergleich zeigt aber auch, dass sich die Inflation vor allem bei den Gütern des täglichen Bedarfs festgesetzt hat. Bedeutsam für den innerstädtischen Vermietungsmarkt ist, dass der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Accessoires in den ersten elf Monaten real um -3,0% und nominal um -0,5% geschrumpft ist.

Dabei hat sich der stationäre Textil- und Outfithandel nach den vorläufigen Zahlen des Handelsverbands Textil, Schuhe und Lederwaren (BTE) 2024 beim Umsatz im Schnitt in etwa auf Vorjahresniveau bewegt. Problematisch für die Branche ist aus Sicht von BTE-Präsident Mark Rauschen jedoch, dass der Bekleidungs- und Schuhhandel zu den wenigen Branchen gehören, die „das Umsatzniveau von 2019 immer noch nicht wieder erreicht haben“.

Als hochproblematisch bis existenzbedrohend wertet er die in den vergangenen fünf Jahren stark gestiegenen Kosten wie Mieten, Energie, Versicherungen, Löhne und Gehälter, sodass sich auch gut geführte mittelständische Bekleidungsgeschäfte nur knapp in den schwarzen Zahlen halten könnten, weil sie in eigenen Geschäften wirtschaften und/oder keinen kalkulatorischen Unternehmerlohn ansetzten. Wachstumspotenzial sieht Mark Rauschen noch, wenn es der Branche gelingt, die Zusammenarbeit mit der Industrie weiter zu optimieren und auf motivierte Mitarbeiter zu setzen, um sich positiv vom Online-Handel abzugrenzen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Rezession in der deutschen Wirtschaft zeigte sich die Lage auf dem innerstädtischen Vermietungsmarkt für Handelsimmobilien nach Feststellung des Immobilienberaters JLL im Jahr 2024 recht stabil. So steuert der deutsche Markt  „nach einem sehr konstanten Jahr 2024 auf einen Gesamtflächenumsatz von rund 450 000 qm zu“, wie es in der zum Jahresende vorgelegten Marktanalyse des Beraters heißt, womit in etwa wieder das Niveau des Vorjahres erreicht werden könnte. Die Experten wollen aber auch nicht ausschließen, dass angesichts der aktuellen Dynamik am Ende sogar ein leichtes Wachstum beim Flächenumsatz erreicht werden kann.

Bei der Verfügbarkeitsquote ist noch Luft nach oben

Die Messlatte bilden in dieser Branche die Corona-Jahre 2020 und 2021 als die Zwangsschließungen die innerstädtischen Geschäfte und damit die Expansionsstrategien stark belastet haben. Und hier zeigt sich mit Blick auf die Verfügbarkeitsquote von JLL, die den realen Leerstand und die Flächen misst, bei denen der Mietvertrag in den nächsten 18 Monaten ausläuft, die umgebaut werden oder für die der Nutzer einen Nachmieter sucht, dass noch Luft nach oben ist. Zwar ist die Verfügbarkeitsquote bei der Zahl der Läden in den neun untersuchten größten deutschen Einkaufsstädten 2024 auf 15,1% gesunken – nach 15,5% im Jahr 2023 – und die verfügbare Fläche ging von 16,5% auf 15,3% zurück, doch lag die Zahl der verfügbaren Läden im Vor-Corona-Jahr 2019 mit 11,5% und bei den Ladenflächen mit 7,5% noch spürbar niedriger, wie Aniko Korsos, Head of Retail Leasing JLL Germany, aufzeigt.

Gemessen daran bildet der für 2024 erwartete Flächenumsatz von 450 000 qm und vielleicht sogar mehr zumindest gegenüber den Corona-Jahren einen Fortschritt. Besonders im zweiten Quartal war die Flächennachfrage mit 136 600 qm sehr hoch. Allerdings zeigt der Blick auf die neun untersuchten großen Einkaufsstädte laut JLL erhebliche Unterschiede. Am besten hat im Vorjahr Frankfurt am Main abgeschnitten. Hier ging die Verfügbarkeitsquote bei Geschäften um 6,1 Prozentpunkte auf 9,4% zurück. In Düsseldorf sank der Wert um 2,1 Prozentpunkte auf 12,4%. Mit 6,3% wurde in der Stadt am Rhein zudem die niedrigste Flächenverfügbarkeitsquote gemessen.

In Hamburg sank sie von 18,1% auf 8,5%. In der Hansestadt ist dieser Rückgang laut Aniko Korsos allerdings auf den Sondereffekt Westfield Überseequartier zurückzuführen. Die nahende Fertigstellung des Centers hat zu Großabschlüssen geführt, wodurch der Flächenumsatz erhöht und die Verfügbarkeit reduziert wurde. Negativer Ausreißer war im vergangenen Jahr Hannover mit einer Verfügbarkeitsquote bei der Fläche von 33,4%. Gemessen an der Zahl der verfügbaren Ladenlokale schnitt Köln mit einer Verfügbarkeitsquote von 20,1% schlecht ab.

Ungeachtet der immer noch herausfordernden Marktlage in einigen Teilen des Bekleidungshandels – insbesondere im Mittelstand – bildet die Branche 2024 mit einem Anteil von 36% wieder die stärkste Nachfragegruppe am innerstädtischen Vermietungsmarkt – auch wenn der Anteil gegenüber 2023 damit um zehn Prozentpunkte gesunken ist. Angetrieben wird das Geschäft laut JLL-Marktbericht von bekannten Filialisten wie der Bestseller-Gruppe mit ihren Marken Only, Only & Sons, Vero Moda sowie Jack&Jones mit zusammen 14 Filialen in Deutschland. Die Billig-Kaufhaus-Kette Woolworth, die seit Jahren auf Expansionskurs steuert, war mit einem Dutzend Filialen bzw. 14 200 qm dabei und auch die Inditex-Gruppe brachte es mit ihren Marken Zara, Bershka, Stradivarius sowie Pull&Bear auf elf Neueröffnungen und die Schuh-Kette Deichmann auf sechs.

Die Kaufhaus-Kette C&A kommt laut JLL zwar nur auf fünf neue Standorte, erreicht gemessen an der angemieteten Fläche mit einem Volumen von 18 100 qm allerdings in diesem Punkt den Spitzenplatz, Bershka kommt mit fünf neuen Läden auf 10 300 qm. Ergänzt wird die Liste der expansionsfreudigen Filialisten durch den niederländischen Nonfood-Discounter für Waren verschiedener Art, Action, der auch davon profitiert, dass die Konsumenten auf Grund der gestiegenen Lebenshaltungskosten insbesondere bei Lebensmitteln bei anderen Gütern sparen müssen. Action eröffnete neun neue Filialen, Tedi sieben und die dänische Kette Sostrene Grene acht.

Nach dem Kopf-an-Kopf-Rennen während der Pandemie mit der Textil-Branche um den ersten Platz – angetrieben durch die Expansion des Lebensmittelhandels – belegt der Bereich Gastronomie/Food mit konstant 20% den zweiten Platz. Dass die Textil-Branche inzwischen wieder eindeutig auf Platz eins steht, führt Aniko Korsos darauf zurück, dass der Mode-Handel „im Schnitt viel größere Ladenlokale anmietet“. Dazu tragen die Bekleidungshäuser bei und Mode-Marken, die an prominenten Standorten großflächige Flagship Stores eröffnen. Laut JLL machten Anmietungen mit mehr als 1 000 qm in den ersten drei Quartalen des Vorjahres 55% des Flächenumsatzes aus.

Bekleidungshandel wieder zurück an der Spitze

Auf Expansionskurs steuerten im Gastronomie-/Food-Segment die Lukas-Podolski-Dönerkette Mangal x LP10 mit acht Neueröffnungen, die Supermarkt-Kette Go Asia mit sieben und das Haus des Döners sowie L’Osteria mit jeweils sechs Neueröffnungen.

Die Gesundheits-/Beauty-Branche konnte zwar ihren dritten Platz behaupten, musste mit einem Anteil von 7% am Flächenumsatz allerdings einen herben Rückschlag hinnehmen. In den vergangenen Jahren hatte der Anteil laut JLL teilweise doppelt so hoch gelegen. Der maßgebliche Grund ist, dass die Drogeriemarktketten ihre Expansion nicht mehr in den innerstädtischen Einkaufslagen, sondern auf der grünen Wiese und in den Stadtteillagen vorantreiben. Dass der Verkauf von Beautyprodukten aber nach wie vor lukrativ ist, liest Aniko Korsos beispielsweise an den beiden Marken Kiko Milano und Sephora ab, die weiter in den Cities expandieren.

Für 2025 erwartet die Expertin eine „gesunde Mischung aus Chancen und Herausforderungen“. Wichtige Impulse dürften aus ihrer Sicht davon ausgehen, dass die brach liegenden ehemaligen Signa-Projekte fortgeführt und fertiggestellt werden. Darüber hinaus zeichnet sich der deutsche Vermietungsmarkt für Handelsimmobilien laut Korsos dadurch aus, dass die Mietkonditionen fair und auch Mittelstädte attraktiv sind und der Textilhandel auch im kommenden Jahr seine Marktdominanz ausspielen wird“. Sie erwartet, dass neue Marken den Markt betreten, andere verschwinden und es neben Expansionsstrategien auch Konsolidierungen geben wird.

Generell erinnert Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL Germany, daran, dass die Vermietungsmärkte am Tropf der Konjunktur hängen und dass die Unternehmen im aktuellen Zyklus sehr sensibel auf geopolitische oder wirtschaftliche Effekte und Ereignisse reagieren. So waren von der stagnierenden deutschen Wirtschaft 2024 keine großen Impulse zu erwarten und auch für 2025 wurden die Prognosen für das Wirtschaftswachstum immer weiter nach unten gesetzt bis auf +0,6%.

Ob sich in diesem Umfeld die Umsätze im Einzelhandel 2025 stabil entwickeln werden, was sich wiederum positiv auf die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen auswirken dürfte, wird sich zeigen müssen. Bislang haben sich die Erlöse gegenüber Vorjahr recht stabil entwickelt. Der Blick auf das Weihnachtsgeschäft zeigt indessen, dass zwar jeder fünfte Händler mit dem Verkauf zufrieden war, das Gros aber gemäß der Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) unter mehr als 300 Unternehmen sich aber eher enttäuscht zeigte.