Strategisch günstig gelegene Grundstücke für Logistikimmobilien werden rarer – und immer häufiger müssen neue Projektentwicklungen auf kleineren Arealen realisiert werden. Noch dazu streben die Kommunen sukzessive eine Flächenkreislaufwirtschaft an und wollen weniger Bauland versiegeln. Daher ist der Gedanke, möglichst viel Nutzfläche auf der begrenzten Grundstücksfläche zu realisieren, nur allzu naheliegend.
Aus diesem Grund werden mehr und mehr Logistikimmobilien mit mindestens zwei Stockwerken errichtet – wobei unterschieden werden muss zwischen Immobilien mit komplett abgetrennten Etagen und solchen mit eingezogenen Zwischendecken. Doch selbst dann, wenn eine echte Mehrgeschossigkeit vorliegt, gibt es zwei grundlegend verschiedene Typen von Logistikimmobilien. Den wesentlichen Unterschied macht dabei die Befahrbarkeit aus.
Auf der einen Seite gibt es Multilevel-Logistikimmobilien mit separat befahrbarer Außenrampe, bei denen jedes einzelne Stockwerk von Transportfahrzeugen erreicht werden kann. Ein solches Logistikobjekt findet sich beispielsweise in Hamburg: Der Projektentwickler Four Parx hat dort mit dem Mach 2 eine der ersten echten Multilevel-Immobilien realisiert. Mieter sind unter anderem das IT-Haus Bechtle und der E-Food-Anbieter Picnic.
Eine andere Herangehensweise ist eine Mehrstöckigkeit, bei der die Andienung rein im Erdgeschoss erfolgt. Zusätzliche Rampen für die oberen Stockwerke werden ausgespart. Eine solche Variante entsteht derzeit beispielsweise für einen namhaften Onlinehändler in Erfurt. Hier ist für die oberen Stockwerke ein automatisiertes Kommissioniersystem geplant. Ein solches Immobilienkonzept erinnert an frühere mehrgeschossige Immobilien mit innenliegenden Lastenaufzügen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Anstatt einen signifikanten Teil des Baulands für eine Rampe zu verwenden und zudem die Statik verstärken zu müssen, kann mehr Nutzfläche generiert werden. Die Entwicklung von drei- oder sogar mehrstöckigen Immobilien ist zudem sehr viel einfacher, wobei die Deckenhöhen in den Obergeschossen niedriger ausfallen können, da sich hier nur selten Menschen aufhalten.
Dieser Ansatz hat jedoch einen sehr großen Nachteil: Solche Immobilien müssen sehr genau auf die Kommissionier-Strategie und die intralogistischen Prozesse des jeweiligen Mieters zugeschnitten werden. Sobald dieser – aus welchen Gründen auch immer – einmal auszieht, ist das Gebäude nur sehr begrenzt drittverwendungsfähig. Der neue Mieter müsste seine Prozesse schon sehr genau an die baulichen Gegebenheiten anpassen. In einer Zeit, in der sich die Intralogistikstrategien auf Unternehmensebene immer stärker angleichen und nach unternehmensweiten Standards gesucht wird, wäre das ein prozessbezogener Rückschritt. Noch dazu kann eine solche Logistikimmobilie an nur einen Nutzer vermietet werden – ein Szenario, bei dem mehrere Nutzer nebeneinander agieren und die Immobilie in der Vertikalen durch Zwischenwände geteilt ist, ist unrealistisch.
Multi-Use-Konzepte sind auch in der Logistik wichtig
Genau aus diesem Grund ist die Variante mit einer Außenrampe deutlich nachhaltiger. Hier ist aber darauf zu achten, dass das Erdgeschoss über eine Traglast von 7 Tonnen verfügt, und die darüberliegenden Etagen jeweils eine Traglast zwischen 3 – 3,5 Tonnen aufweisen. Dass ein solches Objekt als Multi-Use-Konzept erfolgreich betrieben werden kann, zeigt sich in Hamburg bereits unter Realbedingungen. Noch dazu ist das Immobilienkonzept in Sachen Nachvermietung sehr viel flexibler. Ein einzelner Nutzer, der alle Etagen betreibt, ist genauso denkbar wie die Vermietung des Untergeschosses als größeres Distributionslager, während die Obergeschosse in kleinere Lagereinheiten, beispielsweise für lokale eCommerce-Unternehmen, parzelliert werden. Somit wird auch aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ein Mehrwert erzielt, da die Gefahr eines nötigen Umbaus oder sogar Abrisses nach dem ersten Mietzyklus entscheidend verringert ist.
Besonders nachhaltig ist dieser Ansatz, wenn er auf einer alten Industriebrache in Form eines Brownfield-Redevelopments realisiert wird. Auf diese Weise wird keine neue Stadtfläche versiegelt und bestehende Verkehrsinfrastruktur gut genutzt.
Angesichts der Zinswende und der Mischung aus hohen Energie- und Baupreisen hat sich die Lage auch für Logistikimmobilienentwickler in den vergangenen beiden Jahren deutlich zugespitzt. Diese Entwicklung hat einen direkten Einfluss auf die Frage, wie viele echte mehrgeschossige Immobilien mit Außenrampe künftig entwickelt werden, denn Multilevel-Immobilien verursachen sehr viel höhere Baukosten pro qm.
In der aktuellen Zeit, in der Materialkosten und Baupreise deutlich gestiegen sind, während die Grundstückspreise stagnieren, dürften sich viele Entwickler aus wirtschaftlichen Gründen gegen den Schritt in die Vertikale entscheiden. Steigen jedoch die Grundstückspreise sehr viel schneller als die Baukosten, wie es beispielsweise in den 2010er-Jahren der Fall war, begünstigt das eine mehrgeschossige Bauweise.
Ein sehr anschauliches Beispiel dafür findet sich in asiatischen Großstädten beziehungsweise Stadtstaaten, in denen aufgrund der enormen Grundstückspreise Multilevel-Logistikimmobilien mit bis zu 20 Stockwerken errichtet werden – in dem Fall mit einer spiralförmigen Rampe, die jedoch meist nur für Sprinter befahrbar ist. Diese Variante, bei der die Rampen nicht zwingend für 3,5 Tonnen Lkws und mehr ausgelegt sind, kann vielleicht auch in Deutschland eine passende Alternative zu größeren Multilevel-Anlagen und mehrgeschossigen Immobilien darstellen.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist dabei aber auch das Mietpreisniveau. Dieses ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie teilweise extrem gestiegen. In der Logistikregion Hamburg stieg die gewichtete Spitzenmiete im Bestand beispielsweise von 6,25 Euro je qm im Jahr 2019 auf 8,00 Euro je qm im ersten Halbjahr 2023. Aktuell deutet sehr vieles darauf hin, dass das hohe Mietpreisniveau langfristig stabil bleibt. Auch das kann für Entwickler durchaus mit der Motivation einhergehen, noch mehr Mietfläche zu realisieren und somit zwei- oder auch dreistöckige Multilevel-Immobilien zu bauen.