Shopping-Center-Markt Deutschland

Ein wichtiger Teil der Stadtentwicklung

Das „ZAM“ in München Freiham. Bild: Rosa Alscher

Die Zeiten, in denen der Erfolg des Shopping-Center-Markts an der Zahl der Neueröffnungen gemessen wird, sind vorbei. Viel spannender als die statistischen Zahlen ist ohnehin der Blick auf die innovativen neuen Center und Revitalisierungen, die Teil der Stadtentwicklung sind oder durch Umwandlung zur Aufwertung von Einkaufslagen beitragen. Das Interesse der Investoren nimmt wieder zu.

Der Hype um Shopping-Center zwischen 2005 und 2016 ist bei vielen schon fast in Vergessenheit geraten, wie der Blick auf den Transaktionsmarkt für Handelsimmobilien zeigt. Der Anteil der Asset-Klasse am Investitionsvolumen lag nach den Zahlen des Immobilienberaters JLL 2024 nur bei 17%. Vor diesem Hintergrund klagt auch Lena Knopf, Projektleiterin im Forschungsbereich Immobilien + Expansion beim EHI Retail Institute, in ihrem Vorwort zum EHI Shopping Center Report 2025, sie höre oft, dass die „Zeit der Shopping-Center längst vorbei ist“, „Shopping-Center ausgedient haben“, „Shopping-Center langweilig sind“ oder dass sie niemanden interessieren, weil sie alle gleich aussehen.

Tatsächlich kommt Jan Schwarze, Team Leader Research bei der CBRE GmbH, in seinem Bericht für den Shopping- Center Report zu dem Ergebnis, dass Einkaufszentren, die zwischen 2010 und 2016 einen ausgesprochenen Boom erlebt haben, nach der langen Restrukturierungsphase den 2023 erreichten Tiefpunkt inzwischen hinter sich gelassen haben. Nachdem das „Repricing“ nach Abflauen des Booms abgeschlossen ist und die Renditeerwartungen mit Werten um die 6% bei Objekten in A-Lagen attraktiv sind, erfreut sich die Anlage-Klasse nach Feststellung des Experten wieder wachsender Beliebtheit.

Dass der Verkauf von Core-Objekten wie die Übernahme der Pasing Arcaden in München für 388 Mio. Euro durch die Ikea-Center-Sparte Ingka Centres, derzeit noch eher die Ausnahme ist, liegt auch daran, dass im weiterhin angespannten deutschen Gewerbeimmobilienmarkt laut Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills, die Liquidität für großvolumige Objekte wie Shopping-Center noch eher begrenzt ist. Wie Schwarze aber weiß, wurden zuletzt für Center unterschiedlicher Risiko-Klassen Verkaufsprozesse initiiert. Der Investmentmarkt zeige hier erkennbare Erholungstendenzen.

Und auch Lena Knopf kritisiert, dass als Gradmesser für den Erfolg der Asset Klasse vor allem die Zahl der jährlichen Planungen und Neueröffnungen herangezogen wird, die aber naturgemäß nach dem exorbitanten Wachstum in den 2010er-Jahren auf heute 506 Einkaufszentren mit jeweils mehr als 10 000 qm Einzelhandelsfläche nicht endlos in hohem Tempo weiterwachsen kann. Denn der Markt ist laut Knopf gesättigt.

Da sich aber die Anforderungen der Kunden ständig ändern, sind der Umbau und die Neupositionierung von Einkaufszentren heute das zentrale Investitionsthema mit Wertsteigerungspotenzial, wobei hier auch neue Ausprägungen von Einkaufszentren entstehen. Das wird auch dadurch befördert, dass sich laut Lena Knopf die Hälfte der Center in den Innenstädten befinden und sich zusammen mit den Einkaufslagen verändern. So ist nach ihren Worten viel Bewegung in der Center-Landschaft, ohne dass dadurch mehr Center entstehen.

Das zentrale Investitionsthema heißt Neupositionierung

Das zeigt auch der Blick auf die vier Neueröffnungen des Jahres 2024. So entstand das Projekt Monheim Mitte durch die Zusammenlegung und Modernisierung der beiden benachbarten Center Monheimer Tor und Rathauscenter mit jeweils weniger als 10 000 qm zu einem größeren Einkaufszentrum mit 16 520 qm Mietfläche. „Im Jahr 2018 hatten zwei städtische Tochtergesellschaften die Center gekauft und diese in den Folgejahren in einem aufwendigen Prozess modernisiert, unter ein gemeinsames Management gebracht und als Destination Monheim Mitte neu positioniert“, heißt es dazu im Shopping Center Report, der in Kooperation mit dem German Council of Shopping Places (GCSP) entstanden ist. Das Projekt ist Teil eines Mischkonzepts für die Innenstadt von Monheim, das mit dem Busbahnhof und dem gastronomisch geprägten Eierplatz zwei zentrale innerstädtische Plätze verbindet, so dass eine urbane Mitte mit viel Aufenthaltsqualität entstanden ist. 320 Mio. Euro flossen in den gesamten Ausbau der City.

Auch das ZAM – das Wort ist die bayerische Fassung des hochdeutschen Wortes „zusammen“ – bildet mit seinen 26 000 qm Einzelhandelsflächen das Herzstück des neu erbauten Stadtteils Freiham im Westen von München. Das offene Center wurde Ende November 2024 eröffnet. In der Quartiersentwicklung gibt es neben dem Einkaufszentrum noch gut 10 000 Wohneinheiten und 15 000 Arbeitsplätze. Das Einzelhandelsangebot wird geprägt von Nahversorgern, einem vielfältigen Gastronomieangebot, Mode & Bekleidung, Haus/Einrichtung und Geschenke, Technik/Auto sowie Freizeit & Hobby. „Das integrierte ,15-Minuten-Stadtentwicklungskonzept‘ bündelt Einkaufen, Arbeiten, Wohnen, Mobilität und Freizeit in der Nachbarschaft“, heißt es im Report.

Das Riedinger Center in Bayreuth ist kein klassisches Einkaufszentrum, sondern ein Fachmarktzentrum mit einem E-Center von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen als Kern und weiteren Nahversorgern sowie Deichmann, Woolworth, Ernsting’s Family und Jysk auf insgesamt 12 600 qm Mietfläche. Diese Neuausrichtung durch den Investor Newport im Rahmen einer zweijährigen Sanierungsphase ergibt durchaus Sinn, da sich hier zuvor ein SB-Warenhaus von Real mit ähnlichen Sortimenten und Kunden befunden hat. Statt aber den Real-Gebäudekomplex abzureißen, entschied man sich für eine Sanierung, um möglichst nachhaltig und ressourcenschonend zu bauen, wie es im Report heißt.

Auch beim Kaufpark Dresden mit 56 000 qm Mietfläche wurde nach dem Motto verfahren: „Aus alt mach neu“. Der Kaufpark entstand auf dem Gelände des 1996 eröffneten Kaufpark Nickern, der in zwei Bauabschnitten abgerissen und durch ein neues Einkaufszentrum ersetzt wurde. Investor war Kurt Krieger, Eigner u. a. von Möbel Höffner, Möbel Kraft, Möbel Sconto, Elbe Park, Chemnitz Center und Thüringen Park. Im Fokus des Neubaus stand der aktuelle Green-Building-Standard.

Die Beispiele zeigen, dass sich bei den neuen Einkaufs- respektive Fachmarktzentren Themen wie Stadt-/Quartiersentwicklung sowie Neupositionierung oder die Neubelebung von Leerstand/Brachflächen vermischen und mit der Innenstadt sowie etablierten Handelsstandorten verknüpft sind. Da es nach Lena Knopfs Kenntnis weitere schwierige Shopping-Center gibt, dürfte es hier auch noch viel Potenzial geben. Laut CBRE-Team-Leader Schwarze sondieren derzeit vor allem Value-Add-Kapital und Family Offices den Center-Markt auf der Suche nach geeigneten Objekten.

Als Beispiele nennt der Experte den Kauf der Mercaden in Dorsten, des Haerder-Centers in Lübeck und des Allee-Centers Leipzig. Etwa 10% der hiesigen Center haben aktuell eine Revitalisierung abgeschlossen oder sind mittendrin. „Flächen und Zuschnitte werden neu konzipiert, Freizeit- und Gastronomiebereiche aufgewertet, und manchmal wird die ganze Positionierung neu organisiert“, zählt Knopf auf: „Shopping-Center und generell stationäre Geschäfte sind keine Selbstläufer.“

Elf Revitalisierungen wurden 2024 abgeschlossen

2024 wurden laut Report elf Revitalisierungen fertig gestellt, wobei die Maßnahmen von aufwendigen Neupositionierungen über die Neukonzeption freigewordener Teilflächen bis hin zu energetischen Modernisierungen reicht – teils auch als Kombination in verschiedenen Abstufungen. Als Beispiel für eine sehr aufwendige Neupositionierung wird das Loop 5 in Weiterstadt genannt, bei dem sich die Lage auf der grünen Wiese im Laufe der Zeit als Problem erwiesen hat.

Zusammen mit der Designagentur Dan Pearlman setzte der Betreiber Jones Lang LaSalle auf die Entwicklung von fünf sehr ausgefallenen Erlebnisbereichen (Loops). Dazu gehört der Wasserspielplatz Candy Fountain, ein Karussell, ein 20 m hoher Rutschenturm mit vier Rutschbahnen, ein Kletterpark, ein Freefall Tower und ein Zip-Coaster, bei dem die Besucher an einem Schienensystem durch die Luft schweben. Und der Foodcourt „Foodheaven“ bietet eine begrünte Außenterrasse. Dass es neben den Erlebniswelten auch noch einen Einzelhandelsbereich mit 100 Läden gibt, zeigt laut Lena Knopf jedoch, dass neben dem Bereich Unterhaltung als Kundenmagnet auch der Einzelhandel nicht fehlen darf.

Einen anderen Weg ist die IPH Handelsimmobilien als Center-Manager beim Huma Shopping & Outlet in Sankt Augustin gegangen, indem sie von der Gesamtfläche 9 000 qm für ein Factory Outlet Center mit 40 Marken-Stores abtrennte – das erste hybride Konzept aus Shopping-Center und Outlet Center. Dabei ist der Outlet-Bereich äußerlich durch ein eigenständiges Fassadenkonzept abgegrenzt und hat einen eigenen Food-Bereich. Die Markenhersteller beobachten das Konzept laut Beratungsunternehmen Ecostra mit großem Interesse. Zumal die Resonanz der Mieter bislang durchweg positiv ist.

Als Beispiel für die Neukonzeption einer freien Teilfläche nennt der Report das Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim, in dem der Betreiber ECE Marketplace für den Eigentümer Deutsche Euro Shop die Flächen eines ehemaligen Baumarkts für 10 Mio. Euro neu konzipiert hat. Nun gibt es hier ein freistehendes „L’Osteria“-Restaurant mit Außengastronomie und neue Mieter wie den Fahrradhändler B.O.C., das Erlebniskonzept Jump House und eine Indoor-Skydiving-Anlage.

Um mehr Gastronomie und Erlebnis ging es auch beim Lago in Konstanz, als im Mai 2024 die Rooftop-Bar Glorious Garden im fünften Stock mit einem Outdoor-Bereich und einem Glaspavillon eröffnet wurde. Sie bietet einen Rundumblick auf die Altstadt, den Hafen, den Bodensee und die Alpen. In der Rathaus Galerie Essen ging es für die HBB und Henderson Park darum, die 7 000 qm große Fläche des früheren Real-Marktes für neue Mieter wie Rewe, Rusta und Woolworth zu konzipieren. Um einen Eingangsbereich für die Händler zu schaffen, musste die Mall verlängert werden. Und auch hier gibt es einen neuen Foodcourt mit dem Namen „Mahlzeit“.

Die 506 deutschen Shopping-Center (Stand 1.1.2025) beherbergen laut Report zusammen 26 000 Mietverhältnisse mit Einzelhändlern auf über 13 Mio. qm Handels-Mietfläche und 16,685 Mio. qm Gesamtfläche. Drei Einkaufszentren wurden 2024 aus der Datenbank entfernt, weil sie wie die Königsgalerie Duisburg im Zuge der Revitalisierung den Schwerpunkt auf Büros und Praxisflächen legen. Und bei der Stadtgalerie Datteln und dem Fritz Einkaufs- und Technologiezentrum in Kulmbach wird die Handelsfläche nach der Revitalisierung unter 10 000 qm liegen. Handel ist halt Wandel.