Das Kubikk in Duisburg

Ein neues Herz für die Altstadt?

So soll das Kubikk einmal aussehen. Visualisierung: Gesterkamp Immobilien

Als die Mode-Kette C&A im Jahr 2010 ihren Traditionsstandort in Duisburg aufgab, beschleunigte sich der Niedergang des Altstadt-Viertels. Jetzt präsentiert ein neuer Eigentümer Ideen, die das gesamte Quartier voranbringen sollen.

Der Bekleidungshändler C&A und sein Haus an der Münzgasse  – das war über Jahrzehnte eine feste Größe in der Duisburger Altstadt. Der Filialist investierte regelmäßig in diesen Standort, 1984 errichtete er dort sogar einen Neubau (Foto: M. Zier, Gesterkamp Immobilien Marketing) – ein sechsstöckiges Gebäude, davon zwei Stockwerke unter der Erde – mit einer markanten Fassade im kubistischen Baustil.

Doch 2010 war Schluss. C&A gab die Immobilie auf und mietete sich einige Häuserblocks weiter in das zwei Jahre zuvor erbaute innerstädtische Shopping-Center Forum Duisburg ein. Damit hatte der ohnehin mit rückläufigen Frequenzen kämpfende Einzelhandel in der Altstadt einen namhaften Magneten verloren. Mit P&C, Sinn Leffers sowie dem Möbelanbieter Uni Polster verabschiedeten sich bald darauf drei weitere großflächige Einzelhändler aus diesem Teil von Duisburg.

Damit war die Altstadt endgültig abgehängt. Die Einkaufsströme verlagerten sich immer weiter – in Richtung Königstraße, wo auch das Forum beheimatet ist, aber auch in benachbarte Städte. Rund um den ehemaligen C&A-Standort machte sich dagegen zunehmend Leerstand breit. Versuche, die auffällige Immobilie mit einer Bruttogeschossfläche von rund 15 000 qm zu beleben, scheiterten immer wieder. Zuletzt hatte die FCR Immobilien AG das Objekt zwei Jahre gehalten, ohne jedoch Ideen für eine neue Nutzung umzusetzen.

Nun haben die Wirtschaftsförderer in Duisburg Hoffnung, dass die lange Leidensgeschichte des Hauses ein Ende findet und damit möglicherweise das gesamte Viertel eine Belebung erfährt. Ein bundesweit agierendes Family Office, das vor allem in Berlin und im Ruhrgebiet investiert, hat die Immobilie erworben und verfolgt damit ehrgeizige Pläne. „Das Gebäude soll zum neuen Herzen der Altstadt werden“, wünscht sich Bernd-Claas Gesterkamp, Architekt und Sprecher des gerne anonym bleibenden Investors.

Wie alle, die großflächige innerstädtische Handelsimmobilien beleben wollen, setzen auch die neuen Eigentümer in der Duisburger Altstadt auf eine gemischte Nutzung: im Erdgeschoss ein Mix aus Cafés, Bistros und „anderer einladender, qualitativ überzeugender Gastronomie“, darüber Raum für Büro-Konzepte und die Dachterrasse als Event-Fläche für Veranstaltungen unter freiem Himmel. „Kubikk“ haben die Betreiber das ehemalige Textilkaufhaus getauft, in Anlehnung an den markanten Baustil.

„Kubikk ist ein positives Signal für Geschäftstreibende, Passanten, Viertelbewohner und Hauseigentümer gleichermaßen“, prognostiziert Andree Haack, Wirtschaftsdezernent und Mit-Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg: „Wenn das Konzept erfolgreich ist, investieren auch andere Immobilieneigentümer und es kommt wieder mehr kaufkräftige Kundschaft ins Quartier. Das stärkt den stationären Einzelhandel und die Gastronomie in der Nachbarschaft von Kubikk. Denn wer da arbeitet, wird dort auch ausgehen und einkaufen.“ Einen kräftigen Impuls hat die Altstadt dringend nötig. Aktuell sorgt allenfalls der „Knüllermarkt“, der Teile des ehemaligen Sinn-Leffers-Hauses nutzt, für nennenswerte Frequenz im Viertel.

Mit der neuen Perspektive für die Großimmobilie in der Münzstraße könnte auch die Arbeit für die beiden Quartiersmanager Francesco Mannarino und Yvonne Bleidorn in Zukunft ein wenig leichter werden. Seit fünf Jahren kämpfen sie gegen den Leerstand und mühen sich, Leben in die Altstadt zu bringen. „Sich kümmern und dicke Bretter bohren“, so beschreiben beide ihren Job. Die Arbeit ist kleinteilig. Nur selten erkundigen sich die Expansionsmanager großer Handelsketten nach Nutzungsmöglichkeiten für leerstehende Ladenflächen.

Die Eigentümerstruktur mancher Immobilien in dem Quartier sei undurchsichtig, auch sei es nicht immer leicht, mit verantwortlichen Personen in Kontakt zu kommen, klagt Mannarino. Manche Hauseigentümer haben nach seiner Einschätzung gar kein Interesse, ihre Gebäude zu entwickeln. „Lieber lassen sie sie leer stehen – aus Desinteresse, Bequemlichkeit oder aus Spekulationsgründen“.

Mannarino und Bleidorn haben sich tief reingekniet in die Quartiersarbeit. Lohn sind unter anderem etwa 60 Ladengeschäfte, die seit ihrem Amtsantritt neu eröffnet haben. Natürlich habe es auch Schließungen geben, betonen sie. „Aber der Saldo ist deutlich positiv.“ Und selbst jetzt, wo die Corona-Pandemie viele Ladenbetreiber und Gastronomen in Existenznöte bringt, erhalten die Quartiersmanager Anfragen für Neueröffnungen.

 Sie möchten dem Viertel mit außergewöhnlichen Aktionen und Angeboten ein unverwechselbares Profil geben. Zum Beispiel mit internationalen Kulturfesten oder Veranstaltungen wie einem veganen Weihnachtsmarkt. Dessen Premiere hatte im Vorjahr für viel Aufsehen gesorgt. Auch im Handel wünschen sich Mannarino und Bleidorn möglichst „wenig Mainstream, dafür mehr Besonderes“. So wie die Anbieter von Brautmode, die in den vergangenen Jahren aus dem Stadtteil Marxloh in die Altstadt gezogen sind. In deren Gefolge haben sich Dienstleister rund um das Thema Hochzeit niedergelassen, etwa Beauty-Anbieter oder spezialisierte Reisebüros.

„Mit der Akquisition vieler Kleiner haben wir das Feld für größere Investitionen und Ansiedlungen bereitet, so wie jetzt das Kubikk“, meint Mannarino.  Auch Wirtschaftsförderer Haack hofft, dass das ehemalige C&A-Haus zum Impulsgeber für die gesamte Altstadt werden könnte. „Wenn hier investiert wird, ziehen im Idealfall auch andere Hauseigentümer nach, die von diesem Geist angesteckt werden“, meint er.

Bis zu einer neuen Nutzung des Gebäudes wird jedoch noch Zeit vergehen. „Wir benötigen Marathon-Qualitäten“, dämpft Gesterkamp allzu optimistische Prognosen. Der Umbau wird erst starten, wenn die neuen Eigentümer einen gewissen Teil der Flächen vermarktet haben. Das wird voraussichtlich erst Ende nächsten Jahres der Fall sein. Eine Vermietung, so Gesterkamp, sei bereits unterschriftsreif, bei anderen sei man in guten Gesprächen.

Zwölf bis 15 Mio. Euro wollen die neuen Eigentümer in das Objekt investieren. Die Bausubstanz, so heißt es, sei trotz der langen Zeit des Leerstands in Ordnung und eröffne mit Deckenhöhen von bis zu 4,50 Metern viele Optionen. Der heutige Kern mit einer Rolltreppenanlage ließe sich bis zum Dach als Lichthof öffnen. Die Fassade benötigt eine Auffrischung sowie neue Fenster – ansonsten soll sich das äußere Erscheinungsbild des Hauses nur wenig ändern.

Die neuen Eigentümer der ehemaligen C&A-Immobilie haben zeitgleich auch einen Häuserblock schräggegenüber von Kubikk erworben. Wenn das neue Nutzungskonzept für das frühere Textilkaufhaus funktioniert und damit mehr Frequenz in diesen Teil der Altstadt kommt, wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den Wert der benachbarten Immobilien steigern.

Zugleich hätte die Stadt damit endlich eine unschöne Lücke zwischen der City und dem Innenhafen geschlossen. Eine attraktive Gestaltung der Flächen am Wasser wird das nächste Großprojekt in Duisburg werden – mittelfristig. Der Mietvertrag mit einem großen Holzhändler im Innenhafen, dessen Gelände die städtischen Planer entwickeln wollen, läuft noch zwei Jahre. Dann soll es losgehen.