City-Logistik

Ein Beitrag für zukunftsfähige Stadtzentren

Umweltfreundliche Zustellung in der City: Foto: DHL

Die Herausforderungen für die Kommunen bei der Aufrechterhaltung lebendiger Innenstädte und Stadtzentren nehmen zu. Der Boom des eCommerce und monatelange Geschäftsschließungen während der Corona-Pandemie machen die Bewältigung eines Innenstadt-Wandels drängender. Mit innovativen Ansätzen und mehr Mut bei der Realisierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen können Logistikimmobilien eine konstruktive Rolle bei der zukunftsfähigen Gestaltung der Cities spielen.

Attraktive Fußgängerzonen mit Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sind Aushängeschild und Beweis für lebendige Städte und Ballungszentren. Dennoch stehen die Innenstädte unter Druck. Stationäre Einzelhändler haben nicht nur durch monatelange Lockdowns enorme Umsatzeinbußen verzeichnet, sondern sie haben auch Kunden und Kundinnen verloren, die während der Krise die Vorzüge des Online-Kaufs entdeckten und diese auch zukünftig nutzen werden.

Ohnehin haben sich durch den eCommerce viele Einkäufe ins Internet verlagert. Laut Bundesverband E-Commerce und VersandhandelDeutschland BEVH) lagen die Erlöse im eCommerce 2020 bei über 83 Mrd. Euro, in der gesamten DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) konnten sie sogar die Marke von 100 Mrd. Euro knacken. Mit einer Trendwende in der nahen Zukunft ist nicht unbedingt zu rechnen. Im Gegenteil, schon jetzt erweitern Onlinehändler ihr Sortiment um Produkte aus den Segmenten Lebensmittel und Tiernahrung, die Anreize zum bequemen Bestellen im Internet steigen damit weiter.

Während die Gefahr von Leerstand in den Innenstädten wächst, können innovative Konzepte im Bereich Logistik Lösungen aufzeigen. Dafür stehen z.B. Mixed-Use- bzw. Quartierts-Ansätze mit den Nutzungen Logistik, Handel, Büros und Wohnflächen in einer einzigen Immobilie. Auch Microhubs – kleinere Umschlagplätze für Paketsendungen – sind ein vielversprechender Ansatz, weil sie – neben der Nutzung alternativer Zustellkonzepte wie Lastenräder – für die Zustellung auf der „letzten Meile“ zum Empfänger wichtig sind.

Viele leerstehende Handelsimmobilien, die den Strukturwandel der Stadtzentren nicht bewältigen konnten, sollten deshalb auf ihr Potenzial für die Lagerung und den Umschlag von Gütern überprüft werden. Zumindest leerstehende Kellergeschosse könnten eine attraktive Möglichkeit für die Nutzung durch KEP-Dienstleister (Kurier, Express, Paket) bedeuten, auch wenn Herausforderungen wie z. B. eine Lkw-Andienung in Abhängigkeit vom konkreten Projekt geklärt werden müssen.

Voraussetzung einer proaktiven sowie konstruktiven Rolle von Logistik und Logistikimmobilien bei der Wiederbelebung der Innenstädte ist die Bereitschaft von Projektentwicklern und Nutzern, in einen Prozess des Umdenkens zu treten. Denn trotz ihrer Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung und ihrer Funktion innerhalb der Waren- und Lieferketten, haben Logistikimmobilien in der öffentlichen Wahrnehmung bisweilen ein negatives Image. Hier sind Projektentwickler in der Verantwortung, bei Logistikimmobilien mehr Mut bei den Themen „kommunaler Dialog“, „Nachhaltigkeit“ und „Ästhetik“ zu zeigen.

Kommunen und Bürger wünschen sich mehr Transparenz

Die Anfang 2021 veröffentlichte Studie des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) Logistik in der Kommune gibt dafür die Richtung vor. Die Ergebnisse beruhen auf einer vom DStGB und der Initiative Logistikimmobilien (Logix) Ende 2020 bundesweit durchgeführten Umfrage unter Kommunen und zeigen, dass Logistik zwar als systemrelevanter Wirtschaftsbereich von den Gemeinden anerkannt wird, Kommunalvertreter und Bevölkerung sich aber mehr Transparenz und Dialogbereitschaft seitens der Vertreter dieser Branche wünschen. Hier müssen Entwickler und Nutzer ansetzen, um Logistikimmobilien bei der städtebaulichen Gestaltung der Innenstädte ins Spiel zu bringen.

Hinzu kommt das Thema Nachhaltigkeit in seinen vielfältigen Ausprägungen. Aufgrund der Dringlichkeit und der bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels und mit Blick auf Umweltkatastrophen und den Anstieg der Meeresspiegel müssen Entwickler überzeugende Ansätze zum Klima-, Umwelt und Artenschutz vorlegen. Dafür sind die politischen Vorgaben auf nationaler und internationaler Ebene vorhanden, denn sowohl die EU als auch die Bundesregierung haben die Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts festgelegt. Auch das Bundesverfassungsgericht forderte in einem historischen Urteil mehr Engagement des Gesetzgebers. Für Transparenz und Klarheit können dabei Nachhaltigkeitsstandards wie die international etablierten ESG-Kriterien sorgen, die die drei nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche identifizieren: Umwelt-, Klima- und Artenschutz (Environment), die soziale Dimension (Social) und Unternehmensführung (Governance).

Projektentwickler haben schon jetzt viele Möglichkeiten bei der nachhaltigen Entwicklung einer Immobilie. Im Bereich Energieversorgung stehen Photovoltaik- sowie Geothermie-Anlagen zur Verfügung. Aber auch der Einsatz von Fassaden- und/oder einer Dachbegrünung ist möglich, die als natürliche Klimaanlage dienen und sogar aktiv klimaschädliche Treibhausgase wie CO2 aus der Luft filtern können.

Trotz der technischen Möglichkeiten wird die Herausforderung für Projektentwickler in der Verbindung von Ökologie und Ökonomie liegen. Die Möglichkeit dafür weisen  die Autoren der fünften Logix-Publikation „Klimabilanz – Impulse für die Logistikimmobilienwirtschaft“ nach, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass eine CO2-neutrale Entwicklung von Logistikimmobilien sowohl aus technischer und baulicher als auch aus wirtschaftlicher Perspektive unkompliziert möglich ist.

Zuletzt darf im Rahmen einer zukunftsfähigen Gestaltung von Logistikimmobilien die ästhetische Komponente nicht vergessen werden. Denn gerade Citylogistik-Immobilie müssen sich in ihre Umgebung einpassen, um das Stadtbild nicht mit einer grauen Fassade zu zerstören. Hier ist eine kreative Architektur gefragt, die neben der Funktionalität einer Immobilie auch ihre Umfeldverträglichkeit berücksichtigt.

Die Anforderungen an nachhaltige und architektonisch anspruchsvolle Citylogistik-Immobilien bedeuten für Entwickler einen erhöhten Aufwand bei der Projektrealisierung. Vor allem die Revitalisierung von Brachflächen ist mit Risken und Unwägbarkeiten verbunden und erfordert viel Erfahrung u. a. im Umgang mit Gefahrstoffen. Dennoch kann sich der Aufwand lohnen, wenn er neue Wege einer Entwicklung aufzeigt, die einen Mehrwert für Wirtschaft, Bevölkerung und Kommune schafft.