Vermietungsmarkt Logistik

eCommerce und Handel treiben das Geschäft

Großprojekt von Amazon in Gera. Foto: Amazon

Die Zwangsschließungen setzen innerstädtischen Nonfood-Händlern stark zu. Die Verlagerung vieler Einkäufe in den Online-Handel haben dagegen dem Markt für Logistik- und Lagerflächen 2020 Auftrieb gegeben und ein weiteres Rekordjahr beschert. Denn wesentlicher Treiber des Vermietungsgeschäfts war der eCommerce. Aber auch der stationäre Handel gehörte dazu.

Unternehmen aus dem eCommerce haben nach Angaben von JLL deutschlandweit mit mehr als 1 Mio. qm Lagerflächen ein Rekordvolumen angemietet. Ein weiterer Rekord des Vorjahres war der Flächenumsatz von 3,9 Mio. qm im lebhaften zweiten Halbjahr. „Noch nie in einem Halbjahr lag das Umsatzvolumen höher“, berichtet der Immobiliendienstleister. Insgesamt wurde im Vorjahr mit einem Flächenumsatz von etwa 6,9 Mio. qm das zweithöchste Jahresergebnis nach dem Rekordumsatz von 2018 mit 7,2 Mrd. Euro im erreicht. Der Wert wurde nur um 4% verfehlt.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) mit einem bundesweiten Flächenumsatz von gut 6,83 Mio. qm, der in etwa an das Niveau von 2019 herankommt und um 7% unter der Bestmarke von 2018 liegt. Neben dem eCommerce rechnet der Immobiliendienstleister auch den stationären Handel zu den Treibern. Das gilt vor allem für den Lebensmittelhandel.

Dagegen stellt sich die Lage in Teilen der Exportwirtschaft und der Industrie durchaus schwieriger dar, wie Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, berichtet. Viele Unternehmen hätten ihre Arbeitsabläufe und Lieferstrukturen im zweiten Halbjahr aber schon an die Umstände angepasst.

Insgesamt kam 2020 mit einem Anteil von 40% laut JLL die stärkste Flächennachfrage von Einzelhändlern und eCommerce-Unternehmen. Mit 34% der Flächennachfragte folgt der Bereich Transport, Verkehr, Lagerhaltung, während auf Industrieunternehmen ein Anteil von 22% entfiel. Insgesamt passt es ins Bild, dass der bundesweit größte Eigennutzerabschluss des Vorjahres im dritten Quartal auf den Online-Händler Amazon entfiel, der in Gera ein 153 000 qm großes Logistikzentrum baut.

Und auch die größte Anmietung außerhalb der Big 5 fällt mit dem Nonfood-Discounter Tedi auf den Handel, der im dritten Quartal 80 000 qm in einer Projektentwicklung in Kamen anmietete. Von den 15 erfassten Abschlüssen mit mindestens 50 000 qm entfielen zehn auf den Handel, ergänzt BNPPRE. Der Immobilienberater sieht den Handel mit einem Flächenanteil von 37% gleichfalls an der Spitze.

Geprägt wird das Vermietungsgeschäft vor allem von Neubauprojekten, wobei die spekulative Entwicklung ohne Vorvermietung heute keine Seltenheit ist. Bei einem Neubauanteil von 68% am Gesamtflächenumsatz scheint das Risiko überschaubar, denn größere, kurzfristig verfügbare Bestandsflächen sind Mangelware, wie BNP Paribas Real Estate berichtet. Auch viele Eigennutzer, deren Anteil an den Vermietungen bei 36% liegt, sind nach Beobachtung des Dienstleisters gezwungen, „sich passgenaue Flächen individuell errichten zu lassen, da an vielen Standorten nur sehr begrenzt geeignete Leerstandsobjekte zur Verfügung stehen“.

Rewe-Logistikzentrum setzte Zeichen

Den größten Eigennutzerdeal in den Top 5-Städten bildet laut JLL der Baubeginn des 86 500 qm großen Rewe-Logistikzentrums in Henstedt-Ulzburg in der Region Hamburg im dritten Quartal. „Nicht zuletzt dieser Deal schraubte den Anteil der Eigennutzer in der Region Hamburg auf knapp unter 50% im Gesamtjahr hoch und damit auf das höchste prozentuale Niveau seit 10 Jahren“, wie Frank Weber, Head of Industrial Leasing bei JLL Germany, berichtet.

Nicht ganz einig sind sich die Experten bei der Mietentwicklung. Während JLL berichtet, dass die Spitzenmieten für Lagerflächen ab 5 000 qm in den vergangenen zwölf Monaten in den Big-5-Städten stabil blieben, schreibt BNPPRE, dass es mit Blick auf die unverändert hohe Nachfrage nicht überraschend ist, „dass sich die Mieten tendenziell weiter im Aufwind befinden“. So seien die Spitzenmieten im Jahresvergleich in Frankfurt mit 7,00 Euro je qm und Monat um 6% gestiegen, in Düsseldorf um 6% auf 6,10 Euro, in Köln um 4% auf 5,60 Euro und in Leipzig um 2% auf 4,60 Euro. Stabil seien sie mit 7,20 in Berlin geblieben, mit 6,30 Euro in Hamburg, mit 7,00 Euro in München, mit 7,00 Euro in Stuttgart und mit 4,90 Euro im Ruhrgebiet. Und auch die Durchschnittsmieten hätten an mehreren Standorten spürbar angezogen.

Der Jahresauftakt 2021 war vielversprechend

JLL ermittelte die höchsten Spitzenmieten Ende 2020 mit 7,10 Euro je qm und Monat für Topflächen in der Region München, vor Hamburg und Frankfurt mit 6,40 Euro und 6,20 Euro. Günstiger seien Lager- und Logistikflächen mit 5,50 Euro in Berlin und Düsseldorf. Allerdings erwartet der Immobilienberater für 2021 auch eine leichte Aufwärtstendenz bei den Spitzenmieten in Regionen wie Düsseldorf. Steigende Durchschnittsmieten prognostiziert er für Berlin und Frankfurt.

Das größte Flächenvolumen wurde laut JLL mit 5,04 Mio. qm außerhalb der Big 5 Regionen vermietet, nach 5,07 Mio. qm 2018. BNPPRE liegt mit seinem Vermietungsvolumen von 4,42 Mio. qm etwas darunter und beziffert den Flächenumsatz für die großen Logistik-Hubs mit knapp 2,42 Mio. qm, 4% mehr als 2019.

Nach einem „vielversprechenden Jahresauftakt“ 2021, in dem der von der Pandemie noch unbelastete Jahresbeginn 2020 deutlich übertroffen wurde, erwartet JLL-Experte Weber, dass sich der Boom in diesem Jahr fortsetzt und das Vermietungsvolumen die 7 Mio. qm Marke überspringen kann. Als Gewinner sieht er den Online-Handel, aber auch „eine wieder erstarkende Wirtschaft“. Auch für Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory bei BNPPRE, bleiben die Rahmenbedingungen und Perspektiven für die Branche trotz des aktuellen Lockdowns positiv, zumal auch wieder bestimmte Industriezweige und Logistikdienstleister von einer sich abzeichnenden konjunkturellen Erholung profitieren werden. Neben dem eCommerce sieht er auch den Lebensmittelhandel als Treiber.

Auch Hafner hält im Falle einer Eindämmung der Pandemie auf Grund von Nachholeffekten das Überschreiten der 7 Mio. qm Marke für erreichbar – allerdings bei einem beschleunigten Mietpreiswachstum. Weber erwartet zudem, dass der Fußabdruck von Logistikimmobilien stärker ins Bewusstsein rückt: CO2-Minderungskonzepte seien in den Strategien der Nutzer, der Investoren bzw. der Vermieter fest verankert.