Vermietungsmarkt Innenstadt

Durchschnittsmieten könnten 2020 nachgeben

Interesse am Einkaufsbummel steigt wieder. Foto: BTE

rv DÜSSELDORF. Mit dem Wandel im Einzelhandel vollzieht auch der Vermietungsmarkt für innerstädtische Retail Assets einen kontinuierlichen Wandlungsprozess. Dazu gehörte im Jahr 2019 beispielsweise, dass nach Erkenntnis von JLL die große Nachfrage nach Verkaufsflächen in kleinen und mittleren Städten dem Vermietungsmarkt das zweitbeste Ergebnis der vergangenen fünf Jahre beschert hat. Dagegen hatten die Big 10 mit Herausforderungen zu kämpfen. Das könnte sich im Jahr 2020 aber wieder ändern.

Für viele Einzelhändler, die gerade in Zeiten des Wandels auf die Kosten schauen müssen, ist die Expansion derzeit auch eine Frage der Miethöhe. Nach den Worten von Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany, hat es die Konsumenten in den vergangenen Jahren vor allem in die großen Einkaufsstädte gezogen: „Klein- und Mittelstädte litten zuerst unter diesem Trend, der mit dem Anstieg des Online-Umsatzes einherging“, weiß der Experte. Inzwischen komme die Transformation des Handels aber auch in vielen mittleren und kleineren (attraktive) Städten an, die mit ihrer Regionalität punkten können. Denn Produkte und Betreiber aus der Region sind mit Blick auf die größere Umweltverträglichkeit durch kürzere Lieferwege bei Kunden heute sehr angesagt.

„Entsprechend steigt auch hier die Nachfrage nach Flächen und insbesondere deshalb“, so Wichner, „weil Konzepte Flächen zu Preisen finden, die in den Metropolen nicht möglich wären. Davon profitieren Kunden, Städte und Händler gleichermaßen.“ Unter dem Strich ermittelte der Immobiliendienstleister für das Vorjahr etwa 1 150 Anmietungen mit einem Flächenumsatz, der mit 500 000 qm nur geringfügig unter dem Fünfjahresschnitt von 504 000 qm blieb.

Die Kehrseite der Entwicklung war im Vorjahr in den Big 10 zu beobachten, den zehn bedeutendsten Einkaufsstädten. Hier schnitten immerhin fünf Städte wie Köln,Düsseldorf, Leipzig und Stuttgart aber auch Berlin schlechter ab als 2018. Die Bundeshauptstadt konnte mit ihrem Flächenumsatz von 41 300 qm aber immerhin noch die Spitzenposition behaupten. Zudem hebt JLL hervor, dass in Berlin – gegen den Trend in vielen Großstädten – auch noch Verkaufsflächen mit mehr als 1 000 qm vermietet werden konnten. Sie machten in der Stadt rund die Hälfte des Flächenumsatzes aus. Hier ist die Zahl der Interessenten in Zeiten, in denen über Flächenverkleinerungen nachgedacht wird, eher überschaubar.

Flächen in oberen Etagen werden zurückgegeben

Nach Wichners Erfahrung sind aber auch in der Bundeshauptstadt mehrstöckige Verkaufsflächen für Einzelhändler und Kunden nicht mehr attraktiv. Darauf müssen sich auch die Immobilieneigentümer einstellen. „Unproduktive Flächen wie beispielsweise in den Obergeschossen werden da gern an den Vermieter zurückgegeben“, weiß der Vermietungsexperte, „und finden in anderen Nutzungsarten wie Büro oder Wohnen gerade in den Big 10 reißend Absatz“.

Mit einem Flächenumsatz von 25 800 qm – realisiert vor allem im ersten Quartal 2019 ­– konnte sich Frankfurt a. M. hinter Berlin auf Platz zwei setzen, vor der Bayernmetropole München mit 20 700 qm Flächenumsatz, der laut JLL vor allem wieder in den gehobenen Lagen Maximilianstraße und Theatinerstraße erzielt wurde. Hier wurden zusammen 14 Vermietungen gezählt. Ambivalenter war die Entwicklung in Köln, Düsseldorf, Leipzig und Stuttgart. In Stuttgart prägte die Vermietung von kleineren Flächen mit weniger als 500 qm pro Vermietung das Geschäft und auch in Leipzig gingen vor allem kleinflächige Läden.

Die Domstadt Köln verzeichnete laut JLL ein durchschnittliches Vermietungsjahr, das an das überdurchschnittliche Vorjahresergebnis mit 31 800 qm nicht heranreichen konnte. Hier sanken auch die durchschnittlichen Spitzenmieten um 4% auf 250 Euro je qm. In den übrigen Top 10 blieben die Mieten nach Erkenntnis des Dienstleisters mehr oder weniger konstant.

Als enttäuschend bezeichnete er aber die Entwicklung in der rheinischen Nachbarstadt Düsseldorf: „Obwohl es derzeit einige Projektentwicklungen in der Stadt gibt, wurden nur 37 Mietvertragsabschlüsse gemeldet. Im Vorjahr waren es noch 67.“ Die Zurückhaltung könnte auf die Irritationen durch die großen Bauarbeiten in der Einkaufsmeile Schadowstraße zurückzuführen sein. Erst wenn das Projekt abgeschlossen ist und die Straße neugestaltet wurde, könnte sich die Lage normalisieren.

 Ein maßgeblicher Grund für die aufgezeigte Entwicklung auf dem Vermietungsmarkt ist laut JLL, dass Textilhändler insbesondere im mittleren Preissegment, die derzeit durch die Online-Konkurrenz unter Druck stehen, ihre Ladengrößen und ihre Betriebskosten zu optimieren suchen. „Wir hören von den Textil-Einzelhändlern im mittleren Preissegment immer wieder Zahlen, die den Rückgang ihrer Offline-Umsätze dokumentieren“, berichtet der Experte. „Um dem entgegenzuwirken und die Flächenproduktivität zu halten, wird derzeit intensiv an zwei Fronten gearbeitet: Erstens versuchen natürlich alle Händler an ihren Konzepten zu feilen, um für Kunden attraktiv zu sein. Zweitens werden aber auch Ladengrößen und Betriebskosten optimiert, um die Profitabilität jedes einzelnen Geschäfts sicher zu stellen.“ Dadurch werden – wie erwähnt – auch Flächen in oberen Etagen für andere Nutzungen frei.

Noch Verhandlungspotenzial bei einigen Mietverträgen

Dass der Textileinzelhandel seinen Anteil am Flächenumsatz 2019 laut JLL dennoch leicht auf 27% erhöhen konnte, führt der Immobiliendienstleister auf die expansive Strategie der Textildiscounter zurück. Zu nennen sind hier etwa Ernsting’s Family mit 18 Anmietungen und TK Maxx mit zwölf neuen Märkten. Der expansive Bereich Gastronomie/Food folgt mit 24% auf dem zweiten Platz. Und auch die Drogeriemärkte expandieren weiter, zumal der lokale Hamburger Spieler Budnikowsky sich mit Edeka im Rücken anschickt, auch bundesweit zu wachsen.

In seinem Ausblick auf das Jahr 2020 ist Wichner zuversichtlich, dass sich das Vermietungsgeschäft in den Top 10 in diesem Jahr noch weiter beleben wird. Anlass für seine Zuversicht ist, dass noch viele Verkaufsflächen zu Konditionen am Markt angeboten werden, die für die Mieter nicht akzeptabel sind. Einige Vermieter brauchen offenbar noch Zeit, um sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Aus Wichners Sicht ist die Lücke aber klein genug, so dass weitere Abschlüsse zustande kommen würden. Seine Zuversicht gründet darauf, dass die Innenstädte und das Offline-Shopping bei den Kunden wieder attraktiver werden. Das habe das jüngste Weihnachtsgeschäft gezeigt.

Aus Sicht des Immobiliendienstleisters zeichnet sich aber ein Nachgeben der Mieten in den 185 untersuchten Einzelhandelsstandorten im ersten Halbjahr um durchschnittlich 1,3% ab. In Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern wird ein durchschnittlicher Rückgang von 0,4% erwartet. In den Städten mit 100 000 bis 250 000 Einwohnern wird ein durchschnittlicher Rückgang von 1,5% und in den Städten mit weniger als 100 000 Einwohnern von 1,3% erwartet. „Einzig für die bisher sehr stabilen mittelgroßen Städte mit 250 000 bis 500 000 Einwohnern wird ein deutlicherer Rückgang von 3,2% erwartet“, heißt es im Marktbericht.