Online-Handel

Die zehn Größten treiben den Markt

HIR DÜSSELDORF:Nach dem von der Corona-Pandemie ausgelösten Boom 2020/21 und der von der anschließenden Rückkehr des stationären Einzelhandels ausgelösten Flaute 2022/23 nimmt der Online-Handel in Deutschland wieder Fahrt auf. Abzulesen ist das an dem nominalen Wachstum der 1 000 größten Online-Shops von 3,8% auf 80,4 Mrd. Euro 2024. Das waren real 3,0% und in absoluten Zahlen 2,9 Mrd. Euro mehr als 2023.

Mit Blick auf die Tatsache, dass das Wachstum stark von den zehn umsatzstärksten Online-Händlern getrieben wurde, die ein Plus von 8% verzeichneten, während die übrigen 990 Shops nur auf ein Umsatzwachstum von 1,3% kamen, konstatiert Friedrich Schwandt, CEO des Hamburger Analyseunternehmens ECDB, dass „der Markt somit stark konzentriert bleibt“. Denn die großen Anbieter würden schneller wachsen und sich damit einen immer größeren Anteil am Gesamtmarkt sichern.

Die Zahlen zeigen das deutlich: Auf die Top 10 entfällt immerhin ein Marktanteil von 38,8%, bei den Top 100 sind es 70,7%, so dass sich die restlichen 900 Online-Shops den verbliebenen Marktanteil von 29,3% teilen müssen. Dies sind die Ergebnisse der neuen Studie E-Commerce-Markt Deutschland 2025 von EHI Retail Institute in Köln und des Hamburger Analyse-Unternehmens ECDB. Für das laufende Jahr rechnen die Experten bei den Umsätzen der Top-1 000-Onlineshops sogar mit einem nominalen Wachstum von 5,3%.

Diese starke Konzentration auf große Player zeigt aber auch der Blick auf die Top 10. So liegt der US-Branchenriese Amazon mit einem Netto-Umsatz von knapp über 15 Mrd. Euro (+2,3%) mit großem Abstand an der Spitze vor der Nummer zwei, otto.de mit 4,41 Mrd. Euro (+5,8%) und zalando.de mit 2,58 Mrd. Euro (+2,8%). Auf den weiteren Plätzen folgen – in engerer Abfolge – mediamarkt.de mit 2,116 Mrd. Euro (+2,6%), apple.com mit 1,71 Mrd. Euro (+3,4%), ikea.com mit 1,434 Mrd. Euro (+3,0%), shein.com mit 1,12 Mrd. Euro (+18%), shop-apotheke mit gut 1 Mrd. Euro (+29,1%), rewe.de mit 920 Mio. Euro (+33,5%) und schließlich about you.de mit rund 815 Mio. Euro und einem Wachstum von 5%.

Laut Studie hat es der aufstrebende chinesische Anbieter Shein mit Platz 7 erstmals in die Top 10 geschafft. Genauso wie der Lebensmittelhändler Rewe mit der höchsten Wachstumsrate von 33,5% auf Platz neun erstmals in der Liste vertreten ist. Und auch die shop-apotheke, die sehr fleißig Werbung macht, schaffte es durch die hohe Wachstumsrate auf Platz 8. Wie E-Commerce-Experte Lars Hofacker vom EHI Retail Institute vor diesem Hintergrund feststellt, gewinnen neben den etablierten Playern zunehmend auch Anbieter des täglichen Bedarfs im Online-Geschäft an Bedeutung. Er erklärt das mit den veränderten Einkaufsgewohnheiten der Bundesbürger, die Lebensmittel häufiger online bestellen, sei es per Lieferung oder um sie abzuholen. Und auch das E-Rezept treibe „die digitale Bestellung in Apotheken voran“. In der Werbung wird das ständig vorgemacht.

Noch größer als bei den Top Ten der größten Online-Shops ist der Unterschied zwischen der Nummer eins und den folgenden Plätzen bei den Online-Marktplätzen. Hier liegt Amazon sogar mit einem Bruttohandelsvolumen von gut 52 Mrd. Euro (+4,2%) auf dem Spitzenplatz. Mit gut 8,7 Mrd. Euro (-1,3%) folgt Ebay auf Platz zwei, vor dem Hamburger Versender Otto, der ein Wachstum von immerhin 9% auf gut 7 Mrd. Euro verzeichnete. Auch Zalando auf Platz vier konnte um 3,9% auf 4,06 Mrd. Euro zulegen.

Den stärksten Sprung verzeichnete allerdings der chinesische Marktplatz temu.com, der sich mit einem Wachstumsschub von rund 285% auf 3,4 Mrd. Euro als neuer Fünfter in der Liste präsentierte. „Damit wird sichtbar, wie schnell neue internationale Anbieter die Marktstruktur verändern und etablierte Plattformen herausfordern“, findet EHI-Experte Lars Hofacker. Dieses exorbitante Wachstum von Temu verdeutlicht aus seiner Sicht, „wie stark der Wettbewerbsdruck im E-Commerce steigt – und wie dynamisch sich die Marktverhältnisse verschieben“. Allerdings kritisiert die Handelsbranche die Praktiken von Shein und Temu nachdrücklich und hat die EU-Kommission auch bereits des Öfteren aufgefordert, dagegen vorzugehen und für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

Bewegung registrierten die Forscher auch bei den Online-Bezahldiensten, die laut Studie an Bedeutung gewinnen. Demnach wird etwa Apple Pay inzwischen von mehr als einem Drittel der untersuchten Online-Shops angeboten, was einem Anstieg um etwa 43% gegenüber dem Jahr 2023 entspricht. Noch stärker ist Google Pay mit 63% gestiegen und hat sich damit auf Platz drei der meistverbreiteten Wallets (Online-Bezahldienste) geschoben. Allerdings bleibt Paypal mit einer Verfügbarkeit von 95% laut Studie der mit Abstand immer noch am weitesten verbreitete Anbieter. „Mit Spannung wird zudem erwartet, welchen Einfluss neue Anbieter wie Wero im kommenden Jahr auf den Markt haben werden – insbesondere, wenn eine Integration in den Online-Handel möglich wird“, stellen die Forscher in ihrer Studie fest.