Die Deutschen gelten als besonders preisorientierte Kundinnen und Kunden, worauf sich der hiesige Lebensmittelhandel – nicht zuletzt mit der Erfindung der Discounter und der No-Name-Produkte – eingestellt hat. Daneben ist die Bequemlichkeit beim Lebensmittelkauf ausschlaggebend für die Wahl der bevorzugten Einkaufsstätte, wie die Ergebnisse des jüngst vom Handelsverband Deutschland (HDE) vorgelegten „Handelsreports Lebensmittel“ zeigen.
So kauft das Gros der Bundesbürger bevorzugt in Lebensmittelmärkten ein, die sich entweder in der Nähe des Wohnorts, des Arbeitsplatzes oder auf dem Weg zwischen Wohnort und Arbeitsstätte befinden. Begünstigt wird diese Vorliebe aber zweifellos durch das im weltweiten Vergleich sehr eng geknüpfte Netz aus Lebensmittelmärkten in Deutschland. So gaben laut Handelsreport Lebensmittel des HDE 87% der befragten Verbraucher an, dass sie ein gut erreichbares Lebensmittelgeschäft in der Umgebung haben. Nur 3% der Befragten klagten über das Fehlen von gut erreichbaren Lebensmittelmärkten in ihrer Umgebung.
Zu den Ansprüchen der meisten Bundesbürger (70%) an den Lebensmittelkauf gehört es laut HDE aber auch, eine Wahl zwischen den unterschiedlichen Vertriebstypen aus Discountern, Supermärkten, Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern zu haben. Stichwort: Sortimentsspreizung. Denn diese Gruppe (80,5%) möchte im Rahmen des One-Stop-Shoppings möglichst alles bei einem Einkauf erledigen, was beispielsweise im Discounter oder im kleinen Supermarkt nicht ohne weiteres möglich ist. Hinzu kommt, dass die großen Formate wie Verbrauchermärkte mit bis zu 5 000 qm Verkaufsfläche und SB-Warenhäuser mit mehr als 5 000 qm diesen Anforderungen durch die Bündelung der Sortimente verschiedener Warengruppen wie auch Textilien, Schuhe, Elektrogeräte etc. gerecht werden können.
Bei einem Jahresumsatz von hochgerechnet etwa 211 Mrd. Euro im Jahr 2023 betreibt der deutsche Lebensmittelhandel, der von den vier großen Unternehmen Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz-Gruppe mit Kaufland und Lidl dominiert wird, etwa 36 900 Lebensmittelmärkte. Dabei bilden die Discounter mit üblicherweise weniger als 1 000 qm Verkaufsfläche und einer Gesamtzahl von 15 972 Standorten die zahlenmäßig größte Gruppe – auch beim Umsatz, der sich auf 97,6 Mrd. Euro summiert. Mit 10 890 Geschäften in der Größenordnung von 400 bis 2 500 qm folgen die Supermärkte, die zuletzt einen Jahresumsatz von 65,4 Mrd. Euro auf sich vereinigen konnten. In diesem Feld sind vor allem die selbstständigen Edeka- und Rewe-Kaufleute aktiv. Hier verbinden sich die Vorteile des selbstständigen Unternehmers mit der Einkaufsmacht der großen Genossenschaften.
Aber auch bei den großen Supermärkten mit 2 500 bis 5 000 qm und einem kleineren Nonfood-Sortiment, die auch als Verbrauchermärkte bezeichnet werden, finden sich viele selbstständige Edeka- und Rewe-Kaufleute. In diesem Segment werden 1 269 Standorte mit einem Umsatz von 22,3 Mrd. Euro gezählt. Und schließlich runden die 719 SB-Warenhäuser mit mehr als 5 000 qm Verkaufsfläche, einem z.T. großen Nonfood-Sortiment und einem Jahresumsatz von 20,5 Mrd. Euro, das Angebot der Vertriebsformen des Lebensmittelhandels ab. In diesem Markt ist Kaufland der Marktführer, aber auch die mittelständische Globus-Gruppe aus dem saarländischen St. Wendel mit ihren großen Märkten und Nonfood-Sortimenten kann sich gut behaupten. Daneben gibt es noch die Marktkauf-Märkte von Edeka.
In Deutschland gibt es etwa 36 900 Lebensmittelmärkte
Da die Verbraucher die verschiedenen Einkaufsformate gleichermaßen nutzen, stehen sie laut Lebensmittelreport „auf jeder Ebene, d. h. auf der Format-, Anbieter- und innerhalb der Anbieterebene (regional, auf der Ebene der selbständigen Supermarktbetreiber) in direkter Konkurrenz“. Entsprechend groß ist demnach die Gefahr, dass die Kunden die Einkaufsstätte wechseln, wenn sie ihre Ansprüche nicht erfüllt sehen. Generell gehen die Bundesbürger im Schnitt in vier verschiedenen Einkaufsstätten. Bei der Mehrheit (über 80%) sind auf jeden Fall ein Supermarkt und ein Discounter dabei, was angesichts der großen Zahl dieser beiden Formate nicht verwundert. Hier handelt es sich meistens um den Laden in der Nachbarschaft für die schnelle Besorgung. Dahinter steckt auch die gezielte Strategie etwa von Aldi, das Filialnetz eng zu knüpfen. Der Einkauf im Drogeriemarkt ist bei 55,9% der Befragten bei den vier Einkaufsstätten dabei und der Einkauf im großen Supermarkt bei 49,4%. Aber auch das Lebensmittelfachgeschäft gehört bei 48% zur Kombination.
Eine beachtliche Rolle spielen zudem Wochenmärkte (23,6%), Biosupermärkte/Reformhäuser (20,4%) und Erzeuger (20,3%), während auf den Online-Kauf 13,1% und auf Tankstellen, Kioske sowie Convenience-Formate 9,1% entfallen. Das Angebot ist breit gefächert, kann je nach Marktgröße 63 000 Artikel umfassen und reicht bei Supermärkten aber auch mit 9,6%, bei Verbrauchermärkten mit 7,8% und bei Discountern mit 7,6% in den Bereich des Direktverzehrs von Fertigprodukten hinein.
Diese Angebotspalette der Formate bildet auch die Ansprüche der Kunden ab, die laut Lebensmittelreport nicht zuletzt auch mit Blick auf die hohen Inflationsraten bei Lebensmitteln neben den teureren Markenprodukten der Hersteller auch Handelsmarken im mittleren und unteren Preissegment fordern, genauso wie regionale Produkte, gentechnikfreie und Bioprodukte. Wichtig ist das Preis-Leistungsverhältnis und die Qualität der Produkte.
Werden diese Ansprüche nicht erfüllt, wechseln 8 von 10 Kunden den Anbieter. Und wenn die geforderte Sortimentsbreite fehlt, dann wechseln 5 von 10 Kunden. Vor diesem Hintergrund steht der Lebensmittelhandel ständig vor der Herausforderung, seine Leistungen zu optimieren. Der deutsche Lebensmittelhandelsmarkt mit seinem Oligopol aus vier großen Unternehmen gilt als einer der wettbewerbsintensivsten der Welt, in dem der Preis eine zentrale Rolle spielt.
Das gilt vor allem für die 47 bis 50% der Kunden, die – wie oben bereits erwähnt – an ihren bevorzugten Einkaufsstätten zwar vor allem die Nähe schätzen, doch die auch bereit sind, andere Lebensmittelmärkte aufzusuchen, wenn hier attraktive Sonderaktionen geboten werden. 52% der Kunden orientieren sich laut Lebensmittelreport am Preis: „Auf Preissteigerungen reagieren Konsumenten und Konsumentinnen mit Ausweichstrategien“, heißt es hier. Jeder vierte reagiert mit Konsumverzicht und kauft gar nicht oder weniger. Und daran ändert sich auch im Zeitablauf wenig. Die Kunden behalten die Preise im Auge, passen ihr Kaufverhalten an und reduzieren die Mengen.