Konsum- und Geschäftsklima

Die Stimmung bleibt im Keller

Im Winter wird sich zeigen, wie viel Kaufkraft bleibt. Foto: Comfort

rv DÜSSELDORF. Die Stimmung unter deutschen Verbrauchern und Unternehmern ist im Keller. Das ist die gute Nachricht, denn dadurch bleibt wenig Spielraum für ein weiteres Abgleiten der Konjunkturindikatoren nach unten. Das GfK-Konsumklima und der Ifo-Geschäftsklima-Index spiegeln im August vor allem die gesellschaftliche Verunsicherung in einer Zeit des gravierenden Wandels wider.

Zwar verzeichneten die Teilindikatoren Konjunkturerwartungen und Einkommenserwartungen von ihrem niedrigen Niveau aus laut GfK „minimale Zuwächse“ und die Anschaffungsneigung ging nur um 1,2 Punkte auf -15,7 Zähler zurück, doch überschattete der sprunghafte Anstieg der Sparneigung diese moderate Entwicklung im August, sodass das Konsumklima seine steile Talfahrt fortsetzt. Hinzu kommt, dass sich der Teilindex Anschaffungsneigung damit dem niedrigsten Wert seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Oktober 2008 mit -20,1 Punkten annähert.

Vor diesem Hintergrund erwartet die GfK beim Konsumklima-Index für September 2022, wenn Neun-Euro-Ticket und Tank-Rabatt ausgelaufen sind, gegenüber August einen Rückgang um 5,6 Punkte auf -36,5 Zähler. Denn der sprunghafte Anstieg der Sparneigung um 17,6 auf 3,5 Punkte signalisiert, dass sich die Bundesbürger auf einen in punkto Energiekosten teuren Herbst und Winter vorbereiten und Geld zurücklegen. Laut GfK war die Sparneigung nur im Juli 2011 – mitten in der Euro-Schuldenkrise – mit 7,1 Punkten noch höher. Das mindert den Spielraum für nicht zwingend notwendige Anschaffungen.

Diese Sparsamkeit lässt das Konsumklima laut Rolf Bürkl, Experte für den Bereich Konsum bei der GfK, seine „steile Talfahrt“ fortsetzen: „Die Furcht vor deutlich höheren Energiekosten in den kommenden Monaten zwingt viele Haushalte zur Vorsorge und dazu, Geld für zukünftige Energierechnungen auf die Seite zu legen.“

Damit sieht Bürkl das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Denn erst in den nächsten Wochen und Monaten wird sich mit der beginnenden Heizperiode zeigen, ob in Deutschland genügend Brennstoffe, vor allem Gas, zur Verfügung steht. „Dies würde zu einem weiteren Preisanstieg führen und die Heizkostenabrechnungen zusätzlich in die Höhe treiben“, schreibt die GfK.

Ändern wird sich die schlechte Stimmung unter den Verbrauchern aus zum einen erst, wenn sich im Russland-Ukraine-Konflikt eine gangbare Lösung abzeichnet. Die ist aber nicht in Sicht. Zum andern ist es notwendig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre expansive Geldpolitik zurückfährt und mit Zinserhöhungen beginnt, um die Inflation nachhaltig zu bekämpfen.

Im Einzelnen hat sich die Konjunkturerwartung im August um 0,6 Punkte auf -17,6 Punkte verbessert, lag damit aber um 58 Punkte unter dem Wert vom August 2021. Im September ist sie wieder gesunken. Auch die Einkommenserwartung verbesserte sich um 0,4 Punkte auf -45,3 Zähler, blieb aber um knapp 76 Zähler unter dem Vorjahreswert und ist im September wieder gesunken.

Große Furcht vor einer Rezession

Insgesamt zeigen die Teilindikatoren, dass die Furcht der Bundesbürger vor einer Rezession groß ist. Laut GfK machen sich zudem viele Unternehmen große Sorgen über die Entwicklung der Energiepreise, die zuletzt explosionsartig gestiegen sind und über die Frage, ob es im Winter genügend Energie geben wird. Hinzu kommen die bestehenden Lieferengpässe auf Grund der unterbrochenen Lieferketten, so dass es zu Produktionseinschränkungen kommen könnte. „Dies würde eine Rezession wahrscheinlicher machen“, schreibt GfK.

Auch der Ifo-Geschäftsklima-Index ksignalisiert, dass die Stimmung in der deutschen Wirtschaft schlecht ist. Zwar ging es im August gegenüber Juli nur um 0,2 Prozentpunkte auf 88,5 Punkte nach unten, doch signalisiert das insgesamt niedrige Niveau die hohe Unsicherheit bei den Unternehmen. So sind die Befragten mit der aktuellen Lage weniger zufrieden und der Ausblick auf die nächsten Monate ist laut Ifo Institut „unverändert deutlich pessimistisch“. Die Experten gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal schrumpfen wird.

Im Verarbeitenden Gewerbe berichtet vor allem die chemische Industrie von großen Problemen. Ansonsten ging der Auftragsbestand laut Ifo erneut leicht zurück, sodass die Unternehmen die aktuelle Lage etwas weniger gut beurteilen, aber etwas weniger pessimistisch in die Zukunft blicken, wobei nicht ganz klar ist, woher diese Entspannung kommt.

Die Gastronomie blickt skeptisch in die Zukunft

Nach dem starken Einbruch im Juli hat sich das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor wieder leicht erholt – vor allem im Tourismus – und viele Unternehmen beurteilen die aktuelle Lage wieder etwas besser, wobei die Zukunft vielen ungewiss erscheint. Vor allem das Gastgewerbe blickt skeptisch auf die kühlere Jahreszeit und befürchtet eine merkliche Verschlechterung der Geschäfte.

Im Handel ist die Lage von einem Dilemma gekennzeichnet. Einerseits belastet die hohe Inflation die Geschäfte, da die Kunden bei sinkender Kaufkraft weniger kaufen können, andererseits muss der Handel seinerseits die Preiserhöhungen der Vorstufe weitergehen. „Immer weniger Firmen berichteten von gut laufenden Geschäften“, schreibt das Ifo Institut, und die Branche blicke sehr pessimistisch in die Zukunft. Dagegen hat sich das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe wieder verbessert, da die Unternehmen ihre aktuelle Lage besser beurteilen und weniger pessimistisch auf die nächsten Monate blicken. Woher der Optimismus mit Blick auf die steigenden Zinsen und steigenden Baukosten kommt, ist aber nicht klar.