Signa Gruppe: Benko zieht sich zurück

Die Krise zieht immer weitere Kreise

Luxus-Kaufhaus KaDeWe in Berlin. Foto: Signa

rv DÜSSELDORF. Wie bei einem Stein, der ins Wasser fällt, zieht die Krise um die österreichische Signa Gruppe immer weitere Kreise. Stillstand auf Baustellen wie beim Carsch Haus im Zentrum von Düsseldorf, die Kündigung des Entwicklungsauftrags für das Büroprojekt Mynd am Alexanderplatz in Berlin durch Commerz Real und die Herabstufung des Ratings der Signa Development AG durch die US-Ratingagentur Fitch auf die Bonitätsnote „CCC“ sprechen eine deutliche Sprache. Vergangene Woche gab Gründer René Benko den Beirats-Vorsitz der Signa Holding ab. Den Stab hat der Sanierungsexperte Arndt Geiwitz übernommen.

Anlass zur Sorge hatten bei der Ratingagentur Fitch u.a. offenbar die Zahlen aus dem Zwischenbericht Ende Juni gegeben, in dem die Signa Development AG, eine der drei wichtigsten Beteiligungsgesellschaften des Tiroler Immobilienunternehmers René Benko, bekannt gab, dass der Entwickler auch mit Blick auf seine Liquiditätslage vor Herausforderungen stehe, wie das Handelsblatt berichtete.

Schlechte Nachrichten gibt es laut Business Insider auch aus der Schweiz von der Privatbank Julius Bär, die Benko und seinen Partnern vor Jahren geholfen hatte, die Schweizer Warenhaus-Kette Globus zu erwerben, an der Signa mit 50% beteiligt ist. Die Privatbank sorgt sich nach dem Bericht um die Sicherheit ihrer Kredite. Auch in Benkos Heimatland Österreich sind nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, die sich dabei auf einen Insider beruft, fast alle namhaften Banken um ihre Kredite an die Signa Gruppe besorgt. Hier soll eine Summe von 2,2 Mrd. Euro im Raum stehen.

Und Reuters beruft sich auf eine frühere ihr vorliegende Signa-Präsentation, in der insgesamt Dutzende österreichische, deutsche und Schweizer Banken, Versicherungen und Pensionsfonds als Investoren und Finanzierungspartner genannt werden. Dazu gehören nach einem Bericht der FAZ auch deutsche Landesbaken. Laut Tagesthemen haben etwa 80 Kreditinstitute der Signa Gruppe Geld geliehen.

Bereits vor geraumer Zeit war das schnell gewachsene Immobilien-Imperium in den Fokus der Europäischen Zentralbank (EZB) geraten, die laut Bloomberg Kreditinstitute dazu aufgefordert habe, den Wert ihrer Kredite, die an Firmen von René Benko vergeben wurden, teilweise abzuschreiben oder weitere Rückstellungen für potenzielle Verluste vorzunehmen, beruft sich die Nachrichtenagentur auf Personen, die anonym bleiben wollten.

Nachdem bereits Anfang November spekuliert worden war, dass Mitgesellschafter der Signa Holding René Benko zum Rückzug vom Beiratsvorsitz gedrängt hätten, hat der am 8. November die Konsequenz gezogen und den Beiratsvorsitz sowie seine Stimmrechte treuhänderisch an den Insolvenzverwalter und Sanierungsexperten Arndt Geiwitz, der als Generalbevollmächtigter zuvor die beiden jüngsten Insolvenzen von Galeria Karstadt Kaufhof begleitet hatte, übergeben, wie das Unternehmen berichtete. Zudem soll der Sanierer den Vorsitz des Gesellschafter-Komitees der Signa übernommen haben, wie mehrere österreichische Medien übereinstimmend berichtet haben.

„Dies ist in der derzeitigen Situation die beste Lösung für das Unternehmen, seine Partner, Investoren sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", lässt sich Benko in einer Mitteilung der Signa Gruppe zitieren: Wichtig ist es ihm offenbar, das Vertrauen wiederherzustellen und um die Unterstützung aller Beteiligten zu werben. Dabei betont er, dass das Immobilienportfolio von Signa einzigartig bleibe. Der Wert des Immobilien-Portfolios von Signa Prime soll bei 15 Mrd. Euro liegen.

Verkauf der KaDeWe-Beteiligung bringt Entlastung

Dass die Qualität des Immobilien-Portfolios der Signa Gruppe und die geplanten Projekte insbesondere in Deutschland sehr gut seien, bestätigt laut Mitteilung auch Geiwitz, der gleichzeitig mahnt, dass das Unternehmen jetzt Ruhe und Ordnung brauche und es wichtig sei, langfristige Lösungen zu finden. Es geht aus seiner Sicht darum, für das Unternehmen eine umfassende Konsolidierung einzuleiten. Durch das verschachtelte Firmengeflecht und die geringe Transparenz der Signa Gruppe ist es allerdings schwierig für Geiwitz und sein Team, den Überblick über den Status quo der Immobilien-Gruppe zu erlangen und klar zu sehen, wo das Unternehmen wirtschaftlich steht und welche Maßnahmen erforderlich sind. Denn laut FAZ hat das Unternehmen viel dafür getan, um eine Konsolidierungspflicht des Gesamtunternehmens zu vermeiden. Bis Ende November soll laut Geiwitz aber ein Bericht vorliegen.

Dabei dürfte der Verkauf der 49,9%igen Beteiligung am Berliner KaDeWe für 700 Mio. Euro an die thailändische Central Department Store-Gruppe in diesem Jahr dem Unternehmen etwas Luft verschafft haben. Genauso wie der Verkauf der 80%-Beteiligung am Bürohausprojekt Mynd in der Nachbarschaft des Galeria Warenhauses am Alexanderplatz in Berlin an den Hausinvest-Fonds von Commerz Real.

Mit Blick auf namhafte Handelsimmobilien-Projekte wie der oben erwähnte Umbau des Carsch Hauses in Düsseldorf für 55 Mio. Euro nach dem KaDeWe-Konzept und die Neugestaltung des vorgelagerten Heinrich Heine Platzes, der geplante Umbau des Karstadt-Hauses am Hermann-Platz in Berlin und das Hochhaus neben dem Karstadt am Kurfürstendamm 231 in Berlin steht für viele Stadtzentren gerade in den aktuell schwierigen Zeiten viel auf dem Spiel.

Und auch das „Warenhaus-Imperium“, das inzwischen neben Galeria Karstadt Kaufhof noch aus der erwähnten Schweizer Warenhaus-Kette Globus, Warenhäusern in Österreich und der Luxus-Kaufhaus-Linie mit dem Alsterhaus in Hamburg, Oberpollinger in München, dem KaDeWe in Berlin und der britischen Luxus Kaufhaus-Kette Selfridges besteht, dürfte durch die Probleme vor Herausforderungen stehen.

So könnten gerade für Galeria Karstadt Kaufhof, die das zweite Insolvenzverfahren in zwei Jahren hinter sich hat, die Schwierigkeiten von Signa Konsequenzen haben. Nach einem Bericht der Tagesthemen soll das Unternehmen eine zugesagte Summe von 200 Mio. Euro nicht an Galeria gezahlt habe. Welche Folgen das für die deutsche Warenhaus-Kette hat, wird sich zeigen. Dagegen dürfte es bei der Luxus-Warenhaus-Sparte günstiger aussehen, wie der Verkauf der 49,9%igen Beteiligung am KaDeWe an den thailändischen Partner der Luxus-Sparte zeigt. Der Partner könnte womöglich auch die Beteiligungen an den beiden anderen deutschen Luxus-Kaufhäusern übernehmen. In Schweizer Zeitungen wird zudem darüber spekuliert, ob die Central-Department-Store-Gruppe künftig auch ganz bei Globus einsteigen wird.

Bei Selfridges hat der thailändische Partner das schon getan. Gleichzeitig verkörpern diese Beteiligungen an Luxus-Handelsimmobilien im Signa-Portfolio einen werthaltigen Bestandteil. Andererseits zeigt der Fall Signa, dass sich die Verwerfungen durch die Zinswende im Immobilienmarkt und hier insbesondere bei den Entwicklern erst peu à peu offenbaren und die Ausmaße für die gesamte Branche noch nicht vollständig erkennbar sind. Ob, wie viele Marktakteure hoffen, bereits Mitte 2024 die Preisfindungsphase im Transaktionsmarkt beendet ist und Klarheit über die weitere Entwicklung herrscht, so dass sich der Markt allmählich stabilisiert, steht derzeit noch in den Sternen.