Einzelhandelskonjunktur

Die Inflation bleibt hartnäckig

Kein Ende des Preisauftriebs bei Lebensmitteln. Foto: Habona

rv DÜSSELDORF. Für das Jahr 2025 erwartet der Einzelhandel nach der Prognose seines Branchenverbands HDE ein Umsatzwachstum von nominal 2%. Angesichts einer Inflationsrate von zuletzt 2,1% dürfte der Einzelhandelsumsatz demnach im laufenden Jahr real stagnieren. Die Entwicklung in den ersten vier Monaten zeigt bislang ein positives Bild. Doch der Krieg zwischen Israel und Iran könnte die zuletzt gesunkenen Preise für Energie wieder steigen lassen.

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres lagen die Erlöse der deutschen Einzelhandelsunternehmen nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) gemessen am Vorjahreszeitraum mit real +2,4% und nominal +3,4% bislang deutlich über den Prognosen des Handelsverbands Deutschland (HDE). Allein im April, der in diesem Jahr vom wichtigen Ostergeschäft geprägt war – 2024 fiel das Ostergeschäft überwiegend in den März – verzeichneten die Händler gegenüber April 2024 ein Plus von real 4,0% und nominal 5,2%.

Der Blick auf die einzelnen Branchen zeigt, dass im April der Einzelhandel mit Lebensmitteln – für die Branche ist Ostern neben Weihnachten der wichtigste Umsatzbringer – mit einem Umsatzwachstum von real 6,4% und nominal 9,1% gegenüber dem Vorjahresmonat ein maßgeblicher Wachstumstreiber war. Aber auch der Nicht-Lebensmittelhandel konnte nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes im April real um 2,9% und nominal um 3,2% wachsen, woraus auch ersichtlich wird, dass die Inflation hier kein allzu großes Thema ist.

Auch der Einzelhandel in Verkaufsräumen – sprich: der stationäre Einzelhandel – konnte im April mit real +2,7% und nominal +4,4% ein beachtliches Wachstum erzielen. Dass der Internet- und Versandhandel mit real +10,7% und nominal +10,4% eine noch beachtlichere Wachstumsrate erreichen konnte, ist allerdings auch der deutlich geringeren Ausgangsbasis von 88,8 Mrd. Euro gegenüber dem stationären Einzelhandel mit 575,4 Mrd. Euro geschuldet.

Der sonstige Einzelhandel mit Waren verschiedener Art wie Warenhäuser und Kaufhäuser konnte um real 1,9% und nominal um 2,4% wachsen. Für die Einzelhändler aus dem Bereich Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren verlief der April mit real -0,6% und nominal 0,0% dagegen eher mau. Das spiegelt sich auch im Umsatzverlauf der ersten vier Monate dieses Jahres wider, der keinen Lichtblick zeigt: Von Januar bis April sind die Erlöse in diesem Segment real um -2,5% und nominal um -1,6% gesunken.

Gemessen am übrigen Einzelhandel bildet der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren damit aber den einzigen Ausreißer nach unten. Insgesamt ist der deutsche Einzelhandel von Januar bis April – wie erwähnt – um real 2,4% und nominal 3,4% gewachsen, wobei das Plus im Lebensmittelhandel mit real 0,9% und nominal +3,3% sehr stark von der Inflation getrieben war – wie noch detailliert zu zeigen sein wird. Der Handel mit Nicht-Lebensmitteln wuchs um 3,3% (real) und 3,7% (nominal), wobei hier vor allem Apotheken und der Handel mit kosmetischen, pharmazeutischen und medizinischen Produkten mit real +3,3% und nominal +5,6% ins Auge springen.

Aber auch der Internet- und Versandhandel konnte mit real +11,5% und nominal +11,3% seinen Aufwärtskurs fortsetzen und die Schwächephase nach dem Ende der Corona-Pandemie hinter sich lassen. Der Einzelhandel in Verkaufsräumen (= stationärer Handel) wuchs nominal um 2,1% (real +0,5%) und liegt damit in etwa im Rahmen der HDE-Prognose. Waren- und Kaufhäuser konnten in den ersten vier Monaten nominal um 1,7% (real +1,0%) wachsen, wobei hier Inflation kein großes Thema ist.

Vor allem Energieprodukte haben sich im Mai verbilligt

Die hat sich hierzulande vor allem bei Nahrungsmitteln und bei Dienstleistungen festgesetzt, während die fallenden Energiepreise nach den Worten von Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, dazu geführt haben, dass sich die Inflationsrate hierzulande – gegenüber dem Vorjahreszeitraum – bei 2,1% im Mai stabilisiert hat – nach 2,1% im April und jeweils 2,3% im Januar und Februar. Insbesondere die deutliche Verbilligung der Energieprodukte im Mai um 4,6% hat zu diesem Abwärtstrend bei der Teuerungsrate beigetragen. Ob das in den nächsten Wochen so bleiben wird, ist angesichts des Israel-Iran-Konflikts offen. Nach dem Angriff Israels auf den Iran haben die Ölpreise wieder angezogen.

Nach den deutlichen Preisanstiegen seit 2022 blieb der Aufwärtsdruck bei den Lebensmittelpreisen auch im Mai weiterhin hoch. Wie das Statistische Bundesamt feststellt, sind Nahrungsmittel gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,8% teurer geworden – genauso stark wie bereits im April. Von Mai 2024 bis Mai 2025 verteuerten sich demnach vor allem Obst (+7,4%) sowie Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (+6,6%), Speisefette und Speiseöle (+4,7%), Molkereiprodukte und Eier (+4,6%). Besonders stark war der Preisanstieg auf Grund einer schlechten Kakao-Ernte bei Schokolade mit +20,2%, aber auch Butter wurde um  +17,6% teurer. Brot und Getreideerzeugnisse (+0,7%) sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+0,2%) stiegen nur geringfügig im Preis.

Dass die Inflationsrate aber hartnäckiger ist als viele glauben, ist daran abzulesen, dass die Teuerungsrate ohne die schwankungsintensiven Nahrungsmittel und Energie – also die Kerninflationsrate – mit 2,8% immer noch deutlich näher bei der 3%-Marke als bei der 2%-Marke verharrt. Sie ist auch für die Europäische Zentralbank bei der Beurteilung der Inflationsrate eine wichtige Größe. Maßgebliche Treiber sind etwa die Preise für Dienstleistungen, die mit 3,4% im Mai 2025 zwar unter dem Niveau vom April mit 3,9% lagen, aber immer noch deutlich zu hoch sind.

Zwischen Mai 2024 und Mai 2025 stiegen beispielsweise die Preise für kombinierte Personenbeförderung um +11,4%, für Versicherungen um +9,4%, für Dienstleistungen sozialer Einrichtungen um +9,1% und für stationäre Gesundheitsdienstleistungen um +6,5%. Auch Brief- und Paketdienstleistungen kosten 8,2% mehr oder die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen 5,5%. Bedeutsam für die Preisentwicklung bei Dienstleistungen bleiben nach Feststellung des Statistischen Bundesamtes auch die Nettokaltmieten, die um +2,1% zulegten.

Die Zahlen machen deutlich, dass die Teuerungsraten auch gut drei Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine in vielen Bereichen hartnäckig sind und eine Entspannung angesichts des Konflikts im Nahen Osten kurzfristig nicht zu erwarten sein dürfte. Insofern klingen die jüngsten Signale aus der Europäischen Zentralbank, aus denen eine Pause bei den Zinssenkungen abgeleitet werden kann, durchaus plausibel.