Mipim 2023

Die „guten alten Zeiten“ sind vorbei

Gemischte Eindrücke bei der Mipim 2023. Foto: Reed Midem

rv DÜSSELDORF. Gut 23 000 Besucher aus 90 Ländern, darunter 6 000 Investoren, haben vom 14. - 17. März an der Internationalen Immobilienmesse Mipim in Cannes teilgenommen. Laut Messegesellschaft nähern sich die Zahlen damit wieder dem Vor-Corona-Niveau an. Nach den Unsicherheiten und Verschiebungen durch die Pandemie spricht Mipim-Direktor Nicolas Kozubek von einem großen Comeback der Messe, deren Zugkraft nach seiner Einschätzung größer ist als vor Corona.

Das ist die positive Seite der Mipim 2023. Nach den Worten von Michael Ehlmaier, CEOder EHL Immobilien Gruppe, war die Stimmung unter den Teilnehmern aber schon einmal besser als in diesem März. Das ist die negative Seite. Und auch Klaus Franken, CEO der Catella Project Management, registrierte, dass statt der üblichen Partystimmung auf der wichtigsten europäischen Immobilienmesse „Katerstimmung“ herrschte. Die Freude darüber, dass Massenveranstaltungen wieder möglich sind, wird dadurch getrübt, dass die Zinswende den Immobilienmarkt gerade grundlegend umkrempelt. Diese Unsicherheit prägte auch die Stimmung im Palais des Festivals in Cannes.

Wenn selbst Dreißigjährige den „guten, alten Zeiten“ nachtrauern, dann wisse man, dass in dieser erfolgsverwöhnten Branche etwas falsch laufe, stellt Franken mit Blick auf die viel zu lange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) fest, die den Boom befeuert hatte. Zu den radikalen Veränderungen gehöre die Vervielfachung der Zinsen, so dass die bisherigen Bewertungen und Kalkulationen überholt seien. Zur neuen Realität der Immobilienwelt gehört laut Franken auch, dass es Notfälle gibt und es weitere Notfälle geben werde. Das sei „Teil eines ganz natürlichen Heilungsprozesses“ in der Branche und belege, dass der Markt funktioniere.

Die Quintessenz der Mipim 2023 dürfte demnach sein, dass die Marktakteure realisieren und einpreisen müssen, dass die Zeitenwende mit normalen Zinsen die neue Realität ist. Unsicherheiten beispielsweise über die Entwicklung der Zinsen hat es in früheren Jahrzehnten auch gegeben, wie Franken in Erinnerung ruft und es werde „massive, schmerzhafte Wertberichtigungen“ geben, wo Investoren, benebelt vom billigen Geld, nicht zukunftsfähige Produkte zu teuer erworben haben. Allerdings sieht der CEO auch bereits wieder Gelegenheiten, „auf Basis der neuen Realität gute Geschäfte aufzusetzen“. Doch dafür seien – anders als in der vergangenen Dekade – Know-how, Tatkraft und Kapitalstärke erforderlich und vor allem Aufbruchstimmung.

Lutz Aengevelt,geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien, registrierte in diesem Jahr ein deutlich geringeres Produktangebot als in den Vorjahren: „Viele Eigentümer warten die gegenwärtige Phase der Preisfindung ab und halten solange ihre Immobilien zurück“. Aus seiner Sicht diente die Messe in der aktuellen Lage vor allem dazu, ein „Gefühl für den Markt“ zu bekommen.

Viele nutzen die Messe zur Orientierung

Nach den Worten von Christopher Mertlitz, Head of European Investments bei W. P. Carey, sind mit Blick auf das Ausmaß der Disruptionen im Jahr 2022 Vorhersagen zwar schwierig, doch ist er sicher, dass in Europa und in den USA ein Aufwärtsdruck auf die Renditen zu erwarten ist. „Wir gehen davon aus, dass die Zentralbanken die Zinssätze weiter anheben werden, um die Inflation weiter einzudämmen.“ Allerdings erwartet er 2023 kleinere Zinsschritte als im Vorjahr. In diesem Kontext sieht Mertlitz Anzeichen dafür, dass sich der Markt auf Preisanpassungen eingestellt hat.

CEO Ehlmaier geht davon aus, dass die hohe Inflation und der damit einhergehende deutliche Anstieg der Finanzierungskosten die Branche wohl nicht so lange beschäftigen wird, wie die neuen Anforderungen der EU-Taxonomie zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Beschäftigung mit diesem zentralen Thema sei auf der Immobilienmesse an fast allen Ständen präsent gewesen, berichtet er, und das werde die Branche in den kommenden Jahren noch stark beschäftigen.

Derweil stellte der Immobilienberater Savills in seinem Bericht „Market in Minutes“ über die neue Realität am Investmentmarkt 2023 fest, dass in den ersten beiden Monaten rund 31% des Transaktionsvolumens auf Handelsimmobilien entfielen, „die somit die mit Abstand umsatzstärkste Nutzungsart waren“. Treiber waren u.a. zwei Transaktionen im Shopping-Center-Segment wie die Erhöhung der Beteiligungen an mehreren Einkaufszentren durch die Deutsche EuroshopAG sowievier Einzel- bzw. Portfolioverkäufe von Fachmarktzentren im jeweils mittleren bis unteren zweistelligen Millionenbereich.

So seien im Segment Lebensmittel- und Baumärkte immerhin rund 130 Mio. Euro umgesetzt worden. Und auch wenn die Kaufkraftverluste durch die Inflation und die weiter steigenden Kosten die Branche belasten, könnten die Händler im Segment Nahversorgung „die Preissteigerungen leichter an die Kunden weitergeben“. Hinzu kommen die indexierten Mietverträge, die das Anlage-Segment für Investoren attraktiv machen.

Allerdings sollte das relativ starke Ergebnis in diesem Anlage-Segment laut Savills auch nicht überbewertet werden, denn dem überproportional hohen Einzelhandelsanteil steht die relative Schwäche der anderen Nutzungsarten gegenüber. So seien Büroimmobilien mit einem Anteil von 14% am Transaktionsvolumen hinter Wohnimmobilien abgeschlagen auf Rang drei der umsatzstärksten Nutzungen gelandet.