Während es im Transaktionsmarkt schon wieder spürbar bergauf geht, macht sich im Vermietungsmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien 2024 deutlich bemerkbar, dass die deutsche Konjunktur schwächelt. Das dämpft gleichzeitig aber auch den Auftrieb bei den Mieten und führt in einigen Regionen dazu, dass das Flächenangebot wieder etwas größer wird.
Es fehlt der „konjunkturelle Rückenwind“, überschreibt denn auch der Immobilienberater CBRE seinen Marktbericht für die ersten neun Monate 2024. „Die aktuelle Marktlage und das gedämpfte Konsumverhalten“ führen nach den Worten von Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics Germany bei Colliers, auf dem Vermietungsmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien bei den Nutzern zu einer gewissen Zurückhaltung. Als Beispiele für diese schwierige Lage nennt er den Baustopp bei der großen Chip-Fabrik von Intel in Magdeburg, die Probleme bei VW und die Insolvenz der Mode-Kette Esprit.
Diese spürbare Zurückhaltung auf der Nachfrageseite führt nach Beobachtung von Rainer Koepke, Head of Industrial & Logistics bei CBRE in Deutschland, dazu, dass die Nutzer in Märkten wie Berlin, Leipzig, Hannover und Bremen wieder eine Auswahl bei potenziellen Flächen haben“, während in Märkten wie Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg die Lage angespannt bleibe, so dass es hier kaum Flächenangebot sowohl im Bestand als auch bei Neubauprojekten gebe.
Vor diesem Hintergrund blieb das Vermietungsvolumen laut CBRE mit 3,45 Mrd. Euro um 20% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) sieht das Flächenvolumen mit 4 Mio. qm in den ersten neun Monaten um 22% unter dem langjährigen Durchschnittwert von etwa 5 Mio. qm, während Colliers auf 4,1 Mio. qm kommt. Davon entfielen 1,5 Mio. qm oder 37% auf die TOP-8-Industrie- und Logistikimmobilienmärkte.
In diesem Marktumfeld sind aus Sicht von Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate, die hohen Vermietungsvolumina der Jahre 2021 und 2022 „trotz der breiten Nachfragebasis nicht mehr realisierbar“. Allerdings sieht er auch Licht am Ende des Tunnels, das von der sinkenden Inflation und den zuletzt erfolgten Zinsschritten der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank Federal Reserve ausgeht – auch wenn die weiterhin schwache Konjunktur derzeit zu wenig Impulse aussende.
So beobachtet Raabe nach dem schwachen ersten Quartal 2024 eine positive Entwicklung im zweiten und dritten Quartal und weist darauf hin, dass „die Anzahl der registrierten Verträge im Jahresverlauf spürbar angestiegen ist“. Ein anderer Lichtblick für die Projektentwickler ist laut Koepke, dass die Baukosten trotz der hohen Qualität moderner Logistikimmobilien „wieder spürbar gesunken“ sind, die Verfügbarkeit der Bauunternehmen deutlich zugenommen hat und die Finanzierungsbedingungen wieder etwas attraktiver sind.
Insgesamt fehlen für ein höheres Flächenumsatzergebnis in diesem Jahr aber – anders als in den Vorjahren – vor allem die großflächigen Abschlüsse jenseits der 20 000-Quadratmeter-Marke. Laut Colliers liegt der Fokus der Nutzer primär auf dem kleinteiligen Flächensegment bis 3 000 qm, auf das bislang zwei Drittel aller Abschlüsse entfiel.
Es fehlen die großflächigen Abschlüsse
Die größten Abschlüsse in den ersten neun Monaten waren laut CBRE eine Eigennutzung von BMW mit 150 000 qm in Irlbach-Straßkirchen, gefolgt von einer Vermietung an Mercedes über 89 900 qm in Bischweier und laut Colliers die 60 000 qm große Logistikhalle zur Eigennutzung durch die Group 7 an deren Stammsitz in Schwaig, im nördlichen Umland der Logistikregion München sowie der größte Abschluss des dritten Quartals mit der 40 000 qm großen Halle des Eigennutzers Beiersdorf AG in Leipzig. Sämtliche der zehn größten Abschlüsse wurden im bisherigen Jahresverlauf in Neubauten abgeschlossen, auf die insgesamt 57% des Flächenumsatzes entfielen.
Nicht ganz einig sind sich die Immobilienberater beim Anteil der einzelnen Branchen am Flächenumsatz. Während CBRE den Handel einschließlich eCommerce mit 32% auf Platz eins sieht, verortet BNPPRE die Produktionsunternehmen – angetrieben vom Automotive Bereich – mit 37% auf dem ersten Platz. Die sieht CBRE mit 30% dagegen auf Platz zwei und Logistikdienstleister mit 28% auf dem dritten Platz. BNPPRE sieht Logistikdienstleister mit gut 29% wiederum auf dem zweiten Rang und den Handel mit 28% auf Platz drei.
Die schwächelnde Flächennachfrage hat nach Feststellung von BNPPRE dazu geführt, dass sich das starke Mietpreiswachstum der vergangenen Jahre in den ersten drei Quartalen dieses Jahres nur marginal fortgesetzt hat und zum größten Teil in eine Seitwärtsbewegung übergegangen ist. „Die Zeiten größerer Mietsteigerungen jenseits der Inflationsrate sind in Regionen mit Angebotsüberhang vorerst vorbei – dort hat sich das Mietniveau auf hohem Niveau stabilisiert“, ergänzt auch Philip Naumann, Senior Analyst Nationwide Industrial & Logistics Research bei CBRE. Allerdings weist er darauf hin, dass es auf Grund der heterogenen Struktur des Marktes Regionen geben kann, in denen Eigentümer ihren Mietern Incentives bieten müssen und andere, in denen die Mieten noch moderat steigen. Aus der Riege der Top-8-Regionen zählt laut Colliers die Logistikregion München zu dieser Gruppe, während die Spitzenmieten in den anderen Top-Regionen gemessen am Vorquartal stabil geblieben seien. Im Vorjahresvergleich lag das Plus bei 5%.
Mietpreiswachstum teilweise abgeschwächt
Die „durchschnittlich nachhaltig erzielbare Spitzenmiete der Top-5-Regionen“ beziffert CBRE für Ende des dritten Quartals mit 8,71 Euro je qm und Monat, ein Plus von 6,3% innerhalb des vergangenen Jahres. Spitzenreiter ist unvermindert München mit 10,20 Euro. BNPPRE ermittelt eine Bandbreite von durchschnittlich 10,50 Euro je qm und Monat für München und 5,90 Euro in der Spitze für die Logistikregion Leipzig.
Anders als für den Investmentmarkt erwartet Koepke beim Vermietungsmarkt mit Blick auf das zweite Rezessionsjahr in Deutschland mit rückläufiger Wachstumsrate beim realen BIP und auf Grund der geringen Dynamik im Vermietungsgeschäft für Lagerflächen keine Belebung im Schlussquartal. Das Erreichen der Fünf-Millionen-Quadratmeter-Marke hält er für unwahrscheinlich, allerdings mit der Einschränkung, dass aufgeschobene Entscheidungen in den nächsten Jahren nachgeholt würden. In diesem Umfeld erwartet Roy, dass mehr Flächenangebot auf den Markt kommt, „was das Mietwachstum in den kommenden Quartalen ausbremsen wird“. Mit einer wieder anziehenden Nachfrage dürften aber auch die Mieten ansteigen.
Etwas optimistischer ist Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, auf Grund der positiven Entwicklung bei der Vertragsanzahl und dem leicht anziehenden Flächenumsatz im Jahresverlauf. Zwar würden viele Unternehmen auf ihren bestehenden Flächen bleiben, doch sieht er zum Jahresende deutlich mehr Bewegung im Markt als zu Jahresbeginn. Dafür spreche die Belebung in der Handelsbranche, bei den produzierenden Unternehmen und den Logistikern. Auf dieser Basis sieht er ein steigendes Vermietungsvolumen, so dass „sich der Gesamtflächenumsatz zum Jahresende dichter an die 6 Mio. qm annähert als zunächst erwartet“.