RICS Property Monitor

Die Durststrecke dürfte drei bis vier Jahre dauern

Der Druck auf die Mieten in den Innenstädten steigt. Foto: Comfort

rv DÜSSELDORF. Der RICS Global Commercial Property Index hat sich seit dem Tiefpunkt im zweiten Quartal 2020, als die Folgen der Pandemie weltweit sichtbar wurden, bis ins erste Quartal 2021 hinein stetig verbessert.Dieser Aufwärtstrend deutet auf eine Stimmungsaufhellung im Immobiliensektor hin, gespeist aus der Hoffnung, dass sich die Wirtschaft mit den Sommertemperaturen und den sinkenden Infektionszahlen erholt. In diesem Umfeld gilt der deutsche Immobilienmarkt als „teuer“ oder „sehr teuer“.

Insgesamt verbesserte sich der Index des Global Commercial Property Monitor (GCMP) zum Jahresstart 2021auf -18, nachdem er im zweiten Quartal 2020 noch bei -37 und zum Jahresende bei -27 gelegen hatte. Das ist nach Angaben des britischen Berufsverbands für Immobiliensachverständige, RICS, das beste Ergebnis seit dem vierten Quartal 2019. Und sahen im vierten Quartal 2020 noch 51% der Befragten den Markt für Gewerbeimmobilien in der Phase des Abschwungs, ist dieser Anteil im ersten Quartal auf 39% geschrumpft, 13% glauben inzwischen, dass die Talsohle erreicht ist und gut ein Drittel sieht den Markt schon wieder im Aufschwung.

Dabei hat sich jedoch an dem Sachverhalt, dass die Investoren, die eher nach vorne blicken, erneut optimistischer sind als die Mieter, die sich mit den aktuellen Unsicherheiten auseinandersetzen müssen, nichts verändert. Entsprechend verbesserte sich der globale Investmentindex ISI von -19 im Vorquartal auf -10. Der Indikator für den Vermietermarkt, der Occupier Sentiment Index OSI, verbesserte sich nur von -35 auf -26.

Wie es mit der Entwicklung auf den weltweiten Gewerbeimmobilienmärkten kurzfristig weitergeht, wird nach Feststellung von Susanne Eickermann-Riepe (Foto), Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland, maßgeblich davon abhängen, wie es der Region resp. den Ländern gelingt, mit Hilfe ihrer Impfstrategie die Ausbreitung des Virus einzudämmen, um die Voraussetzungen für die Rückkehr zur Normalität zu schaffen. Dabei hinkt Europa – wie mit Blick auf die Beschaffung der Impfstoffe diskutiert – hinter Ländern wie Großbritannien und den USA her. Das gilt auch für die Öffnung der Grenzen und Quarantänepflichten bei der Einreise.

Blickt man auf die einzelnen Regionen, dann liegen die Commercial Property Sentiment Indizes relativ eng beieinander.An der Spitze steht laut RICS die Region Asien-Pazifik (APAC) mit einer Verbesserung von -25 im Vorquartal auf nunmehr -15, gefolgt von Europa mit einer Verbesserung von -26 auf zuletzt -19 und der amerikanische Kontinent mit einer Verbesserung von -29 auf -20.

Die Indizes der Regionen liegen eng beieinander

Angesichts der Tatsache, dass alle Indikatoren trotz Stimmungsaufhellung noch im negativen Bereich stecken, ist der Verband auch der Frage nachgegangen, wie schnell die Marktteilnehmer in den einzelnen Anlageklassen die Rückkehr zum Umsatzniveau vor Ausbruch der Pandemie erwarten. Dabei seien die Antworten kaum überraschend ausgefallen. So bleiben nach den Worten von Eickermann-Riepe die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung etwa der Büroarbeit, ungeachtet der langsamen Erholung der Weltwirtschaft, bestehen.

„Die Ergebnisse bestätigen den Trend hin zu einem hybriden Arbeitsmodell, das den Wunsch nach größerer Flexibilität berücksichtigt“, berichtet die RICs-Deutschland-Chefin: Die Flächennachfrage seitens der Unternehmen wird jedoch teilweise durch die Verringerung der Arbeitsplatzdichte innerhalb von Büroobjekten gestützt.“ Die Experten erwarten, dass die Erholung der Umsätze etwa bei zweitklassigen Büroobjekten bis zu drei Jahre dauern kann (siehe Grafik).

Ähnlich ist die Einschätzung für Hotels sowie für Einzelhandelsimmobilien, wobei sich das nicht auf Handelsimmobilien mit Schwerpunkt Nahversorgung beziehen dürfte, die europaweit stark gefragt sind. So blieb die Nachfrage nach Einzelhandels- und Büroflächen im ersten Quartal laut RICS trotz eines leichten Anstiegs gegenüber dem Vorquartal deutlich im negativen Bereich. Bei Büros wird weltweit im Zuge des Wandels in der Arbeitswelt ein dramatischer Rückgang des Flächenbedarfs um 8,6% gegenüber dem zweiten Quartal 2020 befürchtet.

Am schnellsten dürfte sich die Erholung im Bereich Logistik- und Industrieimmobilien vollziehen, zumal einige Segmente vom wachsenden Online-Handel und Lebensmittelhandel, der als systemrelevant gilt und von der Schließung der Gastronomie und dem Zwang zu Homeoffice profitiert, angetrieben werden. So sind im weltweiten Assetklassen-Vergleich Logistik- und Industrieobjekte das einzige Segment, das eine stabile Nachfrageentwicklung verzeichnet. Die Mieternachfrage stieg von +19 auf +28. Auch bei der Kapitalwert- und Mietpreisentwicklung stehen Logistik- und Industrie-Immobilien gut da. Laut RICS wird in diesem Segment in den nächsten zwölf Monaten ein weiterer Preisanstieg von 4% erwartet.

In diesem Umfeld liegt der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt etwas über dem europäischen Niveau. Allerdings schätzen 60% der Befragten den hiesigen Markt – selbst gemessen am teuren europäischen Markt – als „teuer“ ein und mehr als 20% als „sehr teuer“. Dazu dürfte auch die lebhafte Entwicklung auf dem Markt für Logistik- und Industrieimmobilien beigetragen haben, die auch hierzulande derzeit zu den gefragtesten Assets gehören.

Deutsche Gewerbeimmobilien gelten als „teuer“

Doch trotz der starken Performance des Logistiksektors ließen auch in Deutschland die Bedingungen auf dem Einzelhandels- und Büromarkt den Gesamtindex für Mieter im ersten Quartal mit -29 im negativen Bereich verharren, während sich der Gesamtindex für Investitionen auf -4 verbesserte. Aber auch in Deutschland gilt, wie in ganz Europa, dass durch die lockere Gelpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) Kapital unbegrenzt zur Verfügung steht und den „Corona-Schmerz dämpft“, wie es im RICS-Bericht heißt. Das beflügelt die Investoren auch in schwierigen Zeiten.

Bei Büros wird in allen an der Umfrage beteiligten europäischen Märkten in den nächsten beiden Jahren mit einer Reduzierung der Flächen gerechnet. Die deutschen Teilnehmer erwarten einen Rückgang von 7,5%. In Frankreich und Großbritannien wird ein Flächenrückgang von 14% bzw. 12% erwartet.

Wenig erfreulich – respektive negativ - fällt auch die Wachstumsprognose für die Einzelhandelsmieten aus. Für die Sekundärmärkte in Deutschland erwarten die Marktteilnehmer in den nächsten zwölf Monaten ein Nachgeben der Einzelhandelsmieten um 10% und für die Spitzenmieten um 4%. Außerdem erwarten die deutschen Befragten eine besonders lange Dauer von über drei Jahren, bis Shopping-Center wieder die Umsätze der Vor-Corona-Zeit erreichen könnten.

Doch auch wenn der deutsche Markt „nach wie vor als teuer eingeschätzt wird“, so sagt Eickermann-Riepe, „ist insbesondere das inländische Interesse ungebrochen“. Dabei schauten die Investoren aber genau hin und ESG-Kriterien spielten eine immer stärkere Rolle. Laut RICS werden die einzelnen Asset-Klassen noch in den nächsten drei bis vier Jahren vor Herausforderungen stehen.