Das Interview

Die Branche muss mehr Eigeninitiative wagen

Andreas Fleischer

Gespräch mit Andreas Fleischer, Vorstand der Dietz Fleischer Industrial Partners AG (DFI), über die zunehmenden Widerstände bei der Ansiedlung von Logistikhallen, Beispiele für gute Lösungsansätze, die wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit und von Nachhaltigkeitsstandards bei Logistikhallen, neue Logistikimmobilien-Konzepte und die Pläne der DFI.

Handelsimmobilien Report:Herr Fleischer, Bürgerinitiativen sind bei Logistikimmobilien mittlerweile ein zentrales Thema. Wie geht man als Projektentwickler am besten damit um?

Andreas Fleischer: Tatsache ist, dass trotz eines nach wie vor boomenden deutschen Marktes für Logistikimmobilien – 2019 wurden über 4 Mio. qm Logistikfläche entwickelt – die Herausforderungen für Projektentwickler spürbar zunehmen. Dabei spielt auch und gerade das grundsätzliche Imageproblem von Logistikimmobilien eine wesentliche Rolle. Mittlerweile ist es aber nicht nur so, dass es bei einigen Bürgern und Kommunalvertretern negative Assoziationen beim Thema Logistikansiedlungen gibt, sondern dass sich der Widerstand gegen Ansiedlungsvorhaben zunehmend professionalisiert.

Unter anderem durch Bürgerinitiativen, die gut organisiert und breit vernetzt sind. Bei aller berechtigter Kritik an den Mitteln, derer sich die Ansiedlungsgegner zum Teil bedienen, müssen aber auch wir Projektentwickler mehr dafür tun, damit der Imagewandel gelingt. Wer nicht bereit ist, sich mit den kommunalen Bedürfnissen und Anliegen der Bürger auseinanderzusetzen, darf nicht erwarten, dass Projektrealisierungen künftig reibungsloser verlaufen. Im Gegenteil. Wir müssen uns mehr mit der kommunalen Sichtweise beschäftigen.

HIR:Was sollten Projektentwickler und Kommunen bei Logistikprojekten beachten?

Fleischer: Es müssen gemeinschaftliche Lösungen gefunden werden. Voraussetzung ist, dass Projektentwickler und Kommunen in einen wirklichen Dialog treten und einen vorurteilslosen Austausch pflegen. Beispielhaft dafür ist die Initiative Logistikimmobilien (Logix), der ich selbst als Gründungs- und Vorstandsmitglied angehöre. Logix betreibt nicht nur Forschungs-, sondern auch eine intensive Kommunikationsarbeit. 2020 und darüber hinaus arbeitet Logix eng mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund zusammen und organisiert Regionalkonferenzen, um mit Kommunalvertretern, Behörden und Politik wieder ins Gespräch zu kommen. Nur durch einen solchen Austausch können beide Seiten einander verstehen, an Vertrauen gewinnen und Projekte als gemeinsamen Erfolg verbuchen.

HIR:Können Sie ein Beispiel für eine besonders gelungene Ansiedlung nennen?

Fleischer: Da gibt es aus meiner Sicht gleich zwei Projekte: Zum einen das für L’Oréal entwickelte Logistikzentrum in Muggensturm sowie die von der Dietz AG realisierte Immobilie in Geiselwind. Bei beiden steht der Nachhaltigkeitsaspekt besonders im Vordergrund, sowohl im ökologischen als auch im sozialen Bereich. So sind sie erstens im Betrieb CO2-neural, was nicht nur angesichts des Klimawandels und seiner Dringlichkeit eine herausragende Eigenschaft ist, sondern auch, was die Herausforderungen bei der Entwicklung angeht. Immerhin ist eine emissionsneutrale Logistikimmobilie noch Neuland für alle Beteiligten.

Darüber hinaus bestechen die Projekte auch unter dem sozialen Aspekt. Gleichzeitig war aber bei den Projekten jeweils der Nutzer der Immobilie Treiber für die jeweiligen Maßnahmen. Das wollen wir bei DFI anders machen und mehr Eigeninitiative wagen.

HIR:Sie haben das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Spielt die Nachhaltigkeit von Objekten bei Bürgerinitiativen eine besondere Rolle?

Fleischer: Was jede Initiative am Ende fordert, mag von Fall zu Fall verschieden sein. Klar ist aber doch, dass es für keine Kommune attraktiv sein kann, einfach einen grauen Kasten auf die grüne Wiese gestellt zu bekommen, der lediglich die Mindeststandards erfüllt. Wer dagegen als Projektentwickler in den Klima- und Umweltschutz investiert und die sozialen Belange der Gemeinde berücksichtigt, der schafft etwas, das für eine Kommune über die Gewerbesteuern und die Arbeitsplätze hinaus von Wert ist. Und gerade damit werden doch positive Argumente für ein Ansiedlungsvorhaben in die Waagschale geworfen.

HIR.Findet der Nachhaltigkeitsaspekt aus Ihrer Sicht bei Logistikimmobilien bereits genügend Beachtung?

Fleischer: Nein. Nachhaltigkeit spielt, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Hier läuft aus meiner Sicht noch Vieles falsch. Erstens braucht es ein angemesseneres Verständnis von Nachhaltigkeit. Kurz gesagt, reicht es nicht aus, es bei der Installation von LED-Beleuchtung in den Hallen zu belassen. Darüber hinaus machen sich Projektentwickler immer noch zu sehr von den Anforderungen der Nutzer abhängig.

Wir müssen als Entwickler selbst aber mehr Verantwortung übernehmen, um langfristig bei den Kommunen eine veränderte Wahrnehmung gegenüber Logistikansiedlungen zu bewirken. Daran führt kein Weg vorbei. Ansonsten werden Gemeinden bald keine Flächen mehr für Logistik ausweisen. Drittens muss auch mehr dafür getan werden, überhaupt einmal aussagekräftige Nachhaltigkeitsstandards für Logistikimmobilien zu entwickeln, die es möglich machen, Projekte und Maßnahmen angemessen evaluieren zu können.

HIR:Wie sieht für Sie vor diesem Hintergrund die ideale Logistikimmobilie aus?

Fleischer: Die ideale Logistikimmobilie muss aus meiner Sicht ganzheitlich entwickelt werden, so dass sie auch aus der Sicht von Kommune, Nutzer und Projektentwickler überzeugt. Hinzu kommen hohe Standards bei Klima-, Umwelt-, Lärm- und Artenschutz. Außerdem müssen die Aspekte Verkehr und Soziales bedacht werden. Wir müssen dabei auch mehr an die Mitarbeiter denken.

Die Logistik hat momentan mit einem akuten Fachkräftemangel zu kämpfen, viele Dienstleister suchen händeringend nach Arbeitskräften. Da gibt es so vieles, was man tun kann als Entwickler, um den Arbeitsplatz attraktiver zu gestalten: Angefangen bei der Kantine und der ÖPNV-Verbindung bis hin zum Pausenraum mit Handyladestation und vieles mehr.

HIR:Ist das denn noch bezahlbar? Nimmt der Markt das an?

Fleischer: Ich glaube, die Frage müssen wir uns eher andersherum stellen. Sie lautet nicht, ob wir uns ökologisch und sozial nachhaltige Projekte leisten können oder wollen, sondern ob wir es uns leisten können, so weiterzumachen wie bisher? Wer als Entwickler nicht bereit ist, die gegenwärtigen Entwicklungen – sei es bei den kommunalen Entscheidern, in den Köpfen der Bürger oder auf dem Arbeitsmarkt – ernst zu nehmen, der hat die Zeichen der Zeit einfach nicht verstanden. Und es ist genau diese Nachlässigkeit, die sich am Ende nicht rechnen wird.

HIR:Sie starten gerade mit der DFI Partners AG neu. Welche Projekte haben Sie auf dem Tisch?

Fleischer: Momentan sitze ich an einer ganzen Reihe verschiedener Projekte. Zum einen liegen uns einige sehr interessanter Grundstücke vor, die für konkrete Projektrealisierungen geeignet sind. Zum anderen beschäftige ich mich verstärkt mit der Entwicklung neuer Logistikimmobilienkonzepte wie z. B. einem Industriecampus, auf dem sich Nutzer aus einer ganzen Bandbreite unterschiedlicher Branchen ansiedeln können, angefangen vom Handel, über Dienstleister bis hin zu lokalen Unternehmen aus den Bereichen Forschung und Produktion.

Ich bin ja eigentlich Bauingenieur, mich reizt diese Arbeit. Vor allem die verschiedenen Aspekte einer Immobilie wie Funktionalität und Ästhetik miteinander in Verbindung und in Einklang zu bringen, bewegt mich. Am Ende dieses Entwicklungsprozesses möchte ich einen ganzen Baukasten an verschiedenen Gebäudetypen zusammen haben, aus dem wir bei der konkreten Projektentwicklung das jeweils passende Konzept für die jeweilige Kommune und unsere Kunden heraussuchen können.

HIR:Wie schätzen Sie die konjunkturelle Lage und Ihre eigenen Chancen ein? Es gibt ja schon den ein oder anderen Projektentwickler am Markt?

Fleischer: Das stimmt, an Projektentwicklern mangelt es nicht. Das heißt aber noch lange nicht, dass alle Anforderungen im Sinne der Nutzer und Kommunen optimal besetzt wären. Das Gegenteil ist der Fall: Viel zu wenige Entwickler sind bereit, sich über den ökonomischen Aspekt hinaus bei ihren Projekten Gedanken zu machen. Genau das ist aber unser Ansatz bei DFI und da sehe ich auch gute Chancen, uns erfolgreich zu positionieren.