Nachhaltigkeit beim Konsum

Die aktuelle Inflation bremst den Trend zur Nachhaltigkeit

HIR DÜSSELDORF:Fast die Hälfte der deutschen Konsumentinnen und Konsumenten achtet bei Produkten inzwischen auf Nachhaltigkeit. Doch nachhaltige Produkte sind meist teurer. Und seit die Inflationsraten in diesem Jahr immer höhere Werte erreichen, halten sich immer mehr Menschen beim Kauf nachhaltiger Produkte zurück. Vor allem bei jüngeren Konsumenten zeigt sich der Konflikt zwischen dem Preis und dem Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten.

Der Frage, welchen Einfluss Inflation und Preissteigerungen konkret auf ein nachhaltiges Konsumverhalten haben, ist deshalb die neue Studie „Nachhaltiger Konsum – In guten wie in schlechten Zeiten?“ des ECC Köln nachgegangen. Dabei hat Nachhaltigkeit viele Facetten, auf die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt achten, wie es hier heißt. Dazu gehören lokale Herkunft, Bio-Siegel, faire Produktionsbedingungen oder Kreislaufwirtschaft. Wertvorstellungen rund um einen nachhaltigen Lebensstil würden von einer Trendbewegung immer mehr zum Lebensstil – insbesondere bei den jungen Leuten in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, schreiben die Forscher.

Gemäß ECC-Studie geben inzwischen jedoch 58% der Befragten an, dass eine nachhaltige Lebensweise im Angesicht aktueller Preiserhöhungen nur schwer mit einem hohen Lebensstandard vereinbar ist. In der Folge wird vermehrt auf den Kauf nachhaltiger Produkte verzichtet (30%). Besonders ausgeprägt ist die Umorientierung bei  jungen Leuten mit geringerem Haushaltsbudget. Allerdings gibt es auch die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen, die angibt, dass sie wieder mehr zu nachhaltigen Produkten greifen werden, sobald die Preise wieder sinken. Dazu gehört jeder Zweite.

So lautet das Fazit eindeutig: „Konsumverzicht und Sparverhalten wirkt sich auch auf Nachhaltigkeit aus. Profiteur – insbesondere in Sachen Lebensmittel – sind vor allem Discounter, die in den letzten Monaten verstärkt aufgesucht werden.“

Dabei muss eine nachhaltige Lebensweise nicht zwingend in Konkurrenz zum Thema Preisentwicklung stehen. Das zeigt sich laut ECC-Studie vor allem bei den Trends zum Second-Hand-Shopping und zum Up-Cycling, aber auch im bewussteren Umgang mit Lebensmitteln: So greifen Konsumenten immer öfter aus Gründen der Nachhaltigkeit zu nicht-tierischen Produkten (37%) und nicht, weil diese Produkte preisgünstig sind (18%).

Beim Thema Energiesparen ist die Intention dagegen ambivalent: Während Energiesparen meist aus Kostengründen erfolgt (59%), sparen nur 39% aus Gründen der Nachhaltigkeit beim Energieverbrauch. Dagegen ist der initiale Kauf von energiesparenden Alternativen häufiger eine Frage der Nachhaltigkeit (30%) als eine Frage des Preises (22%).

Fragt man, wer für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft verantwortlich ist, belegt der Sektor Hersteller und Industrie den ersten Platz (Mittelwert von 8,0), dicht gefolgt von Politik (7,9) und Handel (7,6). Dies ist eine Wahrnehmung, die durchaus Kaufentscheidungen und Markenimage steuert und verschiedene Handlungsmöglichkeiten mit sich bringt. So können Händler und Hersteller beispielsweise durch die Vermeidung von Plastikverpackungen sowie transparente Informationen zu Material, Herkunft und Inhaltsstoffen klare Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen.

Wie Julia Frings, Projektmanagerin am ECC KÖLN, feststellt, kommen Händler damit nicht mehr umhin, „Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsmodell aktiv mitzudenken“. Wer das jetzt nicht beachte, verliere die Konsumenten der Zukunft: „Denn für die jungen Menschen ist Nachhaltigkeit nicht nur die Art und Weise des Konsumierens, sondern eine Lebenseinstellung. Und zwar auf allen Ebenen: ökologisch, ökonomisch und bei sozialen Fragen“, so die Expertin.