Commercial Property Sentiment Index: Verbessertes Kreditumfeld

Deutschland trägt die rote Laterne

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rv DÜSSELDORF. Die Stimmung im globalen Immobilienmarkt, gemessen im Commercial Property Sentiment Index (CPSI), zeigte sich im ersten Quartal 2024 leicht verbessert und damit weniger negativ als in den Quartalen zuvor. Konkret verbesserte sich der globale Index von -15 auf -10, wie die weltweite Befragung von 3 000 bis 4 000 Immobilienexperten im ersten Quartal für den RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) ergab. In diesem Umfeld hat Deutschland die rote Laterne.

Wie Susanne Eickermann-RiepeFRICSVorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB), in diesem Kontext einordnet, hat das erste Quartal ja immer so etwas Vorausschauendes für die Entwicklung des Gesamtjahres. Und die Tatsache, dass der Commercial Property Sentiment Index damit den geringsten negativen Wert seit dem zweiten Quartal 2022 aufweist, als mit der Zinswende das Ende des Immobilien-Hypes eingeläutet wurde, signalisiert für 2024 durchaus einen Aufwärtstrend. Dabei hellte sich die Stimmung unter den Mietern, gemessen im Occupier Sentiment Index (OSI), mit einer Verbesserung von -13 auf -8 etwas mehr auf als die der Investoren. Denn der Investment Sentiment Index (ISI) stieg lediglich von -18 auf -13.

Im Rahmen dieses globalen Aufwärtstrends hat sich auch die Lage in Europa verbessert. Hier erhöhte sich der CPSI, von einem deutlich niedrigeren Niveau herkommend, von -21 auf -10. Interessant ist dabei besonders der Blick auf die Mieter- und die Investorenstimmung. Denn während sich der OSI von -13 auf -9 verbesserte, machte der Investment Sentiment Index einen regelrechten Sprung von -25 auf -10 und erreichte damit fast das Niveau der Mieter-Stimmung. Ein entscheidender Grund für die spürbare Aufhellung der Investorenstimmung dürfte die weltweit beobachtete Veränderung des Kreditumfelds sein. So erhöhte sich in Europa der Nettosaldo der entsprechenden Kennzahl von -31% im vierten Quartal 2023 auf +14% im ersten Quartal – laut RICS der höchste Wert seit Ende 2021.

Laut Eickermann-Riepe beginnt sich die Investitionsnachfrage wieder zu stabilisieren. Weltweit hat sich der entsprechende Nettosaldo von -14% auf -3% verbessert. In Europa stieg der Nettosaldo sogar von -30% zum Jahresende 2023 auf nunmehr -2%. So ist der größte Teil der Befragten in Europa – 36% gegenüber 30% im vierten Quartal – laut RICS-Umfrage der Ansicht, „dass der gewerbliche Immobilienmarkt den Tiefpunkt des Zyklus erreicht hat“. Entsprechend ist der Anteil der Befragten, der den Zyklus im Abschwung sieht von 52% Ende 2023 auf 31% Anfang 2024 gesunken. Es keimt also immer mehr Hoffnung auf.

Mit Blick auf die verschiedenen Asset-Klassen, zeigt sich, dass Büroimmobilien – nach der Pandemie und dem Trend zum Homeoffice – weltweit im Strukturwandel stecken bleiben, auch wenn sich der Nettosaldo der Investorennachfrage von -30% auf -17% verbessert hat. Dagegen hat sich die Nachfrage nach Einzelhandelsimmobilien spürbar verbessert, so dass der Nettosaldo von -14% auf -3% gestiegen ist und sich der Nettosaldo bei Industrieimmobilien von +3% auf +11% erhöht hat.

Das schwache Wachstum bleibt ein Hemmnis

In ihrem Fazit zu Europa kommt Eickermann-Riepe zu dem Ergebnis, dass sich inzwischen die Erwartungen der Marktakteure auf ein verbessertes Kreditumfeld positiv bemerkbar machen, dabei das schwache Wachstum in der Region aber auch für die Immobilien-Branche ein Hemmnis bleibt. Das dürfte auch erklären, warum Europa trotz des deutlich gestiegenen Nettosaldos bei der Investorennachfrage laut RICS Global Commercial Property Monitor noch zaghafter agiert als andere Weltregionen. Positive Faktoren wie die deutliche Belebung der Mieter- und Investorenstimmung können nicht ihre volle Wirkung entfalten. Vor allem die Kapitalwerterwartungen in den nächsten zwölf Monaten bleiben gedämpft. Das gilt insbesondere für Frankreich und Deutschland, das europaweit auch die rote Laterne trägt. In Deutschland herrscht die negativste Einschätzung, was die Entwicklung der Kapitalwerte anbelangt. Zu den Pessimisten zählen zudem die Niederlande und Luxemburg.

In diesem Kontext ergab auch die RICS-Befragung im ersten Quartal 2024 erneut, dass Immobilien in Deutschland sowohl im weltweiten als auch im europaweiten Vergleich bei der Mehrheit der befragten Immobilienexperten (64%) immer noch als „teuer“ oder als „sehr teuer“ gelten“, wie Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland, darlegte. Das Marktniveau liegt hierzulande demnach um 20 Punkte über dem europäischen und dem globalen Niveau. Da Deutschland in der Phase des Immobilien-Booms als Zielmarkt besonders gefragt war, vollzieht sich die aktuelle Entwicklung hierzulande von einer sehr hohen Ausgangsbasis aus, wie Eickermann-Riepe bei früherer Gelegenheit festgestellt hatte. Immerhin gilt Deutschland auch als Geldwäsche-Paradies.

Die im Vergleich unterdurchschnittliche Entwicklung des deutschen Immobilienmarktes spiegelt sich auch in den anderen Indikatoren wider. So verbesserte sich der CPSI hierzulande nur von -35 auf -26 und verharrt damit tief im negativen Bereich. Auch die Stimmung der Nutzer bleibt überwiegend negativ, wie der Anstieg des OSI von -35 im vierten Quartal 2023 auf nur -28 zeigt. Der ISI verbesserte sich von -35 auf -24. Die Investorennachfrage erreichte einen Nettosaldo von -16% nach -43% im Vorquartal. Doch ist der Anteil der Befragten, der den Immobilienzyklus in Deutschland inzwischen am Tiefpunkt angelangt sieht, von 31% im vierten Quartal auf 54% im ersten Quartal gestiegen.

Ins negative Gesamtbild passt, dass die deutschen Befragungsteilnehmer seit dem zweiten Quartal 2020 durchgängig negative Veränderungen bei den Kreditkonditionen wahrgenommen haben. Erst im vierten Quartal 2023 haben sich die Bedingungen offenbar verbessert, so dass der Nettosaldo +4% erreichte, nach -20% im Vorquartal. Laut Böhnlein haben sich die Kreditkonditionen stabilisiert, da die Kreditinstitute kein Interesse an weiteren Insolvenzen haben und Zwischenfinanzierungen anbieten. Allerdings spiegelt sich diese Verbesserung laut RICS noch nicht in steigenden Zahlen wider, die den Beginn von Projektentwicklungen widerspiegelt. Der Nettosaldo erhöhte sich über alle Asset-Klassen hinweg nur von -78% auf -65%.

Der Investmentmarkt ist noch nicht zurück

Diese Stimmungslage auf dem hiesigen Immobilienmarkt gibt auch das Statement eines Marktakteurs aus Berlin wieder, wenn er feststellt, dass der Investmentmarkt immer noch nicht wirklich existiert. Niemand wolle verkaufen, da der Marktwert nicht erreicht werde. Auf der anderen Seite stünden die Anleger, die in den nächsten zwölf Monaten entweder niedrigere Kapitalwerte resp. Kaufpreise erwarten würden oder steigenden Verkaufsdruck durch anstehende Refinanzierungen. Durch eine wachsende Zahl von Zwangsverkäufen würde ein besseres Umfeld für die Käufer entstehen. Und ein Hamburger stellt fest, dass potenzielle Verkäufer und potenzielle Käufer nicht zusammenkommen können, weil ihre Preisvorstellungen so weit auseinanderliegen. Zudem gibt es inzwischen attraktive Alternativanlagen zum Immobilien-Investment, so dass Anleger nicht mehr um jeden Preis in Immobilien investieren müssen.

„Der Krisenmodus wandelt sich zum Realitätsmodus“, umschreibt Jens Böhnlein die Lage: „Die Marktparameter zeigen zwar im ersten Quartal in eine positive Richtung, gleichwohl bleiben die Komplexität und ein weiterhin herausforderndes Marktumfeld erhalten, das uns vorrausichtlich auch noch über das Jahr 2024 mit einem negativen Sentiment weiter begleiten wird.“ Die Frage, ob die Talsohle erreicht ist, oder nicht, lässt sich damit nicht eindeutig beantworten. Mit Blick auf den europäischen Immobilienmarkt stellt Susanne Eickermann-Riepe fest, dass sich die Region zwar weniger negativ zeigt, dass der Investmentmarkt aber noch nicht zurück ist.