Immobilienkonjunktur

Der Zyklus hat den Höhepunkt erreicht

Foto: Deutsche Bundesbank

rv DÜSSELDORF. Nachdem sich zuletzt auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde konkreter zum Zeitplan für den Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm und möglichen ersten Zinsschritten geäußert hat, schreitet auch hierzulande die Zinswende immer weiter voran. Gleichzeitig sorgen die geopolitischen Rahmenbedingungen für viel Unsicherheit auf den Immobilienmärkten.

Diese Eintrübung der Marktstimmung wird durch die negative Entwicklung der deutschen Immobilienkonjunktur widergespiegelt. So trübte sich der Reecox Deutschland (siehe Grafik), der von der Deutschen Hypo vierteljährlich veröffentlicht wird, nach einem schwachen Schlussquartal 2021 auch im ersten Quartal 2022 weiter ein. „Nachdem nach und nach eine deutliche Erholung von den coronabedingten Auswirkungen spürbar war, ist insbesondere der Ukraine-Krieg maßgeblich für die negative Entwicklung“, konstatiert Frank Schrader, Leiter der Deutsche Hypo – NORD/LB Real Estate Finance. Dabei seien der weitere Verlauf und die konkreten Auswirkungen des Konflikts noch ungewiss.

Vor diesem Hintergrund kommen auch die Partner des Deutschen Anlage-Immobilien Verbunds (DAVE) zu der Einschätzung, dass der aktuelle Immobilienzyklus – nach Jahren des Aufschwungs – inzwischen einen Höhepunkt erreicht hat, während die Erwartungen bei den Eigentümern nach wie vor hoch blieben. Diese zu optimistische Einschätzung von Eigentümern ist allerdings auch schon aus früheren Phasen bekannt. Sie brauchen meist länger, bis sie das Ende des Aufschwungs akzeptieren.

Nach Angaben von Rohrer Immobilien ist der Verkauf von Immobilien und Neubau-Grundstücken inzwischen aber kein Selbstläufer mehr wie es in den vergangenen sieben bis zehn Jahren der Fall war. Die Gründe für diese Entwicklung sieht auch der Immobiliendienstleister in den steigenden Zinsen, so dass sich ohne das entsprechende Eigenkapital weniger Einkommensgruppen mit normalem Durchschnittsverdienst eine Finanzierung nicht mehr leisten können und Banken die Tilgungsraten stark erhöht haben.

Aus Sicht des Deutschen Anlage-Immobilien Verbunds (DAVE), der ein Zusammenschluss von zwölf Immobiliendienstleistungsunternehmen, davon elf inhabergeführten, mit knapp 600 Experten an 30 Standorten in Deutschland ist, sind neben den steigenden Zinsen als Hauptursache für das Erreichen des Plateaus aber auch Gründe wie die anstehenden Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und die wachsenden Baukosten, die fast doppelt so schnell zulegen, wie die bereits sehr hohe Inflationsrate von hierzulande 7,4%, zu nennen.

Ein weiterer Punkt ist aus Sicht von Wieland Münch aus dem Hause R. Dieter Limbach Immobilien, dass die zunehmende staatliche Regulatorik wie beispielsweise die CO2-Abgabe, die Mietpreisbremse oder die Umwandlungsverbote zu einer generellen Verunsicherung sowohl bei institutionellen als auch bei privaten Anlegern führen.

Vor dem Hintergrund dieser Trendwende mahnen Gerhard Alles von Schürrer & Fleischer Immobilien und Corvin Tolle von Tolle Immobilien, zur Vorsicht. Denn gerade wenn auf Grund der Inflation die Nachfrage nach Immobilien enorm sei, aber steigende Zinsen mehr Liquidität für Finanzierungen erfordern würden, müssten Engagements heute „ganz genau unter die Lupe genommen werden“. Es sei notwendig, genau hinzuschauen, was man erwerbe.

„Diese Entwicklung – auch weil bisherige Rechenmodelle aufgrund der jetzt viel größeren Zahl an Unbekannten nicht mehr funktionieren – erfordert aktuell intensivere Beratungen auf Verkäufer- und auch Käuferseite sowie ein hohes Maß an Immobilienexpertise“, geben Sven Keussen von Rohrer Immobilien und Jens Lütjen von Robert C. Spies, zu bedenken.

Eine Lösung in dieser Situation der Veränderungen besteht aus Sicht der DAVE-Partner darin, Immobilien-Nutzungen flexibler und viel ausdifferenzierter zu denken: „Wenn Plan A nicht funktioniert, sind Plan B und C gefragt, so dass die Drittverwendungsfähigkeit von Immobilien im Vordergrund steht“, sagen Axel Quester von Armin Quester Immobilien und Matthias Wirtz von KSK-Immobilien zu bedenken.