Demographie-bedingte Nachfrageeffekte

Der Trend geht mehr zu Lebensmitteln

Foto: Habona

Der Umsatz im deutschen Einzelhandel legte mit Unterbrechung in den Jahren der Finanzkrise 2008/2009 im bisherigen Verlauf des neuen Jahrtausends kontinuierlich zu. Doch diese grundsätzliche Entwicklung überdeckt die dahinterliegenden strukturellen Veränderungen, die insbesondere durch die „Corona-Jahre“ sichtbarer zutage treten.

Während der Lebensmitteleinzelhandel Jahr für Jahr Umsatzsteigerungen vollzieht, entwickelt sich der Umsatz im Nonfood-Handel volatil mit eher rückläufigem Trend. Welche Erklärungsansätze lassen sich für diese grundsätzliche Entwicklung finden?

Die demographische Entwicklung samt des demographischen Wandels in Deutschland können hierzu eine Erklärung liefern. Für das Jahr 2012 gibt das Statistische Bundesamt 80,524 Mio. Einwohner an, die bis zum Berichtsjahr 2023 auf 84,669 Mio. Einwohner angewachsen sind, ein Plus von rd. 5,2%. Ein Teil des Bevölkerungsanstiegs geht auf Zuwanderung zurück, aber ein großer Teil auch auf einen Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung.

So wuchs zwischen 2011 und 2023 die Altersgruppe der 80- bis 100-jährigen um 43%, während die Altersgruppe der 40- bis 60-jährigen um nahezu 10% abnahm. Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Auswirkung auf das Konsumverhalten. Denn ältere Menschen reduzieren zwangsläufig ihren Konsum bei aperiodischen Gütern (= Nonfood), während ihr Nachfrageverhalten im periodischen Angebot (= Lebensmittel) nahezu unverändert dem ihrer vorherigen Alterskohorte entspricht.

Demgegenüber geht die Alterskohorte der 40- bis 60-jährigen, die eine hohe Relevanz für die Nachfrage nach aperiodischen Gütern hat, stark zurück. Sie treten damit für einen kontinuierlichen Anstieg der Nachfrage nach aperiodischen Gütern – diese Altersgruppe steht für etabliertes Berufsleben, Kinder im Teenageralter und in Ausbildung, höherwertige Einrichtung von Wohnung oder Haus etc. – nicht mehr so dominant auf, wie es diese Alterskohorte in der Vergangenheit leisten konnte.

Diese Nachfrageschwäche nach Nonfood-Waren kann der Anstieg bei den Altersgruppen der unter 40-Jährigen nicht hinreichend ausgleichen. Denn ein großer Teil der Einwohner dieser Alterskohorten befinden sich noch in der Ausbildung und müssen einen wesentlichen Teil ihres verfügbaren Einkommens nicht nur zur Bewerkstelligung ihres Alltags (Wohnen, Mobilität, Kommunikation, Freizeit und Erholung etc.) ausgeben, sondern auch für den Grundbedarf, also den Kauf von FMCG. Die Nachfrage nach höherwertigen aperiodischen Gütern wird auf das Notwendigste reduziert und setzt im Wesentlichen mit dem Anstieg der verfügbaren Einkommen ein, was i. d. R. erst im Verlauf der zweiten Hälfte der 20er Lebensjahre erfolgt.

Aus dieser demographischen Entwicklung sind damit erste Erklärungen für einen sukzessiven Umsatzrückgang bei Nonfood-Warengruppen abzuleiten. Ergänzend dazu gesellt sich ein verändertes Konsumverhalten, das eng im Zusammenhang mit den Themen Ökologie und Nachhaltigkeit aber auch Sicherheit zu sehen sind.

Ökologie und Nachhaltigkeit werden immer wichtiger

In einer Befragung im April 2022 zu den Sorgen und Ängsten der Bevölkerung – das Ende der Corona-Pandemie war damals absehbar, aber erstmals gab es wieder Krieg in Europa –, gaben rd. 45% der Befragten an, dass sie die Umweltverschmutzung und 51% sagten, dass sie ihre Lebenshaltungskosten mit großer Sorge betrachten. In dieser Stimmungslage nimmt die Ausgabenbereitschaft für Nonfood-Ware eher ab. Die Ausgaben werden auf das notwenige Maß reduziert oder auf kostengünstigere Artikel verlagert, was den Boom insbesondere der preisorientierten Anbieter/Discounter seit 2021 erklärt.

Das Thema Umweltverschmutzung hat mit 48% eine hohe Relevanz bei der Generation Gen Z – heute im Alter von 15 bis 28 Jahren (Jahrgänge 1996 bis 2009) – und der Generation der Baby Boomer mit 57% – heute im Alter zwischen 56 und 67 Jahren. Im Mittel möchten rund zwei Drittel der Befragten ihr Verhalten entsprechend anpassen, aber faktisch fehlt bisher noch die entsprechende Umsetzung. Denn maximal etwa ein Drittel aller Befragten hat bislang erste Maßnahmen ergriffen. Aber die Sensibilität steigt und wird letztlich zu einem Wandel hin zu nachhaltig produzierten (teureren) Food- (Bio-Produkte, regionale Produkte) wie auch zu Nonfood-Artikeln wie vegane Schuhprodukte oder (Sitz)Möbel, Bekleidung aus Bio-Baumwolle, reparaturfähige Haushaltselektronik etc. führen.

In der Summe führt dieses Konsumverhalten bei einem größer werdenden Teil der Bevölkerung zu Mehrausgaben für Waren des täglichen Bedarfs und eher stagnierenden bis rückläufigen Ausgaben für Nonfood-Produkte. Das einzelne Nonfood-Produkt ist dabei eher höherpreisig, aber dieser Einkauf erfolgt seltener. Denn eng verwandt mit dem Thema Nachhaltigkeit ist der „bewusste Konsum“ zu sehen.

Nonfood-Produkte, insbesondere im Segment Bekleidung, sollen länger genutzt werden und vergleichbar der Entwicklung im Segment Unterhaltungselektronik, Technik, Haushaltsgeräte repariert werden können. Diese Entwicklung zahlt auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ein, aber weniger auf eine perspektivisch dynamische Umsatzentwicklung mit Nonfood-Produkten.

Aus diesen wenigen Erklärungsansätzen wird erkennbar, dass sich das „große Bild“ in der Nachfrage nach periodischen wie aperiodischen Gütern langfristig zugunsten der periodischen Lebensmittel verändern wird. Der Wandel in der Demographie wie im Konsumverhalten sind hier als Treiber, neben einer grundsätzlichen Veränderung der verfügbaren Einkommen für konsumtive Zwecke, zu erkennen.

*) Der Artikel wurde dem Habona Report 2025 entnommen