RICS Global Commercial Property Monitor

Der Transaktionsmarkt bleibt weiter in der Warteschleife

Der Global Construction Activity Index ist in Europa negativ. Foto: Vierbuchen

Seit die wachsenden Inflationsraten und mit ihnen die Zinswende im Sommer 2022 das Ende des weltweiten Immobilien-Booms eingeläutet haben, verharrt der Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI), der weltweit die Stimmung von 3 000 bis 4 000 Immobilienexperten misst, im negativen Bereich. Nach -16 im dritten Quartal blieb die globale Kennzahl des RICS Global Commercial Property Monitor  (GCPM) zum Jahresende 2023 mit -15 fast unverändert. Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist das verbesserte Kreditumfeld. Im weltweiten Vergleich hinken Europa und Deutschland hinter dem allgemeinen Trend her.

Nach Einschätzung von Susanne Eickermann-Riepe FRICSVorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB), belasten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa und das schwache Wachstum die Immobilienbranche auch im vierten Quartal des Jahres 2023, so dass Entscheidungen vertagt werden und der Transaktionsmarkt weiterhin lahmt. Der Krieg in der Ukraine und das damit einhergehende schwache konjunkturelle Umfeld lähmen die gesamte Region. 

In diesem Umfeld gilt Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort bei der Mehrheit der befragten Experten (66%) im weltweiten und europäischen Vergleich immer noch als „teuer“ (Grafik RICS). Nur 14% bewerten den Standort inzwischen als „günstig“. Da Deutschland in der Phase des Immobilien-Booms laut Eickermann-Riepe sehr gefragt war, vollzieht sich die aktuelle Entwicklung hierzulande von einer sehr hohen Position aus.

Das zeigt auch der europaweite Vergleich. Verbesserte sich der Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI) in Europa im vierten Quartal leicht von -25 im Vorquartal auf -21, stieg der Wert in Deutschland lediglich von -38 auf -35 und bleibt damit noch deutlicher im negativen Bereich. Dieser Unterschied zeigt sich auch bei der Stimmung der Investoren und der Nutzer (Mieter), gemessen im Investment Sentiment Index (ISI) und dem Occupier Sentiment Index (OSI). Erreichten die Werte im Quartalsvergleich für den europäischen Immobilienmarkt eine Verbesserung von -19 auf -17 (OSI) und von -31 auf -26 (ISI), verschlechterte sich der Wert im Gegensatz dazu in Deutschland von -32 auf -35 (OSI) und verbesserte sich beim ISI nur von -44 auf -35. Auch europaweit steht Deutschland damit weit hinten.

Dass angesichts des zwölf Jahre währenden Immobilienbooms einschließlich der damit einhergehenden Übertreibungen die Kapitalwerterwartungen für die nächsten zwölf Monate laut RICS-Umfrage in den meisten europäischen Ländern negativ sind, dürfte angesichts der schleppend verlaufenden Preisfindungsphase und des niedrigen Transaktionsvolumens in Europa niemanden überraschen. Aber auch hier steht Deutschland weit hinten – nur in Frankreich und Polen sind die Kapitalwerterwartungen schlechter. Besonders niedrig sind sie bei Secondary Büros und Handelsimmobilien, wobei hier sehr stark nach Asset-Klassen unterschieden werden muss, denn Nahversorgungsobjekte liegen auch heute noch gut im Rennen.

Negative Einschätzung bei der Mietentwicklung

Auch bei der Einschätzung der Befragten zur Mietentwicklung in den nächsten zwölf Monaten zeigen die Ergebnisse der RICS-Befragung für Deutschland mit einem Rückgang von -16% auf -20% über alle Anlage-Klassen hinweg eher nach unten. Vor allem bei Handelsimmobilien ging der Wert von -50% auf -55% zurück. Allerdings gilt auch hier, dass der Blick auf die unterschiedlichen Segmente wie Nahversorger ein differenzierteres Bild geben dürfte. Bei Büroimmobilien sanken die Mieterwartungen von -11% auf -20%, während Industrieimmobilien mit einer Verbesserung von +14% auf +16% eine Ausnahme bildeten.

Nach den Worten eines Immobilienexperten aus Berlin herrscht hierzulande „eine sehr konservative und zurückhaltende Stimmung und eine gewisse Unsicherheit über den Krieg in Europa (Ukraine) und dem Nahen Osten (Israel)“. Vor diesem Hintergrund würde sehr vorsichtig investiert und immer mit der Erwartung, dass die Preise im laufenden Jahr noch weiter sinken werden, so dass sie günstiger sind als in den vergangenen beiden Jahren“. Die Aussage von Susanne Eickermann-Riepe, dass der Transaktionsmarkt in Europa weiter in der Warteschleife bleibt, dürfte damit gleichermaßen für Deutschland gelten. Verkäufer und Käufer haben sich bei ihren Preisvorstellungen noch nicht angenähert. Die Vorsitzende des RICS-ERWB erwartet mehr Dynamik, wenn etwa durch äußeren Druck wie die Notwendigkeit, auslaufende Kreditverträge zu verlängern, der Handlungsdruck steigt: „Aber so weit sind wir noch nicht.“ 

Beim Blick auf den Zyklus des globalen Immobilienmarktes sehen die befragten Immobilienexperten zum Jahresende aber einen leichten Silberstreif am Horizont. Denn der Anteil der Befragten, der den Immobilienmarkt in der Abschwungphase sieht, ist von 54% im dritten Quartal auf nunmehr 46% gesunken und 23% sehen ihn inzwischen auf dem Tiefpunkt angelangt – nach 19% im dritten Quartal. Und knapp ein Viertel (24%) glaubt sogar, dass sich der Immobilienmarkt schon wieder in der Aufschwungphase befindet.

Als Lichtblick für Deutschland wertet Eickermann-Riepe, dass sich die Erwartungen mit Blick auf die Kreditkonditionen verbessert haben, nachdem die deutschen Befragungsteilnehmer seit dem zweiten Quartal 2020 bei den Kreditkonditionen durchgängig eine negative Veränderung wahrgenommen hatten. Dass der gemessene Nettosaldo gemäß der aktuellen Umfrage von -74% im dritten Quartal 2023 zum Jahresende auf -20% verbessert hat, spricht eine deutliche Sprache. Hinzu kommt, dass sich das Zinsniveau inzwischen stabilisiert hat und einige Marktakteure zur Jahresmitte auf eine Zinssenkung setzen.

Erwartungen bei den Kreditkonditionen verbessert

Allerdings spiegeln sich laut RICS die anziehenden, aber unvermindert negativen Konditionen noch nicht in einer steigenden Zahl von Projektentwicklungen wider, so dass der Nettosaldo gemessen am Vorquartal hierzulande bei -78% stagniert. Es wird aber auch nicht ausgeschlossen, dass eine Stabilisierung der Zinsen durch die Geldpolitik der Europäische Zentralbank (EZB) zur Jahresmitte 2024 einen neuen Zyklus einläuten könnte. Eindeutig ist die Entwicklung der Inflationsrate in Europa aber noch nicht. 

Beim Global Construction Activity Index (CAI) zeigte sich zum Ende des vergangenen Jahres mit einem Wert von weltweit +10 zwar eine stabile Entwicklung, doch lag Europa als einzige Region mit einem Wert von -6 im negativen Bereich. „Damit liegt der Index für Europa seit sechs aufeinanderfolgenden Quartalen unter null“, heißt es in der RICS-Umfrage. Dabei sei die Region seit dem ersten Quartal 2022 in jedem Umfragebericht hinter dem weltweiten Durchschnitt zurückgeblieben. In diesem Umfeld schneidet Deutschland mit einem Rückgang des CAI von -10 im dritten Quartal auf -21 zum Jahresende nochmals schlechter ab und zieht den europäischen Wert nach unten.

Als Haupthindernis für die Bautätigkeit werden dabei seit dem zweiten Halbjahr 2023 von den meisten Befragten (68%) weltweit die finanziellen Beschränkungen genannt. Die stark gestiegenen Materialkosten, die nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine Anfang 2022 mit 91% noch als Haupthindernis für die Bautätigkeit genannt wurden, spielen mit 63% eine etwas geringere aber immer noch gewichtige Rolle.

Vom allgemeinen Trend abweichend beklagt die Mehrheit der Befragten (71%) in Deutschland einen Arbeitskräftemangel und 65% einen Fachkräftemangel. Die finanziellen Beschränkungen sind hierzulande mit 59% das drittgrößte Hindernis für die Bautätigkeit. Dagegen ist die Nennung regulatorischer Gründe von 72% auf 47% zurückgegangen.

Die Wachstumsaussichten im Bausektor werden laut Eickermann-Riepe derzeit durch den Bereich Infrastruktur getrieben, während sie im privaten Wohnungsbau weiterhin einen Rückgang erwartet, wobei die Stimmung etwas weniger gedämpft sei als Anfang 2023 – außer in Deutschland. Für den Gewerbebau erwartet sie „eine weitgehend flache Entwicklung im nächsten Jahr“.