Investmentmarkt Logistik

Der eCommerce beflügelt das Geschäft

Online-Bestellungen wurden durch Corona befeuert. Foto: Irebs

Beim exakten Transaktionsvolumen mit Logistikimmobilien sind sich die Immobiliendienstleister zwar nicht ganz einige, doch stimmen sie in der Einschätzung überein, dass 2021 bislang ein Rekordjahr ist – vor allem nach dem lebhaften Sommerquartal. Und auch der Blick auf das Jahresende ist von Zuversicht geprägt. Allerdings ist das Angebot knapp und der Druck auf die Renditen deutlich spürbar.

Einig sind sich die Immobilienberater JLL und Colliers International auch in der Einschätzung, dass der eCommerce, der vor allem während der Zwangsschließungen im stationären Einzelhandel befeuert wurde, der stärkste Motor für Logistik-Investments bleibt. Auch in der abklingenden Pandemie bewahre der Online-Handel seine Stärke, berichtet JLL. Das dürfte auch angetrieben werden von der Tatsache, dass viele stationären Händler ihren Internet-Vertrieb ausgebaut haben und sich viele Konsumenten an die Bequemlichkeit des Online-Kaufs gewöhnt haben.

Zudem beobachtet Nicolas Roy,Head of Industrial & Logistics Germany bei Colliers, dass diese durch die Pandemie hervorgerufene Veränderung des Kaufverhaltens vielen E-Food-Anbietern und Lebensmittellieferdiensten den Markteintritt ermöglicht hat. „Die neuen Marktteilnehmer machen den Logistikimmobilienmarkt für viele Investoren attraktiver“, so der Experte weiter, der diese Entwicklung auch als Grund dafür sieht, dass die Anlage-Klasse mit einem Marktanteil von 15% derzeit zu den interessantesten im hiesigen Gewerbeimmobilienmarkt gehört.

Mit Blick auf das in den ersten neun Monaten 2021 erzielte Transaktionsvolumen von 6,4 Mrd. Euro kommt JLL zu dem Ergebnis, dass es hierzulande nie ein höheres Transaktionsvolumen als in diesem Jahr gab. Damit schlage das aktuelle Jahr den bisherigen Top-Wert von 2017 um 3% und den Wert aus dem Vorjahreszeitraum um 8%. Der Zehnjahresdurchschnitt werde um 89% übertroffen. Nach den Worten von Nick Jones, Head of Industrial Investment bei JLL Germany haben dabei „die Investoren-Aktivitäten von Juli bis September dem ohnehin schon hervorragend performenden Logistik-Investmentjahr noch einmal gewaltigen Schub verliehen“. Mit 2,9 Mrd. Euro sei der Quartalswert der zweitbeste aller Zeiten gewesen.

BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) ermittelte für die ersten drei Quartale ein Investitionsvolumen von 6,2 Mrd. Euro, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar ein Plus von 10% bedeute, laut Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, aber nur in die Nähe des Rekordvolumens aus dem Jahr 2017 rückt, das damals vor allem von großen Portfoliotransaktionen geprägt war. Derzeit hätten Einzeldeals mit einem Volumen von 4 Mrd. Euro das größere Gewicht. Auch Colliers International sieht die Rekordsumme von 5,9 Mrd. Euro, die in deutsche Industrie- und Logistikimmobilien investiert wurden, nur auf Platz zwei hinter dem Rekordjahr 2017.

Die urbane Logistik gewinnt an Bedeutung

Vor allem der Verkauf des Aroundtown-Portfolios für mehr als 400 Mio. Euro an Prologis hat laut Jones das Investmentgeschäft im dritten Quartal beflügelt und gleichzeitig auch die drei Trends abgebildet, die den Logistikmarkt gegenwärtig bewegen: Dazu gehören die urbane Logistik, die im Zuge des eCommerce an Bedeutung gewinnt, der Investmentstandort Berlin, der sich einer großen Nachfrage erfreut sowie die Repositionierung von Flächen und Portfolien.

Gerade die Repositionierung werde für den Logistikmarkt ein starkes Thema bleiben, da die Entwicklung dieser großen Objekte im „Greenfield“ schon auf Grund des Bauflächenmangels kaum noch möglich sei, wie JLL schreibt. Hinzu kommt, dass die Lagerzentren näher an die urbanen Zentren rücken, so dass die Umnutzung von Gewerbeflächen und Brachland-Entwicklungen das Logistikgeschäft prägen werden. Das erzwingt schon der Ausbau des eCommerce.

Als zweitgrößten Deal dieses Jahres benennt JLL den Kauf der Dietz-Neubauten durch den Logistikinvestor Tritax für knapp 300 Mio. Euro, der aus Sicht des Immobilieninvestors für einen weiteren Trend in der Branche steht, nämlich die enge Partnerschaft zwischen Investoren und Entwicklern. Ziel der Partnerschaft sei es, sich möglichst früh an der Wertschöpfungskette zu beteiligen und direkten Einfluss auf die Erfüllung der ESG-Anforderungen nehmen zu können.

Laut Colliers International gehörte im dritten Quartal auch Patrizia zu den besonders aktiven Akteuren. So erwarb der Investmentmanager ein Portfolio aus fünf DHL-Immobilien. Und Catella konnte sich für ihre Spezialfonds vier Logistikimmobilien sichern. Die bereits erwähnte Bedeutung der Bundeshauptstadt Berlin als Logistikstandort unterstreicht auch der Kauf einer Logistikimmobilie in Großbeeren nahe Berlin. Das sei der größte „Single Asset Core-Deal“ dieses Jahres gewesen, berichtet der Immobiliendienstleister.

Insgesamt gehört die Metropolregion Berlin – gemeinsam mit der Metropolregion Hamburg – laut BNPPRE derzeit zu den bedeutenden Immobilienmärkten mit einem Transaktionsvolumen von jeweils um die 500 Mio. Euro. Damit würden die Regionen gemessen am Vorjahr erhebliche Zuwächse verzeichnen und gemessen an der Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren ein Rekordergebnis verzeichnen. Dass die anderen Regionen unterdurchschnittlich abschneiden, führt der Dienstleister vor allem auf den Angebotsmangel in den zentralen Lagen der großen Logistik-Hubs zurück.

Optimistischer Blick auf den Jahresschluss

Eine nie dagewesene Anzahl von mehr als 200 registrierten Transaktionen im bisherigen Jahresverlauf unterstreicht laut BNPPRE-Geschäftsführer Raabe denn auch „die hohe Marktaktivität und die breite Nachfrage in allen Größenklassen“. Diesen Nachfragedruck und den Mangel an Angebot spiegeln auch die Spitzenrenditen wider. So registrierte JLL in den Top-7-Regionen allein zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2021 einen Rückgang von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten auf fast einheitliche 3,1% mit weiter fallender Tendenz.

Auch BNPPRE registrierte in den vergangenen Quartalen ein erneutes Nachgeben der Spitzenrenditen um 15 Basispunkte auf 3,2%. Damit liegt der Wert um 30 Basispunkte unter dem Vorjahresniveau. Colliers registrierte für Core-Objekte in Top-Lagen mit bonitätsstarken Mietern im dritten Quartal 3,4%.

Die Frage, ob der Logistikboom seine Dynamik behalten könne, beantwortet Jones mit „Ja“. Auch im letzten Quartal werde ein „hervorragendes Ergebnis“ erzielt und er geht davon aus, dass die Nachfrage hoch bleiben wird, da sich der Logistikbereich in einer Transformationsphase mit Repositionierungen bei den Immobilien befindet, was auch Potenzial eröffnet. So erwartet Raabe für das „besonders umsatzstarke Schlussquartal“ ein Transaktionsvolumen von mindestens 2 Mrd. Euro – wie im Schnitt der vergangenen fünf Jahre.

Auch Colliers-Logistik-Experte Roy erwartet im vierten Quartal einige attraktive Transaktionen. Die steigenden Baupreise werden die Kaufpreise für Entwicklungen aus seiner Sicht aber weiter in die Höhe treiben. Im Jahresverlauf erwartet er wieder mehr internationale Käufer, so dass sich der Preiskampf erhöhen wird.