Investmentmarkt Logistik

Der Druck auf die Preise bleibt weiterhin hoch

Großer Flächenbedarf beim eCommerce. Foto: Panattoni

rv DÜSSELDORF. Angetrieben vom wachsenden Online-Handel ist der deutsche Markt für Logistikimmobilien mit einem Rekordwert ins Jahr 2021 gestartet. Ob das Gesamtjahr mit einem Rekordwert enden wird, hängt maßgeblich davon ab, ob das Angebot vorhanden ist. Jedenfalls dürften die Preise weiter steigen.

Die Wertschätzung der Investoren für Logistikimmobilien spiegelt das Logistikklima schon seit geraumer Zeit wider. Mit einem Wert von 161,7 Zählern steht der Teilindikator des Immobilienklimas derzeit auf dem ersten Platz, vor dem Wohnklima mit 152,9 Punkten. Die strukturellen Probleme durch die Digitalisierung und die Zwangsschließungen zur Pandemiebekämpfung, die dem Einzelhandel – insbesondere den innerstädtischen Händlern – zugesetzt haben, stehen laut JLL im engen Zusammenhang mit dem Erfolg der Logistikimmobilien, die vom eCommerce und dem gestärkten privaten Konsum profitieren.

So schätzt Catella Research, dass der boomende Online-Handel in den nächsten fünf Jahren einen zusätzlichen Logistikflächenbedarf von etwa 4 Mio. qm in Deutschland und Österreich generieren wird. Diese Entwicklung sei den Investoren durchaus bewusst. In diesem Kontext spricht aus Sicht von Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial bei der BNP Paribas Real Estate GmbH (BNPPRE), für diese Assetklasse am Standort Deutschland derzeit „nicht zuletzt die zentrale Lage in Europa als wichtiger Transitkorridor, die wirtschaftliche Stärke der deutschen Industrieunternehmen sowie eine mögliche Neustrukturierung von Lieferketten“.

„Der deutsche Markt für Logistikimmobilien wird eines der präferierten Anlageziele von nationalen und internationalen Investoren bleiben“, ist er mit Blick auf die zweite Jahreshälfte überzeugt, „obwohl sich die Renditen für hochwertige Immobilien aktuell bereits auf historisch niedrigem Niveau bewegen“. Für die deutschen Top-Logistik-Standorte ermittelte der Immobiliendienstleister eine durchschnittliche Spitzenrendite von 3,35%, die aber trotz des anhaltenden Nachfragedrucks auf niedrigem Niveau stabil bleibe. Eine Ausnahme nach oben bildet Leipzig mit einer Netto-Anfangsrendite von derzeit noch 3,60%.

Diese Einschätzung teilt auch der Immobilienberater JLL wenn er schreibt, dass bei Logistikimmobilien etwas Ruhe eingekehrt ist, da die Spitzenrenditen in den Big 7 zum dritten Mal in Folge auf dem Tiefstand von 3,38% verharrten. Das heißt laut Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL Germany, aber nicht, dass hier nicht mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen sei: „Die Verschmelzung von Supply Chain, Last Mile Logistik und eCommerce getriebener Retail-Logistik schreitet immer weiter voran und mit dem Heranrücken an oder sogar einem Hineinrücken in die Zentren der Städte werden auch die Preise weiter steigen“, ist er überzeugt.  

Eine Reduzierung der Rendite um weitere 20 Basispunkte bis zum Ende des Jahres liegen aus seiner Sicht durchaus im Rahmen des Möglichen.

Angesichts dieses Nachfragedrucks und der günstigen Voraussetzungen für den deutschen Logistikimmobilienmarkt rechnet BNPPRE-Geschäftsführer Raabe in der zweiten Jahreshälfte mit einem lebhaften Transaktionsgeschehen. „Ob das beeindruckende Vorjahresergebnis von fast 8 Mrd. Euro wieder erreicht werden kann“, wird nach seinen Worten aber in erster Linie eine Frage des Produktangebots sein. Auch er hält deshalb eine „weitere Renditekompression“ für „sehr wahrscheinlich“. Nach Beobachtung von Prof. Thomas Beyerle, Head of Research bei der Catella Group, ist die Nachfrage nach Logistikimmobilien nochmals stark gestiegen und werde von einer „korrespondierenden Preisrallye und einer anhaltenden Renditekompression begleitet“.

Die Entwicklung im ersten Halbjahr 2021, die laut BNPPRE eine Fortsetzung der bisherigen „Erfolgsstory auf dem Logistik-Investmentmarkt“ war, bildet mit einem Transaktionsvolumen von 4,23 Mrd. Euro aber eine günstige Basis für einen Rekordwert. Allein im zweiten Quartal waren 2,2 Mrd. Euro in Logistikimmobilien investiert worden. „Es ist damit das zweibeste Halbjahresergebnis aller Zeiten“, schreibt der Dienstleister. JLL liegt mit seinem Halbjahreswert von 3,5 Mrd. Euro etwas niedriger. Vor allem große Deals mit einem Wert von über 100 Mio. Euro und einem Anteil von 47,5% prägten den Markt in der ersten Jahreshälfte.

Ablesen lässt sich das wachsende Interesse der Investoren daran, dass in diesem Segment inzwischen Investment Manager neue Logistikfonds auflegen, die bislang in dieser Assetklasse nicht beheimatet waren, wie Raabe beobachtet. Aber insbesondere der Anlagedruck, der durch die unverändert lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) erzeugt wird und der sich auf immer weniger Segmente konzentriert, ist im deutschen Immobilienmarkt stark zu spüren.

Dass deutsche Anleger in diesem Marktsegment mit einem Anteil von fast 50% in der ersten Jahreshälfte die stärkste Käufergruppe bildeten, dürfte den massiven Pandemie-bedingten Reisebeschränkungen geschuldet sein. Auf europäische Anleger entfiel ein Anteil von knapp 22% und auf nordamerikanische gut 20%. Mit einem Investitionsvolumen von 1,6 Mrd. Euro und einem Marktanteil von knapp 38% führten Spezialfonds die Gruppe der Anleger an, auf Investment- und Asset-Manager entfiel ein Anteil von über 13%. Durch einige großvolumige Einzelabschlüsse erreichten Versicherungen laut BNPPRE im ersten Halbjahr knapp 10%.

Dass in Deutschland die Nachfrage größer ist als das Angebot, lässt sich auch an den Transaktionsvolumina in den führenden Logistikregionen ablesen. So verbuchten Berlin und München gegenüber dem Vorjahr mit 94,5 Mio. Euro und gut 91 Mio. Euro einen Rückgang von 69 bzw. 33%. Die Hansestadt Hamburg konnte nach einem schwachen Start mit 26 Mio. Euro im zweiten Quartal nachlegen und setzte sich mit 434 Mio. Euro an die Spitze. Durch einen Großabschluss konnte der Düsseldorfer Markt mit knapp 83 Mio. Euro ein Plus von 177% erreichen.