HIR DÜSSELDORF.Sie bieten lokale Köstlichkeiten, sind der ideale Treffpunkt für Nachbarn, Menschen aus dem Einzugsgebiet und Touristen aus aller Welt – und vereinen alles, was einen hervorragenden modernen Einzelhandel ausmacht. Die Rede ist von Markthallen, die in vielen deutschen Städten oder Stadtteilen das urbane Zentrum bilden.
Mit der Frage, welche Kriterien eine Markthalle definieren und was die wichtigen Erfolgsfaktoren dafür sind, hat sich der Verbund von BBE Handelsberatung und IPH Handelsimmobilien in seinem Whitepaper „Markthallen in Deutschland – Trends und Erfolgsfaktoren“ befasst und dafür 30 hochfrequentierte Markthallen in Deutschland untersucht. Demnach können funktionierende Markthallen anhand von drei Kriterien-Clustern unterschieden werden. Zum einen nach den Makrokriterien, zum andern nach den Mikrokriterien und zum dritten nach den spezifischen Kriterien jeder einzelnen Halle selbst.
Bei den Makrokriterien spielen vor allem die Einwohnerzahl und die Wirtschaftskraft im Umfeld der Markthalle eine Rolle. Besonders spannend sind laut Whitepaper aber die Mikrokriterien für eine erfolgreiche Positionierung: „Denn je nachdem, ob sich eine Markthalle im Zentrum, in einer Stadtteillage oder auch in einem Gewerbegebiet befindet, wie gut die Erreichbarkeit gegeben ist und welche Nutzungen sich im Umfeld befinden, all diese Kriterien sind für die richtige Positionierung wichtig“, schreiben die Experten von BBE und IPH.
Aber auch die Größe des Objekts, seine Historie und das Image einer Halle entscheidet darüber, ob eher Obst- und Gemüsehändler, Street-Food-Festivals oder auch eine Event-Location die passende Nutzung für den jeweiligen Standort ist. Insgesamt unterscheidet die Studie drei Größen. Als kleine Objekte gelten Markthallen bis 1 000 qm, die sich durch einen hohen Anteil an klassischen Marktständen auszeichnen und darüber hinaus noch durch einen bestimmten Anteil an sonstigen Handelsangeboten.
In der Größenklasse ab 1 000 bis 2 250 qm verorten die Experten die mittelgroßen Markthallen mit einem Angebot, das zu mehr als 50% aus Gastronomie besteht. Ab 2 250 qm beginnen hierzulande die großen Markthallen, die nach Feststellung der Experten unter der Headline „Lifestyle/Angebotsmix“ eine Mischung aus klassischem Markt, Gastronomie, Handel, Kultur und Events bieten. Aber klar ist laut Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Holding und der IPH Handelsimmobilien, dass Markthallen heute nicht mehr so funktionieren wie noch vor 20 oder 50 oder sogar 100 Jahren. Die Ansprüche der Kunden und das entsprechende Angebot haben sich stetig verändert.
Wichtige Faustregel für historische Markthallen
Laut Whitepaper gibt es eine wichtige Faustregel für historische Markthallen: „Je zentraler die Lage und je traditionsreicher der Standort, desto größer die Verkaufsfläche.“ Solche Hallen seien zumeist beliebt und erfolgreich, weil sie den Einzelhandel und das gastronomische Angebot ausgesprochen gut verbinden und ihren Kunden ein interessantes Angebot in einem besonderen Ambiente bieten würden.
Doch auch kleinere Hallen in Stadtteilzentren haben aus Sicht der Experten ihre Vorteile, wenn sie passend zum Standort in Richtung Handel, Gastronomie oder auch Lifestyle positioniert sind. Wichtig ist, dass sie mit regionalen Händlern, Dienstleistern, Gastronomen und ähnlichen Angeboten den Nerv einer jungen Generation treffen, die Wert auf Nachhaltigkeit und Urbanität legt. Gerade nach der Corona-Pandemie ist laut Whitepaper der Bedarf an neuen innerstädtischen Treffpunkten und einem emotional aufgeladenen, überraschenden Einkaufserlebnis höher denn je. Das birgt ein starkes Potenzial, sofern die richtigen Mieter angesiedelt werden, die untereinander Synergien bilden und die Menschen von nah und fern anziehen.
Aus Sicht von Johannes Berentzen, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung, erhält das Segment „Markthallen“ nicht die Aufmerksamkeit der Marktforscher und Analysten, das es gemäß seiner Bedeutung für die hiesigen Städte, die immer wieder nach neuen Anziehungspunkten für ihre Belebung suchen, eigentlich verdient. Denn immerhin gibt es Areale, die früher beliebt waren, die laut Stumpf heute aber mit nachlassenden Besucherzahlen zu kämpfen haben. Neue Anziehungspunkte mit klassischem Handels-, Gastronomie- oder auch Lifestyle-Fokus würden hier eine Alternative bieten.
Da der Strukturwandel im Einzelhandel zweifellos auch die Markthallen unmittelbar berührt, wollen BBE und IPH laut Berentzen an der Seite wichtiger Stakeholder konkrete und nachhaltige Ansätze zur zeitgemäßen Positionierung entwickeln, um die vielfältigen Potenziale des zunehmend erfolgreichen Konzepts Markthalle weiterzuentwickeln. Die Revitalisierung der Markthalle im Tegel Quartier in der Berliner Gorkistraße ist zweifellos ein Beispiel für diesen Trend.
Wie Lars Jähnichen, Geschäftsführer der IPH Handelsimmobilien, dazu ergänzt, geht es bei Markthallen nicht nur um Aufenthaltsqualität, sondern auch um Orte, an denen sich Nachbarn und Touristen treffen und zweifellos auch wohl fühlen: „Und damit eine solche Erfolgsstory gelingen kann, muss das jeweilige Konzept stimmig sein. Dafür braucht es drei Dinge: erstens fundiertes Wissen und Research, zweitens ein klares, zukunftsstarkes Konzept vom Design über die Vermietung bis zum Betrieb – und drittens den Willen, dieses Konzept auch operativ umzusetzen.“