Ausblick auf die Expo Real 2021

Der Anlagedruck bleibt weiterhin hoch

Impressionen von der Expo Real. Foto: Messe München

Eineinhalb Jahre Ausnahmezustand durch die Pandemie und nachdem die Expo Real 2020 kurzfristig abgesagt wurde, stellt sich für viele die Frage, wo die Immobilienbranche derzeit steht, gibt die Internationale Immobilienmesse in München doch immer einen Überblick über die aktuelle Lage und die wichtigen Themen. Diese „Wasserstandsmeldung“ fehlte im vergangenen Herbst – zumal auch viele andere Veranstaltungen abgesagt werden mussten.

Aus Sicht der Messegesellschaft war im Vorfeld der Internationale Immobilienmesse Expo Real, zu der sich bis Ende September etwa 8 965 Teilnehmer angemeldet hatten, zunächst einmal wichtig, dass die erfolgreich durchgeführte IAA Mobility (Internationale Automobil Ausstellung), ein Beleg dafür war, dass Großveranstaltungen mithilfe des richtigen Schutz- und Hygienekonzepts auch in der aktuellen Lage möglich sind. Für den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Messe München, Klaus Dittrich, gab das den Rückenwind und die Zuversicht, dass auch die Expo Real 2021 wieder stattfinden kann.

Zumal nach eineinhalb Jahren Pandemie „das Bedürfnis in der Immobilienwirtschaft groß ist, wieder persönliche Gespräche zu führen“, wie Rolf Strittmatter, Geschäftsführer der Hamburg Invest, vielen aus der Seele spricht. Das belegt auch das zu beobachtende Interesse an realen Veranstaltungen. „Wirkliches Geschäft erfordert (…) Vertrauen und das entsteht nur bei persönlicher Begegnung“, so Strittmatter weiter: „Deshalb wollen unsere Aussteller und auch wir wieder vor Ort präsent sein.“ Auch wenn die Teilnehmerzahl in diesem Jahr deutlich unter dem Niveau normaler Expo-Real-Jahre liegen dürfte.

Klar ist im Vorfeld jedoch, dass Immobilienanlagen weiterhin sehr attraktiv sind, wie Frank Schrader, Leiter Deutsche Hypo – NORD/LB Real Estate Finance Hannover, wenige Woche vor dem Messestart feststellte: „Angesichts der niedrigen Zinsen und der fehlenden alternativen Anlagemöglichkeiten bleibt der Anlagedruck hoch, und die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt ist weiterhin ungebrochen.“ Er geht davon aus, dass das Transaktionsgeschehen auf „den extremen Niveaus bleiben wird“, wobei die Investoren „risikoarme“ aber renditebringende Anlagemöglichkeiten suchen.

Denn die Unsicherheit durch die Folgen der Pandemiebekämpfung und die Ungewissheit, wie normal Deutschland durch Herbst und Winter kommen wird, hinterlässt Spuren. Vor allem bei den gebeutelten Asset-Klassen Hotel, Büro und Einzelhandel. Bei Büros stellt sich laut Schrader die Frage, wie sich das Thema Home-Office etabliert und wie sich das langfristig auf die Nachfrage nach Büroflächen auswirkt. Hinzu kommt die Knappheit bei Baumaterialien in Verbindung mit den stark steigenden Rohstoffpreisen, die sich auf Neubau und Gebäudesanierung auswirken werden.

Zwiespältige Einschätzung für den Einzelhandel

Im sehr heterogenen Segment Einzelhandel, das vom erfolgreichen Lebensmittelhandel genauso geprägt wird wie vom Nonfood-Einzelhandel, der Shopping-Center und innerstädtische Einkaufsstraßen besiedelt, fällt die Einschätzung naturgemäß zwiespältig aus. Während Fachmärkte und Fachmarktzentren mit Schwerpunkt Nahversorgung boomen, ist das Segment Shopping-Center und der Nonfood-Bereich von Unsicherheit und Zurückhaltung geprägt, die durch die lange Zwangsschließung verstärkt wurden.

 

Mit Blick auf den wachsenden Leerstand durch den Strukturwandel ist laut Schrader „ein Umdenken unerlässlich, um die Attraktivität in den Innenstädten zu erhöhen – Aspekte wie Freiflächen für Gastronomie, Freizeit und Kultur müssen in den Fokus rücken“. Andere sehen im Interesse der Lebendigkeit auch die Notwendigkeit, mehr Büros und Wohnungen in den Cities anzusiedeln.

Aus Sicht von Bernhard Daldrup, für die SPDMitglied im Bundestag (MdB), ist in den Innenstädten in den vergangenen Jahren die Kommerzialisierung auf die Spitze getrieben worden, wie er beim Immobilien Summit der Real I.S. im Vorfeld der Expo Real feststellte. Hinzu kommt, dass sich der Einzelhandel „mit der totalen Optimierung selbst kaputt gemacht“ hat, gibt Raimund Paetzmann, Vice President Corporate Real Estate bei Zalando, zu bedenken. Rationale Geschäftskonzepte allein reichen aber nicht aus, um den oft mit Emotionen verbundenen Einkauf im stationären Einzelhandel anzukurbeln.

Mit Blick auf den zunehmenden Leerstand etwa in Einkaufsstraßen ist die Umwidmung von reinen Handelsimmobilie in Mischobjekte und die vermehrte Ansiedlung von Nutzungen, die neben dem Einkauf auch Raum für Freizeit und Entspannung bieten sowie für Arbeiten und Wohnen, die aber nicht so hohe Mieten zahlen können, ein wichtiges Trendthema. Ein weiteres zentrales Thema ist die Neugestaltung des öffentlichen Raums.

Für diese Umnutzung ist aber ein sehr flexibles deutsches Bau- und Genehmigungsrecht einerseits und die finanzielle Förderung der Projekte andererseits wichtig. So forderte Daniel Föst, MdB für die FDP, dass künftig flexibler mit der Genehmigung von Gebäuden umgegangen wird und andere Nutzungsarten schneller und unkomplizierter genehmigt werden. Je flexibler mit den Genehmigungen umgegangen werde, desto resilienter seien anschließend die Innenstädte.

Auch Christian Kühn, MdB für Bündnis 90/die Grünen, fordert, dass Umplanungen hierzulande schneller gehen müssten. Immerhin ist die Stadtentwicklung eine große Aufgabe, wie auch Ulrich Lange, MdB für die CSU, betont. Und dabei sei die Städtebauförderung der Schlüssel, den die Städte hätten. Wichtig ist aus seiner Sicht, bei diesen Projekten auch die Menschen mitzunehmen. Während Kühn fordert, dass der öffentliche Raum neugestaltet und die Städtebauförderung ausgebaut werden müssten, plädiert Daldrup dafür, die Förderung aber auf drei Programme zu konzentrieren.

Das Kontrastprogramm zu „Handel und Innenstadt im Umbruch“ bietet – angetrieben vom Online-Handel – derzeit die Asset-Klasse Logistik. Mit Blick auf die Tatsache, dass bei dieser Anlageklasse aktuell Renditen erzielt werden, „die wir vor ein bis zwei Jahren noch nicht für möglich gehalten haben“, wie Schrader anmerkt, diskutierten die Experten beim Real I.S.-Immobilien-Summit unter der Headline „vom Lastesel zum Zugpferd“ die Frage, wie nachhaltig dieser Logistik-Boom ist?

City-Logistik weckt noch die Phantasie der Investoren

Zwar räumte Malte Maria Münchow, Leiter Ankauf Spezialimmobilien bei Deka und Vorstand der Logistikinitiative Logix, ein, dass es sich bei den Investments in den Logistikmarkt zum Teil auch um Ausweichinvestments handelte, doch sei das Segment inzwischen in der Investmentwelt angekommen, sodass die Investments nachhaltig seien. Das habe sich schon vor der Pandemie abgezeichnet. Die Investoren erkennen auch, dass die Anlageklasse weniger Risikoanfällig ist als gedacht.

Dieser Einschätzung kann sich Max Kube, Head of Investmentmanagement D.A.CH. bei Real I.S., mit Blick auf die große Nachfrage nur anschließen. Der Vermietungsmarkt sei – gemessen an anderen Segmenten – enorm stark. Die meisten Objekte seien schon beim Baustart vermietet. Deshalb glaubt er, dass Mietsteigerungen zu erwarten sind. Dieser stabile Vermietermarkt weckt natürlich das Interesse der Investoren.

Ein Teilsegment, das noch Phantasien weckt, ist die mit Blick auf den wachsenden Online-Handel immer wichtigere City-Logistik, womit die Branche immer weiter in die Cities vorrückt. Hier geht es laut Münchow nicht mehr um die Big Boxes auf der grünen Wiese, sondern um die kleinen Hubs für die letzte Meile, für die vor allem Mischobjekte interessant sind. Leerstand in den Cities könnte hier Chancen bieten. Als Lage sind laut Münchow etwa Flächen in Shopping-Centern oder in einem Warenhaus interessant. Die Logistikinitiative Logix hat darüber eine Studie aufgelegt, die demnächst veröffentlich wird. Münchow geht aber davon aus, dass es in diesem Segment andere Investoren geben wird als im angestammten Logistikimmobilienmarkt.