Consumer Barometer

Das Einkaufserlebnis beginnt für viele Bundesbürger beim Preisniveau

Die Kunden schätzen vielfältige Sortimente und große Handelsimmobilien. Foto: Bayerische Hausbau

Die Bundesbürger sind als sehr preisbewusste Konsumenten bekannt. Diese Eigenschaft dürfte durch die hohen Inflationsraten in den vergangenen Jahren noch verstärkt worden sein. Jedenfalls zeigen die Ergebnisse des jüngsten Consumer Barometers der Beratungsgesellschaft KPMG in Zusammenarbeit mit dem EHI Retail Institute, dass für das Gros der Befragten (54%) das „Preisniveau eines Geschäfts“ einer der prägendsten Faktoren für ein „gutes Einkaufserlebnis“ ist. Dabei gibt es offenbar auch kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern.

Erst danach folgt mit 46% der Nennungen das angebotene Sortiment als wichtiger Faktor für das Einkaufserlebnis. Allerdings sind in diesem Punkt die geschlechterspezifischen Unterschiede beachtlich. Denn für Frauen ist das angebotene Sortiment (51%) wichtiger als für Männer (40%). Das bestätigt auch den Eindruck, dass Einkaufengehen für Frauen wichtiger ist als für Männern.

Allerdings zeigt die Studie auch, dass Sortiment nicht gleich Sortiment ist. So wurden innerhalb der verschiedenen Sortimente recht unterschiedliche Kaufgewohnheiten festgestellt, wie es im KPMG Consumer Barometer heißt – je nachdem ob stationär oder online gekauft wird, und ob in den Filialen der Handelsketten oder beim selbstständigen Kaufmann. Am geringsten sind die Differenzen noch beim täglichen Lebensmittelkauf. Hier haben die Filialen der großen Lebensmittelhändler mit 79% die Nase vorn, vor den selbstständigen Kaufleuten mit 25% und dem Online-Handel mit 14% Anteil.

In diesem Markt rechnet sich das im weltweiten Vergleich sehr eng geknüpfte Filialnetz der großen Anbieter. So kann der persönliche Einkauf im Lebensmittelmarkt auf dem Weg von der Arbeit nach Hause effektiver sein als der Online-Kauf. Zudem ergab die Untersuchung, dass Erwerbstätige mit 27% häufiger bei selbstständigen Lebensmittelhändlern, wozu Fachgeschäfte, Getränkemärkte, Hofläden und ähnliche Formate gerechnet werden, einkaufen als Nichterwerbstätige mit 14%.

Wichtig für den stationären Einzelhandel sind in diesem Kontext auch die Ansprüche der Bundesbürger an das Angebot des Einzelhandels. So präferieren sie laut KPMG Consumer Barometer ein „breites Angebot“ gegenüber einem „selektiven Angebot“ und ein internationales Angebot gegenüber regionalen und lokalen Angeboten. Gut ein Drittel (36%) der Befragten gab aber auch an, dass sie sich in diesen Fragen nicht festlegen möchten. Diese Gruppe dürfte demnach zwischen den verschiedenen Anbietern hin und her pendeln. Die Mehrheit (55%) kauft aber lieber in den großen Geschäften ein als etwa in kleineren Boutiquen (11%). So ist knapp jedem Vierten (24%) Vielfalt wichtig und für 17% ist es wichtig, dass sie vor Ort alle benötigten Produkte finden. Entsprechend finden sich die Namen großer Handelsunternehmen auf der Präferenzliste und vor allem große Handelsimmobilien dürften gut ankommen.

Die Mehrheit kauft lieber in großen Geschäften ein

Wie sehr sich jedoch der Online-Handel in vielen Nonfood-Branchen ausgebreitet hat, zeigt der Blick auf den Bekleidungshandel, Schuhe & Accessoires, den Bereich Elektronik sowie Technik. Bei Bekleidung liegt er bei 59%, während auf Filialen der Handelsketten 50% und auf die Geschäfte der selbstständigen Kaufleute 30% der Nennungen entfallen. Das zeigt, dass viele Verbraucher sowohl stationär als auch online einkaufen.

Bei Elektronik und Technik sowie Freizeit & Hobby liegt der Online-Anteil jeweils bei 60%. Bei Kosmetik und Drogeriewaren haben dagegen die großen Handelsketten mit 73% klar die Nase vorn und in der Gastronomie einschließlich der Gerichte zum Mitnehmen liegen die Fachgeschäfte und Selbstständigen mit 50% an der Spitze. Laut Studie ist das auch die einzige Branche, in der die Selbstständigen – in diesem Fall die Gastronomen – von den Kunden am meisten geschätzt werden.

Mit deutlichem Abstand zum Preis und zum Sortiment als wichtige Erlebnisfaktoren folgt die Erreichbarkeit der Einzelhandelslagen (29%) mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Pkw. Der ist besonders wichtig in Klein- und Mittelstädten mit großem Einzugsgebiet und ausgedünntem öffentlichen Verkehrsnetz. Aber auch in den Großstädten ist für die Kunden, die von weiter herkommen,  das Auto wichtig. In diesen Fällen spielen auch nicht so teure Parkplätzen eine wichtige Rolle.

Auf das Thema „Freundlichkeit der Mitarbeiter“, das immer wieder gern ins Spiel gebracht wird, wenn es um die Wettbewerbsvorteile des stationären Einzelhandels gegenüber der Online-Konkurrenz geht, entfallen laut Consumer Barometer nur 25% der Nennungen und auf die fachliche Beratung durch Mitarbeiter nur 19%. Das ist auf den ersten Blick überraschend, allerdings gilt Deutschland schon immer als Service-Wüste, so dass sich die Bundesbürger womöglich daran gewöhnt haben, dass Personal auf vielen Verkaufsflächen knapp ist.

Zu den Faktoren im Einzelhandel, auf die die Bundesbürger sonst noch Wert legen, gehören die einfache Orientierung im Geschäft (24%), die Öffnungszeiten (21%), die Lage des Geschäfts und die Attraktivität der Nachbarschaft, die Größe des Ladens (13%), die Ladeneinrichtung und das Design sowie der Check-out-Prozess wie der Bezahlvorgang mit 11%.

Mit der wichtigen Frage, welche Faktoren die Bundesbürger beim Einkauf stören, rundet das Consumer Barometer dieses Thema ab. An erster Stelle rangieren hier mit 53% zu enge Gänge und zu wenig Platz im Geschäft. Das stört Frauen (60%) mehr als Männer (46%). Dieser Aspekt ist vielen Einzelhändlern allerdings auch weitgehend bewusst. Wo immer es geht, versuchen sie mehr Raum zu schaffen. Auf schlechte Belüftung entfallen 44% der Nennungen, auf zu wenige Kassen 43% und auf fehlende Orientierung (42%). An einer unpassenden Beleuchtung genauso wie an fehlenden Sitzmöglichkeiten stören sich 22% der Befragten.

Ein zentrales Thema, das hierzulande immer wieder diskutiert wird, ist die Öffnung des stationären Einzelhandels auch an Sonntagen, die sich laut Studie 48% der Befragten – und hier besonders die jüngere Kundschaft – wünschen. Bislang ist die Sonntagsöffnung nur auf wenige Tage im Jahr in der Adventszeit beschränkt und Sonntagsöffnungen im Rahmen von großen Festen, die über den Einzelhandel hinausgehen, werden häufig von der Gewerkschaft Verdi in letzter Minute mit Hilfe der Gerichte gekippt. Mit Blick auf die Online-Konkurrenz, die auch sonntags und nachts geöffnet hat, würden es viele Einzelhändler begrüßen, wenn die Zahl der Sonntagsöffnungen zumindest ein wenig erhöht würde.

Was passt am besten zum Einzelhandel?

Mit Blick auf das Thema „One Stop Shopping“, das besagt, dass viele Konsumenten nicht zuletzt auf Grund ihres knappen Zeitbudgets so viel wie möglich mit einer Einkaufsfahrt erledigen möchten, hat sich das Consumer Barometer auch mit der Frage befasst, welche anderen Tätigkeiten am häufigsten mit dem Einkaufen kombiniert werden. Das ist auch mit Blick auf die Diskussion interessant, welche weiteren Nutzungen in Einkaufslagen, großen Handelsimmobilien oder Mixed-Use Quartieren aus Sicht der Kunden zum Einzelhandel passen. Dabei gilt zwar grundsätzlich, dass die meisten Befragten andere Tätigkeiten am liebsten mit einem entspannten Einkaufsbummel statt mit dem täglichen Versorgungseinkauf kombinieren, doch gibt es auch „einen beachtlichen Anteil“, der andere Tätigkeiten sowohl beim Versorgungseinkauf als auch beim Einkaufsbummel erledigt.

So wird mit dem täglichen Einkauf das Arbeiten (24%) kombiniert – sprich der Einkauf wird etwa auf dem Heimweg erledigt – oder mit dem Gang zur Bank oder zur Behörde (18%), oder mit dem Arztbesuch, dem Gang zum Friseur oder zu Dienstleistern wie der Reinigung mit jeweils 16%. Den entspannten Einkaufsbummel kombinieren die Bundesbürger mit einem Besuch in der Gastronomie (36%) oder dem sozialen Austausch mit Freunden oder Familie. Daraus lassen sich sinnvolle Ergänzungen zum Einzelhandelsangebot ableiten.

Bleibt mit Blick auf die sinkende Frequenz in vielen Einkaufsstraßen die Frage, wie die einzelnen Einkaufslagen von den Verbrauchern beurteilt werden. Während 26% angaben, dass sie keine besonderen Präferenzen haben, gaben fast genauso viele (27%) an, dass für sie die Stadtteillage der bevorzugte Einkaufsort ist. Das gilt vor allem für die Gruppe der 35- bi 44-Jährigen. Aber insgesamt bleiben die innerstädtischen Einkaufslagen mit 39% am beliebtesten, vor allem bei den jungen Leuten in der Altersklasse 18 bis 24 Jahre (45%). Aber auch bei den 45- bis 54-Jährigen liegt die Zustimmungsrate bei 45%. Auf die grüne Wiese entfielen 8% der Nennungen, wobei der Anteil bei den Über-55-Jährigen mit 13% am höchsten ist.

„Die Geschäfte müssen für die Menschen in Deutschland leicht erreichbar sein. Und Vielfalt ist gefragt, räumlich und zeitlich – die Kundschaft möchte flexibel anreisen, ob mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Pkw oder mit dem Fahrrad und auch an Sonn- und Feiertagen einkaufen. Eine klare Botschaft der Menschen in unserem Land, die nicht überhört werden sollte“, fasst EHI-Geschäftsführer Michael Gerling die Ergebnisse zusammen.