Bundeskartellamt: Grünes Licht für Globus

Bedingte Genehmigung für die Übernahme von 92 Real-Standorten durch Kaufland

Foto: Real

rv DÜSSELDORF: Das Bundeskartellamt hat dem SB-Warenhaus-Betreiber Kaufland resp. seiner Eigentümerin Schwarz-Gruppe, unter Bedingungen die Genehmigung erteilt, 92 Real-Märkte zu übernehmen. Zudem genehmigte die Behörde die Übernahme von 24 Märkten durch die Globus-Gruppe. Die SCP resp. deren Tochter SCP Retail, hatte die Real-Standorte 2020 von der Metro Group übernommen und vermarktet die Objekte, die zum größten Teil von Real gemietet wurden, an die Wettbewerber. Nur 65 der zunächst einmal 279 Real-Märkte sind im Eigentum der SCP.

Die Entscheidung des Bundeskartellamts kurz vor Weihnachten war mit großer Spannung erwartet worden, da die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel auf der Absatz- und der Beschaffungsseite mit Edeka, Rewe, der Schwarz-Gruppe und Aldi bereits heute so groß ist, dass bei einer weiteren Vergrößerung des Filialnetzes um Real-Standorte in regionalen Märkten eine dominierende Marktstellung entstehen könnte.

Das war bei Kaufland offenbar an einigen Standorten der Fall, denn nach den Worten von Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt erlaubte die Behörde nur die Übernahme von 92 der angemeldeten 101 Märkte. In den betroffenen regionalen Märkten wären die Ausweichmöglichkeiten für die Kunden auf verschiedene Anbieter und der Wettbewerb „zu stark beeinträchtigt worden“. So verzichtet Kaufland im Rahmen einer Zusage auf die Übernahme der neun Standorte in Bedburg, Heidenau, Hemer, Heidenheim, Brandenburg, Neubrandenburg, Horb, Dülmen und Falkensee.

Aber auch bei den 92 genehmigten Standorten gibt es aus Sicht der Behörde noch Unwägbarkeiten. So heißt es in der Mitteilung: Wie viele der kartellrechtlich genehmigten Standorte Kaufland letztlich übernehmen könne, hänge auch von Faktoren ab wie von der Zusage von mittelständischen Lebensmittelhändlern wie der Globus-Gruppe, weitere Märkte zu übernehmen oder weil in anderen Fällen noch die Einigung zwischen Kaufland und den bisherigen Vermietern von Real aussteht.

Zwar weitet die Schwarz-Gruppe durch die Übernahme laut Mundt ihre starke Marktposition beim Einkauf von Lebensmitteln weiter aus, doch sei die nun erfolgte „bedingte Freigabe des Vorhabens“ möglich geworden, weil sich die SCP „im Gegenzug dazu verpflichtet hat, Real-Standorte mit einem Beschaffungsvolumen von insgesamt mindestens 200 Mio. Euro an mittelständische Lebensmittelhandels-Unternehmen zu veräußern“. Damit stärke die Behörde den Mittelstand als wichtige Absatzalternative für die Hersteller und Lieferanten von Lebensmitteln.

Ohne diese Einflussnahme wären mittelständische Einzelhändler wohl nicht zum Zuge gekommen, konstatiert Mundt mit Blick auf den ursprünglichen Verlauf des Verkaufsprozesses. Wie wichtig die Stärkung des Mittelstands auf den Beschaffungsmärkten ist, zeigt die Tatsache, dass die genannten vier Handelsketten für mehr als 85% des Beschaffungsvolumens stehen. Auf Real entfällt ein Anteil von 5%. Bei ihrer Beurteilung hat die Behörde allerdings auch berücksichtigt, dass es beim Einkauf zwischen den großen Unternehmen einen „gewissen Wettbewerb“ gibt.

Mit Blick auf das Einschreiten des Kartellamts im Sinne des Mittelstands ist denn auch die geplante Übernahme von 24 Real-Märkten durch die Globus-Gruppe, die als erfolgreiche Betreiberin von SB-Warenhäusern gilt, auch mit Blick auf die Absatzmärkte kein Problem. „Die Übernahme von Real-Standorten durch Globus ist aus Verbraucher-Sicht in allen betroffenen Regionen unproblematisch“, konstatiert Andreas Mundt (Foto: Bundeskartellamt). Gleichwohl ist noch nicht sicher, ob Globus alle bis zu 24 genehmigten Standorte wird erwerben können. Gemessen an den bislang 47 SB-Warenhäusern, die das Unternehmen betreibt, würde die Übernahme dem Unternehmen jedoch noch großes Expansionspotenzial eröffnen.

Eine Klärung gab es im Rahmen des Verfahrens auch bei der mittelständisch geprägten Einkaufskooperation RTG, die durch das Ausscheiden von Real geschwächt wurde. Denn Globus ist der RTG zum 1. August 2020 mit seinem Beschaffungsvolumen beigetreten und hat damit zumindest einen kleinen Teil des Verlusts ausgeglichen.

Übernahme-Antrag von Edeka wird noch geprüft

Über das Prozedere teilte das Kartellamt mit, dass anhand von Payback-Daten ermittelt wurde, aus welchem Gebiet 90% aller Kunden an den jeweiligen Real-Standorten kommen, um so den räumlich relevanten Markt zu ermitteln. Bei der  Beurteilung des besonders relevanten „Kerngebiets“, aus dem zwei Drittel aller Kunden stammen, wurden neben SB-Warenhäusern, Verbrauchermärkten und Supermärkten auch Bio-Supermärkte einbezogen, während Bäckereien oder Drogerien außen vor blieben.

Des Weiteren stützten sich die Wettbewerbshüter auch auf die Befragung von Verbrauchern, um deren Verhalten zu ermitteln. „Beträgt der gemeinsame Marktanteil der Schwarz-Gruppe inklusive der Real-Standorte in einem regionalen Absatzmarkt 35-40% oder mehr, wurde eine noch genauere Prüfung der Wettbewerbsverhältnisse vor Ort vorgenommen“, teilt die Behörde mit.

Die Bedeutung von Kaufland als Teil der Schwarz-Gruppe (inkl. Lidl) für den Lebensmittelmarkt veranschaulichen folgende Zahlen. Mit einem Umsatz von europaweit 113 Mrd. Euro ist die Schwarz-Gruppe in der Region der mit Abstand größte Lebensmitteleinzelhändler. Hierzulande liegen die Erlöse bei ca. 39 Mrd. Euro. Kaufland betreibt etwa 670 SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, der Discounter Lidl betreibt mit 39 Regionalgesellschaften etwa 3 200 Standorte. Mit 10 800 Filialen in 32 Ländern sieht das Bundeskartellamt Lidl als größten Discounter-Konzern der Welt.

In einem weiteren Verfahren prüft das Bundeskartellamt noch die geplante Übernahme von bis zu 72 Real-Standorten durch Edeka. „Edeka und SCP haben Mitte Dezember erste Angebote für Zusagen vorgelegt, so dass sich die Frist zur Entscheidung bis zum 22. Februar 2021 verlängert hat“, schreibt das Bundeskartellamt.