Vermietermarkt Europa

B-Lagen haben es auch in Metropolen schwer

Zusammen mit London spielt Paris in einer eigenen Liga. Bild: Fotolia

rv DÜSSELDORF.„Paris und London sind die unangefochtenen Hochburgen des Einzelhandels in Europa“, konstatiert der Immobiliendienstleister JLL. Mit Spitzenmieten von 1 958 Euro je qm und Monat steht Paris auf Platz eins, vor der Metropole an der Themse mit 1 584 Euro auf Platz zwei. Schwergewichte mit solchen Spitzenpreisen gibt es in Deutschland nicht. Die hiesigen Top 7 Städte sind dagegen breiter gestreut und finden sich im Europa-Ranking auf den Plätzen vier mit München bis 17 mit Köln. Dieser Unterschied hat seinen Grund.

Laut Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany, geht die extreme Kluft zwischen London und Paris einerseits sowie dem Verfolgerfeld mit den Top 7 Metropolen aus Deutschland andererseits auf die unterschiedlichen Länderstrukturen zurück. Großbritannien und Frankreich sind zentralistisch strukturiert und auf die Hauptstädte ausgerichtet. Nicht umsonst spricht man in Frankreich etwa von der „Isle des France“, wenn man Paris meint. Und im britischen Immobilienmarkt gibt es die Zweiteilung: London und der Rest des Landes. Beide Metropolen haben auch eine große Anziehungskraft für Touristen.

„In Deutschland sieht das durch unsere dezentrale Struktur anders aus“, so Wichner: „Der Umsatz verteilt sich besser auf mehrere Städte und Regionen.“ Hinzu kommt, dass sich Berlin durch die 40 Jahre lange Teilung und die DDR-Vergangenheit im Ostteil nicht so entwickeln konnte wie etwa Paris und London und die Bundeshauptstadt dadurch gerade in der Nachkriegszeit an Wirtschaftskraft verloren hat. Die unterdurchschnittliche Kaufkraft in der Stadt an der Spree ist ein Beleg dafür. Nicht zuletzt auch deshalb hat sich in punkto Einzelhandel in den Jahren des Wiederaufbaus vieles nach München, dem anderen deutschen Touristenmagneten neben Berlin, verlagert.

So steht laut JLL München mit 360 Euro pro qm und Monat für ideal geschnittene Kleinflächen auf dem vierten Platz der Europa-Liste, gefolgt von Berlin mit 330 Euro auf Platz sechs und Frankfurt am Main mit 310 auf sieben. Damit positionieren sich drei deutsche Städte unter den Top 10. Es folgen Düsseldorf mit 290 Euro auf Platz elf, Hamburg mit mit 280 Euro auf zwölf, Stuttgart mit 270 Euro auf 14 und Köln mit 250 Euro auf Rang 17. Wobei JLL ausdrücklich darauf hinweist, dass in allen Städten die Spitzenmiete bei mindestens 250 Euro liegt. Für Wichner zeigt diese Zusammenballung die Stärke des deutschen Einzelhandelsmarkts. „Würde man dieses Potenzial theoretisch zusammenziehen, würde diese eine deutsche Stadt gut mit London und Paris mithalten können“, ist der Vermietungsexperte überzeugt.

Der große Einfluss des Tourismus auf den Einzelhandel in den Toplagen namhafter europäischer Metropolen belegt der Dienstleister JLL anhand der Spitzenplatzierungen von Mailand mit 375 Euro auf dem dritten Platz, das sich allerdings auch als Mode-Metropole einen Namen gemacht hat, und Rom mit 333 Euro auf dem fünften Platz. Überraschend sei auf den ersten Blick in diesem Kontext, dass sich alle sieben deutschen Vertreter vor so populären Trendstädten wie Amsterdam (240 Euro), Stockholm (186 Euro) und Oslo (169 Euro) platzieren konnten.

Für Wichner ist klar, dass dies zu einem großen Teil „von der Kombination aus Einwohner, Tourismus und den daraus resultierenden Handelsumsätzen“ abhängt. Hierbei dürfe aber nicht die Stadt allein gesehen werden, es müsse auch das Einzugsgebiet berücksichtigt werden, weshalb es auch Städte wie Stuttgart mit den skandinavischen Metropolen aufnehmen könnten.

Die Zukunft beurteilt der JLL-Manager differenziert: „Die Spitzenmieten in Europa werden mindestens stabil bleiben, wahrscheinlich sogar noch weiter steigen. Das gilt aber nur für die absoluten Toplagen in allen Städten. Auch wo hohe Spitzenmieten gezahlt werden, haben es Nebenlagen und B-Lagen zunehmend schwerer, die Aufmerksamkeit der Kunden und damit die Umsätze auf sich zu ziehen. Das gilt für deutsche wie andere europäische Städte“, so Wichner.