Galeria-Strategie

Aufbruch zu neuen Ufern

Kaufhof an der Kö: Frühere Pilotfiliale der Hudson‘s Bay Company. Foto: Galeria

Wie es in Zukunft unter Ägide des neuen Eigentümerkonsortiums NRDC Equity Partners von Richard Baker, der auch an der kanadischen Hudsons’s Bay Company (HBC) und der US-Luxus-Warenhaus-Kette Sak’s Fifth Avenue beteiligt ist, und der BB Kapital SA, das Family Office von Bernd Beetz und der Geschäftsführung von Galeria weiter gehen soll, darüber hatte sich CEO Olivier Van den Bossche jüngst gegenüber einer überregionalen Zeitung geäußert.

Neben den wichtigen Verhandlungen mit noch etwa 20 Vermietern von Galeria-Filialen über die Absenkung der Mieten – Galeria-CEO Olivier Van den Bossche sieht Mieten in der Bandbreite von 6 bis 11% des Umsatzes als verkraftbar, in manchen Häusern liegen sie aber bei 20% und mehr – haben die neuen Eigentümer und das Management auch bereits konkrete Pläne für den weiteren Betrieb der Warenhäuser ausgearbeitet.

Danach will sich der Warenhaus-Betreiber stärker auf bestimmte Sortimentsbereiche konzentrieren, mehr Kompetenz im Einkauf bündeln, und für andere Segmente im Rahmen eines „Concession-Konzepts“ – also der Untervermietung von Flächen in einer Art Shop-in-Shop an Dritte – starke Partner, die in ihrer Branche über hohe Kompetenz verfügen, auf die Flächen holen. Bislang macht der Concession-Bereich bei Galeria nur 7% des Umsatzes aus.

Mit diesem Konzept betreten van den Bossche und sein Team allerdings kein Neuland. Vielmehr besinnen sie sich auf Konzepte und Strategien, die bereits früher zu den Geschäftsmodellen der aus insgesamt vier Warenhaus-Unternehmen zusammengesetzten Galeria Karstadt Kaufhof gehörten. So bildete die Idee, etwa im Mode-Bereich namhafte Markenhersteller mit eigenen Shops und eigenem Personal als Mieter auf die Warenhaus-Flächen zu holen, das Fundament für das „Galeria-Horten-Konzept“. Dabei lehnt sich der Name „Galeria“ an die legendäre Einkaufs-Passage „Galleria Vittorio Emanuele“ in Mailand an.

Nach dem Vorbild der traditionsreichen Einkaufspassagen entwickelte der kleinste der vier Warenhaus-Konzerne, die Horten AG, Ende der 1980er/Anfang der 1990er-Jahre das Galeria-System aus Shop-in-Shop-Angeboten verschiedener Mode-Marken. Mit der Übernahme der Horten AG im Jahr 1994 kam das Konzept zur Kölner Kaufhof Warenhaus AG, die sich in Galeria Kaufhof umbenannte, das Konzept allerdings im Laufe der Jahre verwässerte.

Aber auch die frühere Essener Karstadt AG setzte beispielsweise in ihrem Flaggschiffhaus Oberpollinger in München in Partnerschaft mit namhaften Mode-Marken auf Shop-in-Shop-Konzepte. Der langfristige Vorteil für die Warenhäuser, die im Rahmen der diversen Krisen beim Personalbestand inzwischen unter die Schmerzgrenze gegangen sind, dürfte darin bestehen, mehr namhafte Marken zu gewinnen, die ihre Shops mit eigenem Personal betreiben. Denn gerade mit guter Beratung kann der stationäre Einzelhandel gegenüber dem Online-Handel punkten.

Mit starken Marken-Partnern, aber auch mit entsprechenden Einzelhändlern, die in der Vergangenheit ihr Filialnetz stark ausgedünnt haben, ließe sich auch die von Galeria-CEO Van den Bossche geplante Aufwertung des Schuh-Angebots erreichen, bei dem es in den Warenhäusern tatsächlich noch Luft nach oben gibt. Dabei hat der Warenhaus-Betreiber auch inhabergeführte Händler im Blick, die nicht zuletzt durch die Belastung im Rahmen der Pandemie ihre Geschäfte schließen.

Für Allrounder ist die Zusammenarbeit mit Spezialisten sinnvoll

Damit knüpft das neue Galeria-Konzept an eine Strategie an, die Karstadt früher gezielt gefahren hat. So hat der Warenhaus-Betreiber mit seinen großen Flächen das lokale Marktumfeld genau analysiert, um festzustellen, welche innerstädtischen Sortimente verschwinden, um die entsprechenden Angebote in den eigenen Filialen auszuweiten oder zu etablieren. Denn der Blick auf die Entwicklung der Innenstädte in den vergangenen 20 Jahren offenbart, dass viele Facheinzelhändler und viele Sortimente wie Anbieter von Heim-Textilien, Glas Porzellan Keramik, Wäscheanbieter, Anbieter von Kinderbekleidung und vieles mehr verschwunden sind.

Hier hat zweifellos auch der Hype in den 2010er-Jahren mit immer weiter steigenden Mieten in den Top-Lagen und Spitzenwerten beim Schlüsselgeld dazu beigetragen, dass sich mittelständische Anbieter und bestimmte Randsortimente nicht mehr in den Cities halten konnten. Auch das hat zum Verlust der innerstädtischen Vielfalt beigetragen.

Gerade die großflächigen Warenhäuser bieten hier die Option, die Lücken wieder zu füllen, wenn sie von einem Management geführt werden, das etwas von Einzelhandel versteht und nicht nur auf die Gewinnerzielung durch stetig steigende Mieten ausgerichtet ist. Denn nur mit einem guten Handelsgeschäft lässt sich eine auskömmliche Miete erwirtschaften. Daran hat es in dem vergangenen Jahrzehnt bei Galeria Karstadt Kaufhof gemangelt.

Auch die Überlegung, den Bereich Consumer Electronic über kompetente Partner wieder in die Warenhäuser und damit in die Innenstädte zurückzuholen, geht in die richtige Richtung, zumal beispielsweise Unternehmen wie Media Saturn verstärkt mit neuen Konzepten in die Innenstädte drängen. Hinzu kommt die starke Marktstellung der Spezialisten wie Media Markt und Saturn in dieser Branche, gegen die Galeria mit eigenen Konzepten – vor allem beim Preisniveau – nur schwer ankommen dürfte. Mit Blick auf die hohe Spezialisierung, die heute in vielen Branchen angesagt ist, macht es keinen Sinn für einen „Allrounder“ wie ein Warenhaus, das auf vielen Feldern unterwegs ist, alle innerstädtischen Sortimente selbst betreiben zu wollen.

Im Rahmen der Strategie, weitere namhafte Markenanbieter auf die Warenhaus-Flächen zu holen, wird Galeria aber zweifellos auch in die Umgestaltung und Aufwertung seiner Verkaufsräume investieren müssen. Mit dem neuen Eigentümer-Konsortium Richard Baker/Bernd Beetz hat Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus zweifellos finanzstarke Partner gefunden, die hoffentlich einen langen Atem haben. Dass die kanadische Warenhaus-Kette Hudsons’s Bay Company das Geschäft Ladengestaltung und Warenpräsentation bestens beherrscht, hat das Unternehmen als Eigentümerin von Galeria Kaufhof in der Pilot-Filialen Kaufhof an der Kö in Düsseldorf (Foto: Vierbuchen) gezeigt. Entscheidend ist nun, dass Baker zusammen mit Beetz und dem Galeria-Management dieses Mal den langen Atem hat, die Warenhäuser wieder auf die Schiene zu setzen, damit sie den Krisen-Modus hinter sich lassen können.