Global Retail Attractiveness Index (GRAI)

Arbeitsmarkt und Einzelhandel als Treiber

rv DÜSSELDORF. Im vergangenen Herbst war die Stimmung der europäischen Verbraucher vor allem von der Ungewissheit über einen Winter ohne russische Gaslieferungen und hohe Inflationsraten geprägt. Entsprechend war die Stimmung im Oktober 2022 schlechter als die tatsächliche Lage. Doch da Europa den Winter recht gut überstanden hat, sind die Zeichen der Erholung auch in den europäischen Einzelhandelsmärkten unübersehbar, wie der Global Retail Attractiveness Index (GRAI) im ersten Quartal 2023 zeigt.

So hat sich der Global Retail Attractiveness Index (GRAI) von Union Investment und GfK im ersten Quartal 2023 wieder auf 111 Punkte erholt, nachdem er bedingt durch das schwache Verbrauchervertrauenin Europa im dritten Quartal 2022 um 7 Punkte von 113,4 auf 106,4 Zähler gesunken war. Gemessen am Vorjahresquartal zeigt sich der Index damit wenig verändert.

Olaf Janßen, Leiter Immobilien Research bei Union Investment, sieht vor allem die „positiven Entwicklungen auf den europäischen Arbeitsmärkten und die seit langer Zeit wieder in allen 15 Ländern steigenden Einzelhandelsumsätze“ als Gründe für die Erholung und er sieht perspektivisch die Chance, dass die Märkte auf das Niveau von vor der Pandemie im Jahr 2019 zurückkehren.

Damit liegt der Index deutlich über dem Tiefpunkt von vor drei Jahren, als er zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 deutlich unter die 100-Punkte-Marke absackte und seinem Wert Anfang 2021, als der GRAI knapp unter der 100-Punkte Marke blieb.

Konkret werden für den GRAI in Europa die Daten über die Arbeitsmärkte, den Einzelhandelsumsatz sowie die Stimmung unter den Verbrauchern und den Einzelhändlern von Schweden, Finnland, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Niederlande, Belgien, Irland, Portugal, Polen, Tschechien und Großbritannien, gewichtet mit ihrer jeweiligen Bevölkerungszahl, erfasst.

Dass die im vergangenen Herbst registrierte Verunsicherung unter den Marktakteuren nicht verschwunden ist, zeigt laut Union Investment aber die immer noch bestehende Diskrepanz zwischen einem stark negativen Sentiment bei Konsumenten und Händlern auf der einen Seite und den positiven Arbeitsmarktdaten und inflationsgetriebenen Umsätzen im Einzelhandel auf der anderen. Das belegen die Zahlen. So ist die Verbraucherstimmung im ersten Quartal um 14 Punkte auf 78 Zähler gesunken und die Einzelhandelsstimmung um 12 Punkte auf 95 Zähler. Im Kontrast dazu legte der Teilindex Arbeitsmarktdaten um 9 Zähler auf 136 Punkte zu und der Einzelhandelsumsatz in den 15 europäischen Ländern um 10 auf 133 Punkte.

Doch solange ein Ende des russischen Angriffskriegs nicht in Sicht ist, bleibt die Lage in den europäischen Ländern angespannt. Zu viele Bereiche in der Wirtschaft und bei den Lieferketten sowie bei der Energieversorgung und bei den Kosten für Energie sind von den Kampfhandlungen betroffen. Hinzu kommt die Energie-Wende in Deutschland, bei der es gegenwärtig mehr Fragen als Antworten gibt. Klar ist, dass das Preisniveau in vielen Bereichen hoch bleiben wird.

Allerdings zeigen die untersuchten 15 Länder in Europa ein recht unterschiedliches Bild: Während zum Ende des ersten Quartals 2023 die beiden skandinavischen Länder Schweden und Dänemark mit einem Rückgang um 12 auf 83 Punkte beziehungsweise um 17 auf 86 Punkte mit den stärksten Verlusten gegenüber dem Vorjahreszeitraum die Schlusslichter bilden, steht Polen, trotz seiner Nähe zur Ukraine, mit einem Plus von 6 Punkten auf 127 Zähler an der Spitze der Rangliste. Auf den weiteren Plätzen folgen Tschechien mit 122 Punkten, Portugal mit 116 Punkten und Deutschland mit 115 Zählern. Frankreich und Italien folgen mit jeweils 113 Punkten, wobei Italien mit einem Plus von 7 Punkten den höchsten Anstieg unter den Ländern verzeichnete.

Dagegen ergaben die Untersuchungen zum Global Retail Attractiveness Index in Nordamerika und in Asien/Pazifik noch keine Anzeichen für eine Erholung. Mit einem weiteren Rückgang um 8 Punkte auf 95 Zähler sank der Index in Nordamerika unter die 100-Punkte-Marke. Um 7 Zähler auf 91 Punkte sank der Retail Index in Asien/Pazifik, wobei der Wert in Australien um 7 Zähler auf 93 verlor. „Die größten Verluste in den beiden Übersee-Indizes weisen zum Ende des ersten Quartals 2023 Südkorea mit -16 auf 93 Punkte und erneut Kanada mit -18 Zählern auf 87 Punkte aus“, wie Union Investment schreibt. In den USA ging der Index um 7 Punkte auf 95 Zähler zurück.