Logistikflächenumsatz

Angebotsmangel dominiert Vermietungsgeschäft

Amazon hat sein Warenlagernetzwerk vergrößert. Foto: Panattoni

rv DÜSSELDORF. In Zeiten der Covid-19-Pandemie spielt die Logistikbranche eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Lieferketten zur Versorgung der Bevölkerung und der Hersteller mit wichtigen Vorprodukten und Ersatzteilen zu versorgen. Im Neuvermietungsgeschäft des ersten Quartals 2020 spiegelt sich diese tragende Rolle aber nicht wider. Das hat Gründe.

So konstatiert der Immobiliendienstleister JLL, dass auf dem deutschen Markt für Lager- und Logistikflächen im ersten Quartal dieses Jahres mit etwa 1,49 Mio. qm knapp 14% weniger umgesetzt wurde als im Vorjahreszeitraum mit gut 174 Mio. qm. Der Grund ist das schwächelnde Vermietungsgeschäft, das um 20% zurück ging. Dagegen lag das Minus bei den Eigennutzern mit 3% deutlich niedriger.

Dass damit der Flächenumsatz insgesamt zwar genau auf dem Niveau des Zehnjahresdurchschnitts liegt, aber der Fünfjahresschnitt um 11% unterboten wurde, liegt laut JLL am mangelnden Flächenangebot, insbesondere in den fünf besonders gefragten Top-Städten Berlin, Hamburg, München, Düsseldorf und Frankfurt.

Damit verfestigt sich Anfang 2020 der Angebotsmangel im deutschen Logistikmarkt. Und das in einer Phase, in der durch die Corona-Krise die Logistik- und Lagerkapazitäten von großer Bedeutung sind: „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig intakte Lieferketten sind und welche unmittelbaren Auswirkungen deren Unterbrechung hat“, konstatiert Frank Weber, Head of Industrial Agency bei JLL Germany, der deshalb davon ausgeht, dass viele Unternehmen ihre Konzepte überarbeiten werden, um künftig gegen exogene Schocks wie eine Pandemie besser gerüstet zu sein.

Da in der gegenwärtigen Ausnahmesituation mit Shutdown und anschließenden Lockerungen unter minimalistischen Bedingungen in vielen Branchen sehr schwer einzuschätzen ist, wie weit und wie schnell die Unternehmen wieder zu einer Normalität zurückfinden, lässt sich laut Weber zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch kaum prognostizieren, wie sich die aktuelle Lage auf die weitere Entwicklung des Logistikflächenumsatzes auswirken wird. Denn auch nach den Lockerungen ist nicht klar, wie lange die Ausnahmephase dauert und wann wieder Normalbetrieb möglich ist. Das macht es vielen Unternehmen schwer zu planen und Entscheidungen zu treffen.

Dass Handelsunternehmen auf dem Logistikmarkt eine maßgebliche Rolle spielen, zeichnet sich schon seit geraumer Zeit ab. Laut JLL bilden sie mit einem Anteil von 40% am Flächenumsatz im ersten Quartal 2020 die größte Gruppe. Auf den weiteren Plätzen folgen die Bereiche Transport, Verkehr, Lagerhaltung mit 28% und die Industrieunternehmen mit einem Anteil von 18% an der Flächennachfrage.

Handelsunternehmen sind die stärkste Gruppe

Auf den Handelsbereich entfiel mit der Anmietung von 42 000 qm Fläche in Limeshain im östlichen Umland von Frankfurt am Main durch den Onlinehändler Wayfair auch der größte Deal. Das reichte für die Metropole am Main aber nicht, um im ersten Quartal 2020 wieder das Niveau des Vorjahres zu erreichen. Mit einem Flächenumsatz von 75 000 qm liegt die Region um ein Drittel unter dem Niveau des Vorjahresquartals. Und zusammen mit der Region München, die mit einem Umsatzvolumen von nur 38 000 qm um 25% unter dem Vorjahresniveau lag, gehört Frankfurt zu den Städten unter den Big 5, die Rückgänge hinnehmen mussten.

Aber es gab im ersten Quartal auch Gewinner. Der dynamischste Markt findet sich zu Jahresbeginn in der Region Hamburg mit einem Wachstum von 58% auf 120 000 qm neu vermieteter Logistikfläche. 2019 waren es nur 76 000 qm. Mit einem Volumen von 100 900 qm folgt die Region Berlin auf Platz zwei, sie verzeichnete gegenüber dem erfolgreicheren ersten Quartal 2019 mit 111 400 qm aber auch einen Rückgang von 9%. Shooting-Star in punkto „Wachstumsrate“ war Düsseldorf mit einem Plus von 84% auf 49 300 qm, nach 26 800 qm im ersten Quartal 2019. Dazu trugen mehrere Abschlüsse in der Größenordnung von 5 000 bis 11 000 qm bei.

Insgesamt summiert sich das Umsatzvolumen in den fünf Ballungsräumen damit auf 383 200 qm, was laut JLL gegenüber 2019 ein leichtes Plus von einem Prozent bedeutet. Gemessen am mittel- und langfristigen Durchschnitt früherer Jahre liegen die ersten Quartale 2019 und 2020 damit aber um etwa 16% unter diesem Niveau.

Das Gros der Neuentwicklungen ist schon vermietet

Knapp 150 000 qm Lagerflächen kamen in den ersten drei Monaten 2020 neu auf den Markt. Davon waren laut JLL zur Fertigstellung schon gut 80% vergeben. Und von den insgesamt rund 745 000 qm, die sich derzeit in den Top 5 Städten im Bau befinden, sind auch nur noch 31% der Flächen verfügbar. Das Gros der Lagerflächen entsteht laut Weber in den Regionen München, Berlin und Hamburg, wobei die Entwicklung sehr eng an die Verfügbarkeit von Grundstücken gebunden ist.

Außerhalb der fünf Logistik-Hotspots war laut JLL das Ruhrgebiet mit einem Flächenvolumen von 257 000 qm die stärkste Region. Ins Auge springt hier die Errichtung eines 58 000 qm großen Verteilzentrums durch den Logistikkonzern DSV auf dem Logport Areal in Duisburg. Die übrigen Hotspots wie die Regionen Osnabrück/Münster mit 58 000 qm, Stuttgart mit 56 000 qm und Hannover/Braunschweig mit 54 000 qm folgen erst mit gebührendem Abstand.

Auch in den Regionen außerhalb der Big 5 blieb das Neuvermietungsvolumen deutlich hinter den Werten früherer Jahre zurück. Die1,11 Mio. qm vom ersten Quartal lagen um 19% unter dem Vorjahreswert von 1,37 Mio. qm und um 8% unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt. Auch hier waren Handelsunternehmen mit einem Umsatzanteil von 42% und 462 000 qm die stärkste Gruppe, wobei Amazon das Geschäft maßgeblich angetrieben hat, indem der Online-Händler sein Warenlager-Netzwerk um rund 130 000 qm, verteilt auf zehn Standorte, vergrößert hat.

Mit 176 000 qm waren Unternehmen aus dem eCommerce die größten Treiber in diesem Segment. „Der Produktmangel spiegelt sich hier nicht zwingend im Flächenumsatz, wohl aber in der mit 80% sehr hohen Quote an Neubauten und Projektentwicklungen“ wider, erläutert Weber. Auf den Bereich Transport, Verkehr, Lagerhaltung entfielen 29% des Gesamtumsatzes und auf Industrieunternehmen 22%.

Trotz des großen Nachfrageüberhangs bleiben die Spitzenmieten im ersten Quartal laut JLL für Lagerflächen ab 5 000 qm in allen Regionen stabil. Der höchste Wert wird derzeit mit 7,10 Euro pro qm und Monat in München gezahlt. Auf den weiteren Plätzen folgen Hamburg und Frankfurt mit 6,40 und 6,20 Euro je qm und Monat. In Berlin und Düsseldorf liegen die Mieten für Top-Objekte bei 5,50 Euro.